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Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb (German Edition)

Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb (German Edition)

Titel: Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Townsend
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passierte, wenn der große Zeiger an der Zwölf vorbei war.
    Doch alles war stets beim Alten geblieben.
    Sie hatte es immer abgelehnt, bei »Nehmt Abschied, Brüder« mit einzustimmen. Sie mochte den Text und sie beneidete die, die feiern konnten, doch alles in ihr sträubte sich dagegen, sich bei den anderen einzuhaken und im Kreis zu tanzen. Man öffnete den Kreis und lud sie ein, die Lücke zu schließen, doch sie weigerte sich.
    »Ich sehe lieber zu«, sagte sie immer.
    Brian sagte im Vorbeitanzen: »Eva weiß nicht, wie man Spaß hat.«
    Und das stimmte. Sogar das Wort missfiel ihr. »Spaß« suggerierte erzwungene Heiterkeit, Clowns, Slapstick. Nordkoreanische Paraden mit Reihen starr lächelnder Kinder, die synchron tanzten.
    Nun hatte sie Hunger und Durst. Offenbar hatte man sie wieder vergessen.
    Am Morgen war Brian die Straße abgelaufen und hatte Einladungen an die Nachbarn verteilt. Darauf stand:
    Kommt vorbei und feiert mit uns.
    Wir möchten euch kennenlernen.
    Getränke sind mitzubringen.
    Für Häppchen ist gesorgt.
    Kinder mit Manieren zugelassen.
    Die Party steigt um 21.30 Uhr.
    P. S. Dr. Brian Biber bietet eine kurze Führung durch sein Observatorium an und, je nach Seeing (oder wie ihr Nichtastronomen sagt:
    Witterungsverhältnissen oder Bewölkung) ist es vielleicht möglich, Saturn, Jupiter, Mars und andere, kleinere Planeten zu sehen.
    Yvonne hatte Eva im Baumarkt ein balinesisches Messingtempelglöckchen gekauft, um mit den anderen im Haus zu kommunizieren, doch Eva hatte noch nie damit geklingelt. Es war ihr unangenehm, die anderen herbeizuzitieren, um sich bedienen zu lassen. Sie würde warten, bis jemand an sie dachte. Durch die Wand hörte sie die Zwillinge auf ihren Laptops tippen. Das Tempo der Tasten war unheimlich. Von Zeit zu Zeit lachten sie auf und riefen »Bingo!«.
    Sie hörte ihre Mutter und Yvonne die Treppe hochkommen.
    Ruby sagte: »Ich weiß nicht, ob ich damit zum Arzt gehen soll oder nicht. Es könnte eine harmlose Zyste sein.«
    Yvonne sagte: »Wie du weißt, Ruby, war ich dreißig Jahre Arzthelferin. Ich kann eine Zyste von einem Tumor unterscheiden.«
    Die beiden gingen zusammen ins Bad.
    Ruby klang ausnahmsweise verunsichert: »Soll ich meinen BH ausziehen?«
    Yvonne erwiderte: »Nun, durch mehrere Kleiderschichten kann ich wohl kaum etwas erkennen. Sei nicht schüchtern. Ich habe seinerzeit tausende von Titten gesehen.«
    Dann herrschte Schweigen, das von Rubys nervösem Plappern unterbrochen wurde: »Glaubst du, Eva hat einen Nervenzusammenbruch?«
    Yvonne befahl: »Heb die Arme über den Kopf und halt still …Ja, hat sie. Das sag ich ja seit dem ersten Tag.«
    Wieder herrschte Schweigen.
    Dann hörte Eva Yvonne sagen: »Zieh dich wieder an.«
    Ruby fragte: »Und? Was meinst du?«
    »Ich meine, du solltest dich röntgen lassen. Da ist ein walnussgroßer Knoten. Wie lange weißt du das schon?«
    »Ich habe keine Zeit, ins Krankenhaus zu gehen.« Ruby senkte die Stimme. »Ich muss mich doch um sie kümmern.«
    Eva fragte sich, ob sie wirklich einen Nervenzusammenbruch hatte.
    Vor einigen Jahren hatte Jill – eine Kollegin aus der Bücherei – plötzlich angefangen, mit sich selbst zu reden, irgendwas davon gebrummelt, dass sie unglücklich mit Bernie Ecclestone verheiratet sei. Dann fing sie an, alle Bücher mit roten Umschlägen auf den Boden zu werfen, mit der Begründung, die würden sie ausspionieren und die Informationen an den MI5 weitergeben. Wenn sich ihr jemand näherte, hatte sie hysterisch etwas von Agenten des »Systems« geschrien. Irgendein Idiot hatte den Sicherheitsdienst gerufen und versucht, sie durch einen Notausgang zu schleifen. Sie hatte sich gewehrt wie ein wildes Tier und war in den öffentlichen Park geflohen, der ans Universitätsgelände grenzte.
    Eva und der Sicherheitsdienst waren ihr gefolgt. Die übergewichtigen Männer waren bald außer Atem. Es war Eva, die sie einholte. Jill hatte sich ins Gras geworfen, sich an den Grasbüscheln festgeklammert und gefleht: »Hilf mir! Wenn ich das Gras loslasse, fliege ich weg.«
    Eva hatte sich auf Jills Rücken gesetzt. Als die keuchenden Sicherheitsleute näher kamen, hatte Jill wieder angefangen zu schreien und sich zu wehren. Ein Polizeiauto war mit Vollgas und heulender Sirene durch den Park gefahren. Eva konnte nichts mehr für ihre Freundin tun. Schließlich gelang es Polizei und Sicherheitsdienst, sie zu bändigen, und Jill wurde abtransportiert.
    Als Eva sie endlich in der Psychiatrie

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