Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb (German Edition)
hielt. Sie fuhr fort: »Früher habe ich immer das Milky-Way-Einwickelpapier mit in den Garten genommen und die Illustrationen mit dem Nachthimmel verglichen. Ich habe diese Schokoriegel geliebt, weil es in der Werbung hieß, man dürfe sie auch zwischen den Mahlzeiten essen.«
Brian lachte: »Die seltenen Male, die der Himmel in Leicester klar war, konnte ich die Milchstraße sehen, und ich war überwältigt. Ich kam mir sehr winzig vor.« Pedantisch fuhr er fort: »Obwohl, anfangs war ich gar nicht überwältigt. Das kam erst, als ich verstand, dass die Milchstraße ein Spiralarm unserer eigenen Galaxie ist.«
»Galaxy!«, sagte Titania, ermutigt von Brians plumper Vertraulichkeit. »Noch so ein köstlicher Schokoriegel aus der Weltraum-Nomenklatur! Aber Milky Way war moralisch überlegen. Von unseren Eltern genehmigt. ›Milky Way‹ wäre auch ein guter Name für den ›Weißen Pfad‹ deiner Frau.«
Brian hörte nicht auf »Tits Geplapper«, wie er es nannte. Er dachte über den Mars-Riegel nach. Das Schlachtross der Schokoriegel.
Titania sagte: »Glaubst du, sie ist klinisch verrückt, Bri? Da ist das Laken, um aufs Klo zu gehen, und jetzt hat sie auch noch angefangen, Selbstgespräche zu führen. Denn wenn ja, sollten wir darüber nachdenken, sie diagnostizieren und möglicherweise einweisen zu lassen – zu ihrem eigenen Wohl.«
Titanias Gebrauch des Wortes »wir« gefiel Brian nicht. Er sagte gereizt: »Bei Eva ist das schwer zu sagen.« Er kritisierte seine Frau nicht gern vor seiner Geliebten. Er dachte an Evas schönes Gesicht, dann sah er Titania an: Was das Aussehen anging, kein Vergleich. Er sagte: »Sie führt keine Selbstgespräche, sie sagt sämtliche Gedichte auf, die sie in der Schule auswendig gelernt hat.«
Brian knipste die Nachttischlampe aus und sie legten sich schlafen.
Eine halbe Stunde später waren sie immer noch wach.
Titania plante im Kopf die Hochzeit mit Brian. Sie dachte an eine traditionelle Hochzeit. Sie würde elfenbeinfarbene Seide tragen.
Brian fragte sich, ob er es mit Titania aushalten würde, eine Frau, die jeden Abend eine große Tüte Schokokugeln futterte. Er missgönnte es ihr nicht, doch er hasste es, wie sie mehrere davon gleichzeitig im Mund herumrollte.
Er konnte die kleinen Kollisionen mit ihren Zähnen hören.
41
Am 6. Januar, vor ihrer Rückkehr nach Leeds, saßen die Zwillinge im Percy-Gee-Gebäude auf dem Campus der Universität Leicester und schlürften Cola light.
»Du weißt nicht, wie das ist«, sagte Brianne. »Du warst noch nie verliebt.«
Sie und Brian warteten darauf, an einem Mathe-Wettbewerb der Universität Leicester teilzunehmen, der während der vorlesungsfreien Zeit stattfand. Der Norman- Lamont-Cup zog nur wenige britische Bewerber an. Für die Mehrheit der Konkurrenten war Englisch nicht die Muttersprache.
Brian junior sagte: »Ich habe romantische Liebe vielleicht noch nicht selbst erlebt, aber ich habe Bücher darüber gelesen. Und um ehrlich zu sein, ich halte nicht viel davon.«
»Sie tut körperlich weh«, sagte Brianne.
»Aber nur, wenn sie nicht erwidert wird, so wie deine Liebe zu Alexander.«
Brianne schlug ihren Kopf gegen den Plastiktisch. »Warum kann er mich nicht auch lieben?«
Brian junior dachte lange nach. Brianne wartete geduldig. Beide hatten Respekt vor dem Vorgang, präzise Gedanken in klare Worte zu fassen.
Schließlich sagte Brian junior: »Erstens liebt er Mum. Zweitens bist du nicht liebenswert, Brianne. Und drittens bist du auch nicht hübsch.«
Brianne sagte: »Es nervt echt, dass ausgerechnet du Mums Schönheit geerbt hast.«
Brian junior nickte: »Und du hast Dads einschüchternde Männlichkeit geerbt. Davon hätte ich auch gern was abgekriegt.«
Eine Lautsprecheransage ertönte: »Die Teilnehmer von Level eins werden gebeten, sich in den David- Attenborough-Saal zu begeben.«
Die Zwillinge blieben sitzen. Sie sahen zu, wie die Mehrheit der Bewerber in den Prüfungsraum schlurfte, ungefähr so verächtlich wie Passagiere der ersten Klasse, die dabei zusehen, wie Economy-Kunden mit ihren billigen Koffern und quengelnden Kindern zum Gate latschen.
Die Zwillinge genossen den Moment. Sie sagten: »Krass!« und klatschten sich ab.
Die verbleibenden Konkurrenten blickten nervös von ihren Laptops auf. Die Biber-Zwillinge waren ein Respekt einflößendes Team.
Brianne fragte ihren Bruder: »Glaubst du, wir werden jemals irgendjemanden finden, der uns liebt, Bri?«
»Spielt das eine Rolle? Wir
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