Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb (German Edition)
gegen die Wand und klatschte mit dem Kricketschläger auf die Handfläche seiner rechten Hand.
Brianne trug einen Schlafanzug ihres Vaters. Er passte perfekt. Sie setzte sich aufs Bett und legte schützend den Arm um ihre Mutter.
Poppy sagte: »Soll ich Brian und Titania Bescheid sagen?«
»Auf keinen Fall«, sagte Eva.
Barry blickte in die Runde und sagte: »Normalerweise führe ich mich nicht so auf. Ich erkenne mich selbst nicht wieder. Ich wollte unbedingt mit Ihnen reden, Mrs. Biber. Jedes Mal, wenn ich an Ihrem Haus vorbeigefahren bin, wollte ich das Taxi anhalten und an Ihre Tür klopfen.«
»Warum ausgerechnet heute Nacht?«
»Ich nehme an, ich wollte mit jemandem reden, bevor ich mich umbringe.«
Brianne sagte: »Ach, wie entzückend. Ihnen ist doch klar, Barry, dass meine Mutter mit ihrem sumpfweichen Herz versuchen wird, Ihnen das auszureden.«
Brian junior sagte mit monotoner Stimme: »Sie haben doch gar nicht die Absicht, sich umzubringen, Barry.«
Brianne fragte: »Haben Sie es online gepostet?«
»Was?«, fragte Barry.
»Das ist heutzutage fast obligatorisch, Barry. Wer Aufmerksamkeit braucht, kann sich im Internet hinten anstellen.«
Eva betrachtete ihre Kinder. Was war mit ihnen passiert? Warum waren sie so herzlos?
Barry rutschte auf seinem Sessel hin und her. Er wäre vor Scham gern im Boden versunken. Seine Zunge fühlte sich im Mund riesig an. Er glaubte, nie wieder sprechen zu können. Wasser begann ihm aus den Augen zu laufen. Er war froh, als das sonderbare Mädchen mit drei Bechern Tee zurückkam und ihm einen gab. Er hatte noch nie jemanden gesehen, der so extravagant gekleidet war. Er schlürfte seinen Tee und verbrannte sich den Mund, doch er ließ sich nichts anmerken.
Die Stille war erdrückend.
Schließlich sagte Eva: »Warum wollen Sie sich überhaupt umbringen?«
Barry öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch Brianne unterbrach ihn: »Ich denke, ich gehe jetzt ins Bett. Ich kann den Gedanken an die ganzen Klischees, die Barry gerade durch den Kopf gehen, nicht ertragen.«
Brian junior sagte: »Sie sind echt neben der Spur, Barry.«
Brianne zog ihren Bademantel fest und stolzierte zurück in ihr Zimmer.
Eva sagte: »Poppy, geh jetzt ins Bett.«
Eingeschnappt verließ Poppy den Raum.
Barry war nicht sicher, ob das große, stämmige schwarzhaarige Mädchen ihn beleidigt hatte oder nicht. Er hatte nicht damit gerechnet, dass andere Leute da sein würden, wenn er mit der Frau, mit Eva, sprach. Er hatte alles nur noch schlimmer gemacht, dachte er. Man hatte ihn mit ziemlicher Sicherheit respektlos behandelt, er hatte sich den Mund verbrannt, er hatte Fahrgäste verloren, und erst jetzt fiel ihm ein, dass der Hochgeschwindigkeitszug, vor den er sich werfen wollte, erst um fünf Uhr in Sheffield losfuhr. Ihm blieben also noch drei Stunden.
»Wie üblich«, dachte er, »hab ich alles vermasselt. Das mach ich schon mein ganzes Leben: Sachen verlieren, Sachen kaputtmachen, Sachen klauen, mich bei Sachen erwischen lassen.« Ihm war, als hätte man ihm die Regeln des Lebens nie erklärt, während alle anderen, Männer, Frauen, Kinder und Tiere, sie zu kennen schienen. Er hinkte immer hinterher – manchmal wortwörtlich – und schrie: »Wartet auf mich!« Für ihn blieben immer nur die Frauen übrig, die seine Kumpel ausgemustert hatten.
Einmal hatte ein Mädchen zu ihm gesagt: »Nichts für ungut, Barry, aber du riechst.«
Seitdem badete er zweimal täglich, und seine Warmwasserrechnung hatte sich verdoppelt. Inzwischen verdiente er auch weniger – die Leute gingen selten aus und gaben kaum Trinkgeld. Manchmal bekam er nicht mal die Benzinkosten rein. Er hatte keine Familie. Nachdem er sich beim Hochzeitsempfang mit seinem neuen Schwager geprügelt hatte, verkündete seine Mutter pathetisch: »Du bist nicht mehr mein Sohn. Für mich bist du tot.« Aber, ehrlich gesagt, hatte er es genossen, den Wichser auf der Tanzfläche niederzustrecken. Niemand nannte seine Schwester eine Schlampe. Doch selbst sie hatte sich gegen ihn gestellt. Tagsüber, wenn er versuchte zu schlafen, ging ihm der Streit die ganze Zeit im Kopf herum. Er war so müde, aber er konnte nie richtig schlafen …
Eva sagte: »Sie sehen erschöpft aus.«
Barry nickte. »Bin ich auch. Und ich habe Sorgen.«
»Was steht ganz oben auf der Liste?«
»Ob es wehtut, wenn der Zug über meinen Hals fährt. Das ist meine Hauptsorge. Sicher tut es weh, bevor ich sterbe.«
Eva sagte: »Es gibt leichtere Wege,
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