Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb (German Edition)
wissen doch beide, dass wir unser Leben lang zusammenbleiben werden, wie Schwäne.«
42
Es war drei Uhr morgens. Eine Zeit, zu der gebrechliche Menschen sterben. Eva wachte über ihr Revier. Sie sah Füchse lässig die Straße überqueren, wie bei einem Stadtbummel. Auch andere kleine Säugetiere, die sie nicht identifizieren konnte, waren unterwegs.
Sie beobachtete, wie ein schwarzes Taxi in die Straße gegenüber bog und dann wendete, um vor ihrem Haus zu halten. Sie sah den Fahrer aussteigen; es war ein dicker Mann. Er klingelte an der Tür.
Eva dachte: »Wer im Haus hat um diese Zeit ein Taxi gerufen?«
Nach einer Weile klingelte es erneut.
Sie hörte Poppy durch den Flur laufen, um die Tür zu öffnen, und rufen: »Okay, okay, ich komm ja schon!«
Es folgte eine Auseinandersetzung zwischen Tür und Angel – Poppys hohe Stimme und das tiefe Grollen eines Mannes.
Poppy rief: »Nein, Sie können nicht reinkommen, sie schläft!«
Der Mann widersprach: »Nein, tut sie nicht. Ich habe sie eben am Fenster gesehen. Ich muss mit ihr reden.«
Poppy sagte: »Kommen Sie morgen wieder.«
»Ich kann nicht bis morgen warten«, sagte der Mann. »Ich muss sie jetzt sehen.«
Poppy kreischte: »Sie können nicht reinkommen! Verschwinden Sie!«
»Bitte«, flehte der Mann. »Es geht um Leben und Tod. Also, würde es Ihnen etwas ausmachen, mir aus dem Weg zu gehen?«
»Fassen Sie mich nicht an, fassen Sie mich nicht an! Nehmen Sie Ihre Hände weg!«
Eva war starr vor Angst und Schuldgefühlen. Sie musste runtergehen und dem Mann selbst die Stirn bieten, doch obwohl sie die Beine aus dem Bett schwang, konnte sie die Füße nicht auf den Boden stellen. Nicht einmal um Poppy zu retten. Sie fragte sich, ob sie es geschafft hätte, wenn die Zwillinge sich in ähnlicher Gefahr befänden.
»Tut mir leid, tut mir leid, aber ich muss sie sehen.«
Eva hörte die schweren Schritte auf der Treppe. Sie schwang die Beine wieder ins Bett und zog die Decke bis ans Kinn, wie ein Kind nach einem Alptraum. Sie wappnete sich für den Auftritt des Mannes.
Plötzlich war er da, mitten im Zimmer, und blinzelte in das helle Licht. Er hatte das erschöpfte Gesicht eines Schichtarbeiters. Er war unrasiert und sein Haar, das er sich aus der Stirn hinter die Ohren strich, war strähnig. Seine Kleidung war zerknittert und verwahrlost. Er atmete schwer.
Eva dachte bei sich: »Ich darf ihn nicht gegen mich aufbringen. Ich muss versuchen, ruhig zu bleiben. Er ist offensichtlich verstört.« Sie versuchte zu erkennen, ob er irgendetwas bei sich trug, das als Waffe ausgelegt werden konnte.
»Sie sind Eva Biber, nicht?«
Eva ließ die Decke ein Stück sinken und fragte: »Was wollen Sie?«
»Die anderen Fahrer haben über Sie gesprochen. Die kennen Sie nicht, sehen Sie aber manchmal nachts am Fenster. Manche halten Sie für eine Prostituierte. Ich hab das nie gedacht. Aber dann hat mir einer von Bellas Brüdern erzählt, dass Sie ihr geholfen haben.«
»Bella Harper?«, fragte Eva.
»Ja«, sagte der Mann. »Er hat gesagt, Sie erteilen umsonst Rat, rund um die Uhr. Er hat gesagt, Sie sind eine Heilige.«
Eva lachte: »Ihr Informant irrt sich.«
Poppy war in die Zimmer der Zwillinge gelaufen und hatte sie geweckt. Sie stolperten in Evas Zimmer, Brian junior mit Kricketschläger in der Hand, die Augen vor Angst weit aufgerissen. Brianne stand gähnend und blinzelnd hinter ihm, das Gesicht zur Märtyrermiene verzogen.
Brian junior sagte brutal: »Verlassen Sie sofort das Schlafzimmer meiner Mutter!«
»Ich will ihr nicht wehtun, mein Sohn«, sagte der Taxifahrer. »Ich muss nur mit ihr reden.«
»Um drei Uhr morgens?«, sagte Brianne sarkastisch. »Wieso? Geht die Welt unter? Oder ist es was Wichtigeres?«
Der Mann wandte sich mit so verlorenem Blick an Eva, dass sie sagte: »Ich kenne Ihren Namen nicht.«
»Ich bin Barry Wooton.«
»Ich bin Eva. Bitte, setzen Sie sich doch.« Dann, zu den Zwillingen: »Ist schon gut, geht wieder ins Bett.«
Brian junior sagte: »Wir bleiben hier.«
Barry setzte sich auf den Suppensessel und schloss die Augen.
Poppy, die verzweifelt bemüht war, sich bei Eva einzuschmeicheln, fragte: »Möchte jemand eine Tasse Tee?«
Brianne sagte: »Manchmal denke ich, Dad hat recht, was dieses Land und seinen blöden Tee angeht.«
»Ich sehr gern«, sagte Eva.
»Ja, ich auch«, sagte der Fahrer. »Nicht zu viel Milch, zwei Zucker.«
Brian junior sagte: »Grünen Tee, und ich trinke ihn hier.« Er lehnte sich
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