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Die Frau, für die ich den Computer erfand

Die Frau, für die ich den Computer erfand

Titel: Die Frau, für die ich den Computer erfand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Christian Delius
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essen, ohne von misstrauischen Bauern belauert zu werden oder von neidischen Nachbarn. Wir durften Himbeeren essen, die wir nicht gesät und gepflanzt und gepflegt hatten   … Gemietet, ja   … Es waren natürlich nicht viele Beeren dran, aber jede einzelne hat geholfen, dass wir uns wohlfühlten, und weil wir uns wohlfühlten und tatendurstig waren, ging es aufwärts, wie man so sagt   … Also, alles klar mit dem Nachtisch?   … Jetzt empfehle ich Ihnen doch wieder was   … Ich kann es einfach nicht lassen, die Jugend zu belehren, erst Schnitzel, dann Faust, dann Himbeeren. Dabei bin ichein ganz schlechter Pädagoge   … Nehmen Sie von mir aus Schokoladeneis oder Pudding, essen Sie, was Sie wollen   … Bei Himbeeren bin ich bestechlich, bei Himbeeren kann ich nicht anders, da denk ich an die Hecke von Neukirchen und an Ada, ganz automatisch. Ich bin sicher, dass auch sie gerne Vanilleeis mit Himbeeren gegessen hätte. Wer so viel mit Zahlen und Formeln zu tun hat, ich kenne meine Branche, der ist ein Schleckermaul, und das hat bekanntlich nichts mit der ausgeklügelten, dekadenten Feinschmeckerei zu tun   … So seh ich Ada vor mir, mit Himbeeren und Eis, als Ausgleich zur Formelfummelei und zum Zahlenzirkus   … Nein, nein, da zitiere ich mich selber, diese Wörter hab ich schon als Schüler erfunden   … Ada und Himbeeren, das muss ich jetzt einfach mal aussprechen   … Ich vermute, nein, ich bin sicher, Sie schätzen die Erotik. Sie sind auch ein Frauenfreund, deshalb kann ich das sagen   … Bei Himbeeren denk ich   … Jetzt teste ich Sie wieder, passen Sie auf, dass Sie das richtige Gesicht machen   … An Adas Busen denk ich, an die Brüste mit den Himbeeren in der Mitte, die süßen braunen Himbeeren   … Lächeln Sie nur, junger Mann, Sie werden sich an meine keusche Liebe gewöhnen müssen. Immer öfter schwebt sie mir in den Sinn   … Wissen Sie, im Alter verliert man die antrainierte Disziplin beim Denken und Reden, plötzlich lässt man seine Gefühle viel deutlicher und rücksichtsloser raus, bei Schlaganfallpatienten können Sie das beobachten.Lang genug hat man Anstand gewahrt, Anstand und Abstand, man durfte ein ganzes Leben von morgens früh bis abends spät nie aus der Rolle fallen. Mensch, werde hart, und so weiter. Nun aber, wenn man nichts mehr zu verlieren hat, verliert man etwas von dieser Selbstzensur, Monat um Monat ein Scheibchen mehr. Ich finde das wunderbar, eine Befreiung, ich hätte nie gedacht, dass einem das Alter solche Befreiungen schenkt   … Ich bin ja immer ein eher verschlossener Mensch gewesen oder galt als verschlossen bei den meisten. Hab viel vor mich hingedacht, geplant und phantasiert und bin lieber schüchtern und vorsichtig aufgetreten. Und nun, da mein Leben erfüllt ist, wenn ich das so pathetisch sagen darf, ist diese sogenannte Verschlossenheit wie weggeblasen, fast weg. Seit ich offener werden darf, ohne gleich was auf die Finger zu kriegen oder ein Patent zu verlieren oder eine Million Mark wegen einer vorlauten Bemerkung, seitdem das alles von mir abgefallen ist, seitdem schwebt Ada wieder öfter durch meine Gefühle und Gedanken wie in der Jugendzeit. Ich bin ein Träumer, vergessen Sie das nicht. Der Erfinder ist ein Träumer, ein Spieler   … Wo ich ohne Ada wäre?   … Nein, das kommt später. Da muss ich etwas ausholen, da nehmen wir uns Zeit, dafür müssen wir uns ganz viel Zeit nehmen   …

(Wie definieren Sie einen Computer?)
     
     
     
    Und Sie, Sie rechnen nicht und programmieren nicht und dürfen trotzdem Himbeeren bestellen   … Gut, vielleicht rechnen und programmieren Sie mit Buchstaben wie wir mit den Zahlen, aber wenn ich Sie so neben mir sitzen sehe, werde ich meine fixe Idee vom Schmarotzer nicht los, verzeihen Sie   … Sie rechnen nicht, Sie programmieren nicht, wie die Vögel im Himmel oder die Lilien auf dem Felde, und finden doch Ihr Auskommen, indem Sie einem Rechenmeister einfach nur zuhören. Sie sperren Ihre Ohren auf, stellen ein paar Fragen und bedienen den Recorder, nichts weiter   … Nein, bei mir kommen Sie nicht so leicht davon. Ich muss Ihnen schon noch ein paar Tests abverlangen. Also, wie definieren Sie einen Computer? Das wenigstens müssten Sie draufhaben, wenn Sie stundenlang mit mir reden   … Ja, ganz gut, es könnte nur etwas flüssiger kommen   … Hören Sie, ich hatte schon Interviewpartner, die nur dumm herumgestottert haben und denen ich dann, weil ich leider ein

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