Die Frau, für die ich den Computer erfand
gehört, von mir persönlich, schön langsam zum Einprägen, zum Mitschreiben, und jetzt haben Sie nicht viel mehr als das Beispiel mit dem Kochrezept und mit den Musikern behalten, das hab ich mir gleich gedacht. Also, Sie müssen noch üben. Üben, üben, üben, mein Lieber, und nicht immer nur Wenn, Wenn, Wenn. Fakten, Formeln, Fakten, und nicht immer nur spekulieren, spekulieren, spekulieren, Spekulatius … Das dürfen Sie gern Ihren Enkeln erzählen, dass Sie bei mir Nachhilfestunden in Mathematik hatten, mitten in der Nacht zwischen zwei und drei, und dass ich Ihnen unvergesslich eingetrichtert habe, was ein Algorithmus ist …
(Ein Whisky auf dem Ärmelkanal)
Also gut, die zweite Gründerzeit, ich durfte endlich das Gerät aufbauen, zum Laufen bringen, eine Firma gründen. Seit Siebenundvierzig geisterte das Gerücht über die A4 durch die Branche … Ganz einfach, ein Nachbar in unserm Dorf, auch ein Flüchtling, mit einer Amerikanerin verheiratet, die gingen in die USA, er rannte dort gleich zu IBM und Remington und erzählte denen, da sitzt im tiefsten Bayern so ein kleiner Edison … Zufall sagen Sie, ich sage Ada.Prompt standen Vertreter der zwei Konzerne auf der Matte und wollten mich und meine Rechte kaufen. Da bin ich stur geblieben, hab ihnen nur Optionen eingeräumt, und dafür zahlten sie genug Dollars, dass ich mich über Wasser halten konnte. Und das Gerücht brachte mir zwei Reisen ein, nach London und in die USA 1948 … Na ja, mein Kompagnon und ich wurden einbestellt und ausgefragt, verhört, aber freundlich. Wir konnten kein Englisch, der Mann von der British Tabulating Machine Company kein Deutsch, der Dolmetscher verstand nichts von Rechnern, darum erfuhren die Briten nichts von unseren Leistungen … Ich muss zugeben, erst als wir in Hoek van Holland aufs Schiff stiegen, da hat mich der Gedanke getroffen wie ein Blitz: Du fährst zu Ada! Warum hast du dich nicht vorbereitet, du reist zu deiner Geliebten! Jetzt bist du fast in London, am Abend in London, wo sie gelebt hat! Hundert Jahre, was sind schon hundert Jahre! Endlich kam ich ihr näher! Ganz direkt! Und war überhaupt nicht innerlich auf sie eingestellt … Vor Aufregung wollte ich unbedingt einen Whisky trinken auf dem Schiff. Mein Freund hat mich ziemlich verwundert angeguckt, der kannte mich nicht als Säufer. Das brauch ich gegen das Schaukeln, hab ich gesagt. Und er: Aber es schaukelt doch gar nicht. Ich will nicht seekrank werden, hab ich gesagt. Aber der Whisky war unbezahlbar für einen armen Deutschen mit ein paar Mark in der Tasche, das waren noch Reichsmark.Von da an hab ich immerzu an sie gedacht, wie neu verliebt in mein Bild von ihr. Ich habe buchstäblich gefühlt, wie ich ihr nähergekommen bin, von Welle zu Welle, über den Kanal schaukelnd, und in der Bahn, von Telegrafenmast zu Telegrafenmast … Später hab ich bei jeder Überquerung des Ärmelkanals und des Atlantiks einen Whisky auf Ada getrunken … Unsere Gastgeber, die Firmen, die unser Know-how abklopfen wollten, die haben uns rund um die Uhr beschäftigt, da gab es kein Entkommen. Ich hab mich nicht getraut, auf eigene Faust Adas Spuren zu suchen. Ich habe den Wunsch geäußert, das British Museum mit dem berühmten Lesesaal zu besichtigen, in der Hoffnung, dort vielleicht etwas über Ada in die Hand zu kriegen. Man nickte freundlich, man war höflich, aber ich bin nie auch nur in die Nähe einer Bibliothek gelangt … In den USA war ich etwas gelassener, da hat mich nicht die Nähe meiner schönen Lady nervös gemacht. In meinem miserablen Englisch konnte ich den Leuten von Remington nicht erklären, dass wir auf dem Gebiet, auf dem sie sich als stolze, unerreichbare Weltmeister feierten, auch etwas vorzuweisen hatten. Übersetzungsprobleme, verschiedene Terminologien, lustige Missverständnisse. Und als sie nach unseren praktischen Erfolgen fragten, konnten wir nur sagen, dass die A4 die Monatsabrechnung einer Sennerei, die früher einen Tag gedauert hatte, in einer halben Stunde erledigte. Eine Sennerei! Milch aus den Alpen!Und die hatten es mit der Atombombe. Da haben die gelacht, da haben die sich innerlich auf die Schenkel geschlagen, das hab ich genau gespürt …
(Ich als Amerikaner)
Manchmal stellen Sie wirklich überraschende Fragen, über die ich richtig nachdenken muss. Kompliment! Auch wenn Sie der schlechteste Mathematiker sind, der mir seit Jahren begegnet ist, als Wenn-Frager
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