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Die Frau im Fahrstuhl

Die Frau im Fahrstuhl

Titel: Die Frau im Fahrstuhl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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zumindest Bescheid geben, falls wirklich etwas passiert sein sollte.«
    Inspector McArnold sah Peter müde an.
    »Das ist auch der Fall. Ja, ja, das ist auch wirklich der Fall«, murmelte er.
    Mit Mühe erhob er sich.
    »Sie können hinter mir herfahren.«
     
    Wir folgten McArnolds Auto die Küste entlang. Noch ehe wir das felsige Ufer erreicht hatten, erkannte ich die flache und karge Landschaft wieder. Wie war es uns in der vergangenen Nacht nur gelungen, uns hierher zu verirren?
    Plötzlich bog McArnold von dem schmalen Weg ab.
    »Peter! Der Runenstein! Er weiß genau, wo wir hinmüssen«, sagte ich erstaunt.
    Peter nickte nur verbissen.
    Wir parkten neben dem Polizeiauto und stiegen aus. Es wehte ein starker Wind. Glücklicherweise hatte es aufgehört zu regnen.
    Schwerfällig ging McArnold auf die steinernen Torpfosten zu. Er blieb vor ihnen stehen und nickte in Richtung des Hauses. Genauer gesagt in Richtung dessen, was von diesem noch übrig war.
    Wie ein anklagender Finger ragte der halb eingestürzte Schornstein in den blaugrauen Himmel. Von den Außenmauern des Hauses waren nur noch wenige Meter übrig. Der Rest lag in Schutt und Asche.
    Als wir näher kamen, erkannten wir, dass der Schornstein von Efeu überwachsen war. An einer Stelle, an der einmal eine Hausmauer verlaufen war, wuchsen Heckenrosen. Der Wind trug mir ihren Duft zu.
    Hier stand schon seit vielen Jahren eine Ruine.
    Ein Stück weiter hinten zwischen den Steinen lag Peters blauer Anorak.
     
    Wir redeten kaum, als wir wieder hinter McArnolds Auto nach North Berwick fuhren. Plötzlich blinkte er nach links und hielt vor einem Pub, das direkt an der Straße lag. Als wir neben ihm eingeparkt hatten und ausgestiegen waren, sagte er: »Es ist vielleicht an der Zeit für einen kleinen Lunch. Wir müssen uns unterhalten.«
    Ohne eine Antwort abzuwarten, drehte er sich um und schlenderte in den Pub. Ich erinnere mich noch, dass er Pig & Liberty hieß.
    Es war ein gemütliches, ordentliches altes Gasthaus, das genaue Gegenteil von dem verkommenen Pub vom Vortag. Auf McArnolds Anraten hin bestellten wir jeder eine Pub Platter, eine gemischte Platte, und dazu dunkles schottisches Bier. Das Bier war mir zu kräftig, aber die verschiedenen Käsesorten, Würste und der kalte Braten waren delikat, ganz zu schweigen von den Pickles mit Tomaten!
    Nachdem wir aufgegessen hatten, tupfte sich der Inspector sorgfältig den Mund ab.
    »Es war kein Zufall, dass man Sie heute Morgen im Präsidium an mich verwiesen hat. Ich hatte mit dieser Sache nämlich schon einmal zu tun.«
    Er hielt inne und trank einen Schluck Bier.
    »Aber das ist jetzt fast dreißig Jahre her.«
    Peter und ich sagten keinen Ton. Ungeduldig warteten wir darauf, dass er weiter sprechen würde.
    »Ein junges Paar mit einem alten Volkswagen bekam plötzlich Schwierigkeiten mit dem Motor. Es war spät, fast Mitternacht. Es gelang ihnen, genau wie Ihnen letzte Nacht, das Haus zu finden. Auch dieses Paar fuhr am nächsten Tag bei Tageslicht noch einmal hin und machte dieselbe Beobachtung wie Sie. Es ist schon sehr lange her, dass das Haus abgebrannt ist.«
    Erneut machte er eine Pause und leckte sich nachdenklich etwas Bierschaum vom Schnurrbart.
    »Die Kollegen lachten und meinten, die jungen Leute hätten entweder geträumt oder zu viel getrunken. Aber mich interessierte die Sache, und ich stellte eigene Nachforschungen an. Darüber haben sich alle jahrelang lustig gemacht. Bei jedem Betriebsfest fordert mich unweigerlich irgendein Idiot dazu auf, meine Gespenstergeschichte zum Besten zu geben.«
    Er verzog das Gesicht und trank sein Glas aus. Anschließend lehnte er sich zurück und faltete die Hände über dem Bauch.
    »Ich stieß auf eine überaus traurige Geschichte. Sie trug sich Mitte des 19. Jahrhunderts zu. In dem Haus am Meer wohnte damals Annie Duncan mit ihren betagten Eltern. Sie war das einzige Kind und hatte versprochen, sich um sie zu kümmern. Es gab ein Gerücht, Annie habe einen Liebsten, aber die Jahre vergingen, ohne dass sie heiratete, und das Gerücht kam zum Verstummen. Als ihre Eltern starben, war Annie schon über dreißig, aber immer noch eine Schönheit. Anfänglich erleichterte sie der Tod ihrer Eltern. Sie soll zu einer Bekannten gesagt haben, nun könne sie endlich heiraten. Aber dann muss irgendetwas passiert sein. Annie wurde schweigsam und verschlossen. Und kein Freier ließ sich je in dem Haus draußen auf den Klippen blicken.«
    McArnold verstummte und gab dem

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