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Die Frau im gepunkteten Kleid

Die Frau im gepunkteten Kleid

Titel: Die Frau im gepunkteten Kleid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beryl Bainbridge
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müsse nach seiner Frau sehen. Als er fort war, fragte Silver Rose, ob sie wissen wolle, was Philopsona fehle. Sie sagte, nein, das gehe sie nichts an. Des ungeachtet begann er mit einer Erklärung, der sie großenteils nicht folgen konnte. Es habe zu tun mit einer Substanz, einer Art Medikament, das in den Fünfzigerjahren ziemlich gefragt war – im Verborgenen
natürlich. MK Ultra, der Deckname für ein geheimes Verhörprojekt der CIA, an dem er beteiligt war, sah vor, es bei den Kommunisten in Nordkorea anzuwenden, die mit Unterstützung Russlands nach Seoul vordrangen. »Man wollte es aus der Luft herunterlassen«, sagte er, »eine wesentlich billigere Angriffsmethode, als Truppen hineinzuschicken. Die Chinesen und Nordkoreaner wandten ihre Gehirnwäschetechniken bereits auf amerikanische Kriegsgefangene an, und man brauchte dringend etwas zur Vergeltung…«Die Substanz sei an Zuchthäuslern und Prostituierten getestet worden, allerdings ohne deren Wissen – hier lächelte Silver das Lächeln eines Mannes, der sich an glücklichere Zeiten erinnert. Es habe ihnen nicht geschadet, beruhigte er sie, sie hätten nur nichts anderes mehr tun können als singen und Gedichte aufsagen.
    »Gedichte«, wiederholte Rose.
    »Ich persönlich«, sagte Silver, »bin froh, dass sie diesen Plan aufgegeben und sich wieder darauf verlegt haben, diese Scheißkerle zu töten.«
    »Ich war vor zwei Monaten auf dem Trafalgar Square bei einer Kundgebung zur Unterstützung von Nordvietnam«, erzählte sie. »Dreihundert Leute wurden festgenommen. An Gedichte kann ich mich nicht erinnern.«
    »Fury gehörte zu den Typen, die sich was von dem Zeug abgezweigt hatten, und Philopsona, die gehört hatte, dass es den Stress und die Gewaltneigung bei
Menschen verringert, die unter ihrer Kindheit gelitten haben …«
    »Unter ihrer Kindheit gelitten …«, wiederholte Rose.
    »… hat es leider ausprobiert. Es wirkte bei ihr genau umgekehrt und führte eine Weile zu Anfällen, die nur langsam abklangen. In den letzten drei Jahren kamen sie nicht mehr so regelmäßig.«
    Rose wollte fragen, ob dieses Medikament der Grund sei, warum Philopsona fluche und Geld verschenke, aber in diesem Augenblick öffnete Harold benommen die Augen und murmelte, es tue ihm leid … sehr leid.
    »Wir müssen weg«, drängte sie und klopfte auf den Tisch. »Wir müssen nach Malibu.«
    Er nickte und schlief wieder ein.
    Silver sagte, er habe erfahren, dass der Mann, den sie und Harold suchten, sich wahrscheinlich im Hotel Ambassador aufhalte. »Ich nehme an, man kommt dort nicht ohne Weiteres hinein«, sagte er, »jedenfalls nicht, solange das Kennedy-Gefolge auf die Ergebnisse der Vorwahlen wartet.«
    Er war sehr nett. Er versprach, ihnen zwei Passierscheine zukommen zu lassen, entweder noch bevor sie weiterfuhren oder über Fury, der bis dahin wieder in seinem Büro sein würde.
    Als Fury von seiner Frau zurückkam, sagte er, am Fünften sei er wieder in Los Angeles, Philopsona befinde sich auf dem Wege der Besserung.

    »Prima!«, rief Rose.
    Dann begannen die beiden Männer eine hitzige Diskussion über Israel und die Araber. Fury meinte, die Juden seien darauf aus, ihre Grenzen gewaltsam zu erweitern, sie wollten einen Mann namens Nasser absetzen, weil er als Blitzableiter für die arabische Einheit fungiere, und sie wollten auch, dass der Kalte Krieg andauere. Präsident Kennedy sei von Israel ermordet worden, denn solange er im Weißen Haus gesessen habe, sei nichts vorangegangen.
    »Oswald war aber kein Jude«, rief Silver.
    Rose sagte: »Mein Papa hasste Juden … und Katholiken … und die Heilsarmee.«
    »Du weißt genau, dass der Senat mit Juden gespickt ist«, fuhr Fury hartnäckig fort.
    »Das ist Bockmist«, brüllte Silver und drohte Fury mit dem Finger. »Der Mord war die Wahnsinnstat eines gestörten Einzelnen, des Opfers einer beschissenen Erziehung.« Rose war beeindruckt, weil er elterliches Versagen anerkannte, und nickte heftig, aber niemand achtete darauf. Für die beiden Männer war sie gar nicht anwesend.
    Sie setzte sich in den Stuhl der alten Mutter am Fenster, zupfte an den Kaninchenohren und sah zu, wie der Gelbe Pullover in die Ställe hinein- und wieder hinausging. Sie versuchte Dr. Wheeler in den Hof zu stellen, aber er versteckte sich in ihrem Kopf. Als kurz darauf Fury und Silver auf der Suche nach mehr Wein den Tisch verließen, stand sie auf, zog
eine Zigarette aus der Packung, schob das Feuerzeug ein und eilte aus der

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