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Die Frau im Tal

Die Frau im Tal

Titel: Die Frau im Tal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ketil Bjørnstad
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ist.«
    »Es ist viel passiert. Sie hat unter anderem ihre Schwester verloren.«
    »Hör zu«, sagt Gunnar ärgerlich. »Ich mag euch alle beide. Ihr habt mich gerettet. Jetzt entfernt ihr euch voneinander. Ich lasse nicht zu, daß das geschieht.«
    »Was geschieht denn?«
    »Ich weiß es nicht. Du kennst Sigrun besser als ich. Aber sie trinkt mehr denn je.«
    »Sie hat immer viel getrunken.«
    »Jetzt trinkt sie mehr als viel, sobald sie dir aus den Augen ist.«
    »Ich mag nicht, daß du sie verpetzt.«
    »Ich petze nicht. Ich tue nur meine Pflicht als Freund. Sie sehnt sich nach etwas. Was unternehmt ihr im übrigen, um ein Kind zu bekommen?«
    »Das übliche. Wenn wir Zeit haben.«
    »Du teilst das Bett mit der schönsten und wundervollsten Frau der Welt. Und du redest von Zeit ? Du solltest dich schämen.«
    »Wir sind überanstrengt, alle beide. Die letzten Monate waren kompliziert.«
    »Sei vorsichtig«, sagt Gunnar Høegh. »Es droht Gefahr. Ich habe ein Gefühl dafür. Und jetzt fühle ich es.«
    »Wo ist die Gefahr?«
    Gunnar Høegh gibt keine Antwort.
    Ich sitze mit geschlossenen Augen da. Sie beobachten mich jeder von seiner Seite. Da schaue ich sie plötzlich an, einen nach dem andern.
    »Legen wir eine Platte auf«, sagt Gunnar Høegh nervös.
    »Nein«, sage ich mit einem Blick auf die Uhr. »Obwohl, macht, was ihr wollt. Für mich ist es Zeit, mich zurückzuziehen.«
Beschränkungen
    Hand in Hand verlasse ich mit Marianne den Bungalow. Dann verschwindet sie, verschmilzt mit dem Schnee und der schwarzen Nacht. Da stelle ich mir vor, daß Sigrun aus Kirkenes kommt, daß heute nacht eine Entscheidung fällt. Aber nichts geschieht. Ich habe gesagt, ich wolle zu Bett gehen. Sie haben mich zur Tür gebracht.
    Ich stehe zwischen den Kiefern und blicke durch das erleuchtete Fenster. Eirik Kjosen und Gunnar Høegh sitzen und reden. Worüber unterhalten sie sich jetzt? Gunnar Høegh ist nun für mich kein Gespenst mehr. Er ist der Hausfreund. Wie in Ibsens Kammerspielen. Er taucht auf, wenn Gefahr im Verzug ist. Er versucht zu helfen. Dafür ist er da. Er ist Witwer. Natürlich ist er zu alt für sie. Er weiß, was sich gehört. Er wird seiner Frau treu bleiben, bis er stirbt. Ich mag ihn mehr und mehr. Er hat eine Neuigkeit gebracht. Zwischen Sigrun und Eirik steht es nicht so gut, wie es nach außen scheint. Ich werde unruhig. Marianne ist nicht mehr da.
    Ich stapfe hinunter zu meiner Klosterzelle. Dorthin gehöre ich. Jäh kann das Leben unheimlich werden. Als wir das Nordlicht betrachteten, herrschte tiefer Friede. Den Anblick der zappelnden Gestalt auf dem Eis habe ich noch immer vor Augen. Vielleicht ein Wachsoldat, der einer Eingebung folgte. Wie ich der Eingebung folgte, hierher in den Norden zu fahren. Wie jeder Idiot einer Eingebungfolgen kann und entweder als reichster Mann der Welt oder am Galgen baumelnd endet. War Mariannes Tod nur eine Eingebung? War es eine Eingebung, daß Rebecca Frost ja sagte und Christian heiratete? Daß Mutter in den reißenden Fluß ging? Daß Cathrine sich entschied, auszusteigen?

    Tanja Iversen steht am Eingang und raucht. Sie wartet auf mich. Als habe sie den ganzen Abend da gestanden.
    »Hast du es mitbekommen?«
    »Was denn?«
    »Die Soldaten schossen auf der sowjetischen Seite. Einer wurde getroffen.«
    Das Knattern eines Hubschraubers plötzlich direkt über uns. Dann verschwindet er in südlicher Richtung.
    »Suchen sie nach ihm?«
    »Eirik sagt, wir hier in Norwegen können nichts tun.«
    Sie nickt, ist aber gedanklich woanders.
    »Ich wollte dir danken«, sagt sie
    »Du mußt mir für nichts danken«, sage ich. »Das kam alles aus dir selbst.«
    Da erscheint ein Junge aus dem Internat. Ich erkenne ihn wieder an dem Milchbärtchen. Mit jugendlichem Besitzerstolz legt er den Arm um sie. Sie läßt es zu.
    Ich fühle ein Stechen.
    Wie eine Reinigung, eine Beschränkung der Wahlmöglichkeiten.
    Bleibt die eine, große Wahl.
    »Kurt spielt Schlagzeug«, sagt Tanja Iversen.
    Ich nicke. »Wie schön«, sage ich.

    In der Nacht träume ich von Mutter. Ich träume, daß sie weint. Sie sitzt bei mir auf der Bettkante. Ich merke, daßich krank bin. Aber es irritiert mich, daß sie mich bemitleidet. Sie ist schließlich tot.
    »Es gibt so vieles, was ich dir hätte sagen wollen«, sagt sie.
    »Können wir nicht jetzt reden?« sage ich.
    »Es ist zu spät. Wir hatten nur diese eine Chance.«
    »Du meinst, es sind alle Möglichkeiten aufgebraucht?«
    »Nicht für dich, mein

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