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Die Frau in Rot: Roman (German Edition)

Die Frau in Rot: Roman (German Edition)

Titel: Die Frau in Rot: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margot S. Baumann
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schüttelte den Kopf. Voller Enthusiasmus hatten sie sich auf den Weg zum Brestenberg-Bad gemacht, nachdem sie sich in Tatis Schuppen eine Schaufel, eine Spitzhacke und eine Sturmlaterne gegriffen hatten. Sie kamen sich wie zwei Archäologen vor, die unterwegs waren, um das Grab des Tutenchamun zu öffnen.
    Max stellte die Lampe auf den Boden, setzte sich neben Anouk und legte seinen Arm um ihre Schultern. Sie kuschelte sich in seine Armbeuge.
    »Vielleicht soll es ja einfach nicht sein«, sagte er leise und hauchte ihr einen Kuss auf die Schläfe. »Wir wissen aber wenigstens, wer sie war. Das ist doch immerhin etwas. Und wenn wir jetzt noch genügend Beweise für ihre Existenz zusammentragen, wird Rufli das nicht mehr ignorieren können. Er ist außerdem nicht der einzige namhafte Historiker im Land. Wir werden ganz sicher einen finden, der sich mit Genuss auf unsere Recherchen stürzt und Bernhardine rehabilitiert. Mehr können wir vermutlich nicht tun.«
    Anouk nickte. Sie sah ein, dass er recht hatte, aber ein unbestimmtes Gefühl in ihr sagte ihr, dass sie noch nicht kapitulieren durften. Sie waren so kurz vor dem Ziel.
    »Aber das Gedicht.« Sie hob den Kopf. »Darin heißt es doch, dass sie keine Ruhe findet, solange ihre Gebeine nicht in geweihter Erde bestattet sind.«
    »Ich weiß.« Max seufzte. »Aber du siehst ja selbst, wie es ist.« Er wies mit seiner Hand auf den Boden. »Und ich glaube kaum, dass wir von der Gemeindeverwaltung die Bewilligung erhalten werden, den Boden des Kiosks aufzubrechen und umzugraben. Auch wenn uns jeder Architekt dafür vermutlich die Füße küssen würde.«
    Anouk nickte seufzend. Sie erhob sich, ging zu einer Pappel, die neben dem Kiosk stand, und lehnte sich mit dem Rücken an den rauhen Stamm. Ein leichter Wind war aufgekommen. Anouk sah in die Baumkrone hinauf und hörte zu, wie die Blätter miteinander flüsterten. Irgendwo schrie ein Käuzchen, im Gestrüpp raschelten nachtaktive Tiere, und ganz in ihrer Nähe quakte ein Frosch sein Liebeslied.
    »Wir müssen nachdenken«, ergriff sie von neuem das Wort. »Bis jetzt sind wir immer dann einen Schritt weiter gekommen, wenn wir die Informationen, die wir hatten, neu analysiert und kombiniert haben.« Sie unterdrückte ein Gähnen und schüttelte ihre Locken, um die Müdigkeit zu vertreiben. »Wenn Bernhardine tatsächlich unter dieser Betondecke liegt, werden wir sie nie finden.« Sie warf Max einen schnellen Blick zu. »Aber es wäre doch auch möglich, dass dieser von Hallwyl und Huldrich ihren Körper an einer anderen Stelle vergraben haben, nicht wahr?«
    Max zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Ich hatte noch nie den Drang, eine Leiche zu verbuddeln.« An seinem Ton merkte Anouk, dass er bei diesen Worten grinste. »Aber sollte ich je in die Situation kommen, würde ich mir den Platz natürlich vorher genau aussuchen«, fügte er hinzu.
    »Eben!«, meinte Anouk. »Was wissen wir also? Wir wissen, dass der Böse und Huldrich eine Frauenleiche verschwinden lassen müssen. Wir wissen aber nicht, wann genau Bernhardine gestorben ist. War es Sommer? Winter? Wie dem auch sei, die zwei müssen in jedem Fall ein Loch ausheben. Wenn wir jetzt annehmen, der Böse aus dem Stück ist ein von Hallwyl, also ein Edelmann, und Huldrich noch ein Kind, sind das zwei Personen, die sich mit dem Schaufeln von Gruben vermutlich nur wenig auskennen und keine Übung darin haben. Der eine ist ein piekfeiner Schnösel, der andere ein schwaches Bürschchen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die stundenlang in der Erde wühlen.«
    »Das sehe ich genauso«, stimmte Max zu. »Welche Stelle könnten sie also dafür gewählt haben?«
    Anouk blickte sich auf dem Gelände um. Die Wiese fiel zum Wasser leicht ab, zur Straße hin wurde sie von einer Backsteinmauer begrenzt. Auf dem Terrain standen außerdem mehrere hohe Eichen und Pappeln. Die Bäume konnten damals schon hier gewesen sein. Aber sie wuchsen kreuz und quer. Ihre Anordnung bildete keinerlei Muster, das auf eine bestimmte Stelle hätte hindeuten können.
    Max richtete sich ächzend auf. »Vielleicht gab’s zu der Zeit ja einen Brunnen in der Nähe? Das wäre doch praktisch gewesen.«
    »Ja, das wäre es tatsächlich«, pflichtete Anouk ihm bei. »Ich sehe aber keinen. Nur diese altmodische Dusche dort drüben, die in der kleinen, gemauerten Halle angebracht …«
    Sie sahen sich verblüfft an und rannten dann beide gleichzeitig los.
    Altdorf, 1746
    »Du musst mir beim

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