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Die Frau in Rot: Roman (German Edition)

Die Frau in Rot: Roman (German Edition)

Titel: Die Frau in Rot: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margot S. Baumann
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sind«, sagte sie leise zu Max und berührte seinen Arm. Im Schein der Laterne wirkte sein Gesicht angespannt.
    »Ich hoffe es, Anouk. Am Ende findest du sogar noch heraus, was ich denke. Du wirst mir langsam unheimlich.« Sie schlang ihre Arme um seinen Hals, küsste seine Lippen und schmiegte sich an ihn. Max aber löste sich behutsam aus ihrer Umarmung und sagte: »Okay, Frau Morlot, bringen wir’s zu Ende.«
    Sie leuchteten jede Stelle der Halle ab, fanden aber keinen Hinweis auf Bernhardines Grab. Der kleine Tempel schien aus einem einzigen Stück Stein gemeißelt zu sein. Nirgendwo war eine Vertiefung oder ein Riss zu sehen. Max klopfte sogar jeden einzelnen Zentimeter Stein ab, um zu überprüfen, ob es irgendwo dahinter einen Hohlraum gab. Fehlanzeige. Am Ende gab es nur noch eine Stelle, die sie noch nicht untersucht hatten: das gemauerte Wasserbecken unter dem Duschkopf, das ganz sicher nicht aus Bernhardines Zeit stammte. Die bräunlichen Fliesen sahen eher nach den Siebzigern des letzten Jahrhunderts aus. In der Mitte des Beckens befand sich ein Abfluss, der mit einem runden Metallgitter abgedeckt war. Max drückte Anouk die Lampe in die Hand und entfernte das im Becken liegende, hereingewehte Herbstlaub. Dann bückte er sich und löste den Ablaufschutz aus der Verankerung.
    »Holst du mir bitte die Spitzhacke?«
    Anouk stellte die Laterne ab und rannte zum Kiosk, an dem sie ihre Werkzeuge zurückgelassen hatten.
    »Hier«, sagte sie, als sie wieder zurück war, und reichte ihm den Pickel.
    »Wenn wir mit unserer Annahme falschliegen, bekommen wir eine Anzeige wegen Vandalismus, das ist dir doch klar?«
    Anouk nickte und meinte trocken: »Presse ist immer gut.«
    Max schüttelte den Kopf. »Also dann.«
    Er führte die Spitze der Hacke in das Loch ein und stemmte sich anschließend mit seinem ganzen Gesicht gegen den Stiel. Die Kacheln knirschten, bewegten sich aber nicht. Anouk trat hinzu, und gemeinsam drückten sie die Stange in Richtung Boden. Mit einem Scheppern gaben die Bodenplatten nach und zersprangen. Mehrere kleinere Einzelteile spritzten in die Halle, das Becken oder fielen in die Tiefe hinab. Unter dem Gitter und den Fliesen musste also so etwas wie ein großes Rohr oder ein Schacht verborgen sein. Max hebelte noch weitere Kacheln heraus, bis zuletzt ein ansehnliches Loch zu ihren Füßen gähnte. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn, ging in die Knie und leuchtete mit der Laterne in die Finsternis.
    »Ich kann leider nichts erkennen«, sagte er. »Dazu bräuchte ich ein Seil.«
    Anouk zuckte die Achseln. Wo sollten sie jetzt auf die Schnelle ein Seil herbekommen?
    »Warte!«, rief sie und rannte abermals zum Kiosk hinüber. Auf seiner dem See zugewandten Seite war eine lange Rettungsstange mit einem gebogenen Ende an der Wand befestigt. Sie diente dazu, Ertrinkende aus dem Wasser zu ziehen. Anouk riss die Stange aus der Halterung und lief zurück. »Geht das?«
    »Perfekt!«
    Max sicherte die Laterne an dem hakenförmigen Ende des Stabes und ließ sie langsam in das Loch hinab.
    »Siehst du etwas?« Anouk blickte über seine Schulter, konnte jedoch nichts erkennen.
    »Nicht viel. Aber an der Wand sind Griffe eingelassen.« Er wandte sich um. »Man kann da runtersteigen.«
    Anouk schluckte. Das war sicher gefährlich. Ihre Neugier und die Besorgnis um Max kämpften miteinander. Doch schon hatte er die Laterne wieder heraufgezogen und von der Stange gelöst. Er stand auf, befestigte die Sturmlaterne an seinem Gürtel und hockte sich dann neben den Rand des Loches.
    »Du willst …?« Anouk brach ab.
    Er nickte. »Wird schon schiefgehen! Ansonsten weißt du ja jetzt, wo du den Pfarrer findest.« Er zwinkerte ihr zu und rutschte noch näher an die Öffnung heran. »Hoffentlich halten die Griffe! Wenn die brüchig sind …«
    Er beendete den Satz nicht, doch Anouk wusste genau, was er meinte.
    »Nein, warte! Das ist zu gefährlich.« Sie hielt ihn am Arm fest. »Lass es! Wir kommen morgen wieder. Heuern einen Bautrupp an oder einen Höhlenforscher.«
    »Ich passe schon auf«, unterbrach er sie. »Wenn die Griffe lose sind, komme ich sofort wieder rauf. Versprochen.«
    Anouk schluckte. »Max, das kann doch wirklich warten. Bitte lass es!«
    Doch er tastete mit den Füßen bereits nach dem ersten Wandgriff, testete kurz dessen Trittfestigkeit und verschwand in der Dunkelheit.
    »Alles bestens!«, rief er. »Die Dinger sind prima erhalten.«
    Seine Worte kamen verzerrt bei Anouk oben an. Im

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