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Die Frau in Rot: Roman (German Edition)

Die Frau in Rot: Roman (German Edition)

Titel: Die Frau in Rot: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margot S. Baumann
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Vereinen. Tati Valerie hat sie rezitiert, aber sie konnte sich danach wieder nicht daran erinnern.« Hinter Anouks Stirn pochte es heftig, und sie befühlte ihre Narbe. »Vielleicht werde ich wirklich noch verrückt, denn ich bin mir nicht mehr sicher, ob es diese Stimmen tatsächlich gibt oder ob sie nur in meinem Kopf existieren.«
    Max atmete tief durch und sagte erst einmal kein Wort. Die Gäste drängten sich um den Getränkestand neben der Steinbrücke, tranken Wein, unterhielten sich übers Konzert und genossen den Sommerabend. Überall sah man lächelnde Gesichter, hörte das Zirpen der Grillen und leises Gläserklirren.
    »Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll«, brach Max endlich das Schweigen und hob die Schultern. »Wenn dich das Ganze so beunruhigt, solltest du dich genauer untersuchen lassen. Ich kann dir die Adresse eines guten Neurologen geben. Aber lass uns doch erst mal analysieren, ob es nicht noch eine andere Begründung für diese … Phänomene gibt, bevor du gleich an Wahnvorstellungen denkst.«
    Anouk zog eine Augenbraue hoch. »Ach, ja? An was für eine Art von Phänomenen hast du denn gedacht? Vielleicht an solche wie in Das Omen, Der Exorzist oder The Sixth Sense? «
    Ihre Stimme troff vor Sarkasmus. Aber was hatte sie auch erwartet? Etwa, dass der gute Landarzt ihr ein Rezept ausstellen und danach alles wieder in Ordnung sein würde? Oder er ihr zumindest eine einfache logische Erklärung liefern könnte? Wie naiv sie doch gewesen war. Wie hätte er als Mediziner auch anders reagieren sollen, als sie auf vorsichtige, nette Weise an einen Spezialisten zu verweisen? Dennoch fühlte sich Anouk verletzt und konnte ihre Enttäuschung über Max’ Zweifel kaum verbergen.
    Max’ Augen waren schmal geworden. »Ich bin zwar nicht besonders bewandert in der Parapsychologie, aber manchmal gibt es Dinge, die wir rational denkenden Menschen uns einfach nicht erklären können. Meine Mutter hat …«
    »Schwachsinn!«, unterbrach ihn Anouk, deren Enttäuschung sich in Wut verwandelt hatte. »Du willst doch wohl nicht allen Ernstes behaupten, dass mir ein Geist eine Botschaft überbringen will? In Reimform? Möglicherweise eine tote Dichterin, die posthum nach Ruhm und Ehre lechzt?«
    Max zuckte mit den Schultern. »Könnte ja sein.«
    Anouk lachte lauthals auf. »Nett, dann soll sie sich gefälligst ein anderes Medium suchen. Ich habe keinen Bock auf so einen Quatsch!«
    Max betrachtete sie mit gerunzelter Stirn und vergrub dann seine Hände in den Hosentaschen.
    »Möchtest du jetzt noch den Rechen kontrollieren?«, fragte er beiläufig und blickte zum Wehr hinüber.
    Anouk schüttelte den Kopf. »Nein, keine Lust mehr. Ich will etwas trinken, meine Großtante nach Hause verfrachten und den ganzen Mist vergessen.«
    Mit diesen Worten ließ sie Max unter den Eichen stehen und drängte sich durch die Menge hindurch zum Getränkestand vor. Die bösen Blicke der Wartenden ignorierte sie, verlangte zwei Gläser Wein und stürzte sie nacheinander hinunter. Geister, so ein Schwachsinn!

    Max sah Anouk verblüfft hinterher und beobachtete, wie sie die Konzertbesucher zur Seite schubste, als wäre sie auf dem Weg zu einem Touchdown. Stimmungsschwankungen und plötzliche Aggressivität waren ebenfalls Symptome eines Unfalltraumas, hatte er gelesen. Doch womöglich war Anouk auch nur besonders temperamentvoll, und er interpretierte zu viel in ihre Reaktionen hinein. Die zweite Möglichkeit gefiel ihm bedeutend besser, denn die erste implizierte, dass sie ein ernsthaftes Problem hatte, das behandelt werden musste.
    Welcher Teufel hatte ihn bloß geritten, Anouk zu küssen? Obwohl die Initiative von ihr ausgegangen war, hatte er sich nicht dagegen gewehrt. Ganz im Gegenteil – war ihm doch schon seit längerem klar, dass er sich Hals über Kopf in Valeries Großnichte verliebt hatte, eine Beziehung zwischen ihnen aber wohl scheitern und ihm mit größter Sicherheit das Herz brechen würde.
    »Verdammt, Max«, murmelte er vor sich hin, als er zu seinem Wagen ging, »du hattest schon immer das Talent, dich in Schwierigkeiten zu bringen.«

    Die Heimfahrt verlief ohne Zwischenfall. Valerie setzte sich wieder auf die vergrößerte Ladefläche, zupfte an ihrer Perücke herum und summte ein Lied. Anouk konzentrierte sich aufs Fahren und versuchte, die aufkommende Panik durch ruhiges Atmen unter Kontrolle zu bringen. Dabei leisteten die zwei Gläser Wein keinen unerheblichen Beitrag. Sie traute sich sogar, einen

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