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Die Frau in Rot: Roman (German Edition)

Die Frau in Rot: Roman (German Edition)

Titel: Die Frau in Rot: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margot S. Baumann
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und wusch sich die Hände an der Spüle. »In Ermangelung eines Ateliers müssen wir uns leider mit der Küche und dem Wohnzimmer begnügen. Soll ich frischen Kaffee aufsetzen?«
    Anouk starrte ihre Großtante entsetzt an. »Ich wollte … brauchte …«, stammelte sie.
    »Was denn, Schätzchen?«
    »Ach, nichts.« Anouk betrachtete die notierten Wörter auf dem Zettel. Ergaben sie einen Sinn, oder war es nur Zufall, dass sie sich nicht verfärbt hatten? »Ich werde mich mal anziehen und einen Spaziergang machen.«
    »Bei dem Wetter?« Ihre Großtante blickte zweifelnd durchs Küchenfenster.
    »Ja, warum denn nicht?«
    »Nimm aber einen Regenschirm mit!«, rief Valerie ihr hinterher.

    Das Café Studler wirkte von außen anheimelnd und freundlich. Anouk schüttelte den Schirm aus, trat ein und setzte sich an einen Tisch. Sie bestellte sich einen Latte macchiato und zwei Hörnchen. Der Regen prasselte mit stetem Gleichklang gegen das große Panoramafenster und lief in wahren Sturzbächen ab. Das Café war nur spärlich besucht. Eine Jugendliche, die mit kajalgeschwärzten Augen ins Leere starrte und an ihren Fingernägeln knabberte, zwei Mütter mit Kleinkindern auf den Knien und ein älterer Mann, der die Morgenzeitung las. Ein Umstand, der Anouk wieder an den Handzettel erinnerte. Sie zog ihren Spiralblock aus der Handtasche, schlug ihn auf und legte den Zettel mit den von ihr notierten Wörtern daneben.
    Anouk winkte der Bedienung, die mit einem freundlichen Lächeln an ihren Tisch trat und vermutlich froh war, etwas zu tun zu haben.
    »Hätten Sie bitte eine Schere für mich?«, fragte sie und bestellte sich einen weiteren Kaffee. Die junge Frau nickte und kehrte wenig später mit dem gewünschten Gegenstand zurück. In den nächsten Minuten war Anouk damit beschäftigt, jedes einzelne Wort auszuschneiden. Sie legte die Papierstreifen vor sich auf den Tisch und versuchte, sie in einen logischen Zusammenhang zu bringen. Als würde ich einen Erpresserbrief verfassen!, ging es ihr durch den Kopf.

Bernhard junger Mann liebte Poesie drei Kranke Tod Schlossfriedhof Verhältnis Bern Porträt Gedenktafel Kirche Seengen kunst Gedichte von Hallwyl Anouk Morlot 17 4 6 Gerold ine

    Das ergab überhaupt keinen Sinn. Sie ordnete die Wörter neu.

Anouk Morlot Verhältnis junger Mann Bernhard/Gerold von Hallwyl Bern kind Huldrich/Porträt Drama drei Tod/Kranke liebte kunst Poesie Gedichte/Grab ine Schlossfriedhof/Gedenktafel Kirche Seengen/17 4 6

    Anouk runzelte die Stirn. Sie kannte weder einen Bernhard noch einen Gerold. Und was war mit den Zahlen? Ergaben sie ein Datum? Oder Koordinaten? Sie seufzte, blickte zu dem älteren Herrn hinüber, der sich seine Jacke anzog und aufstand.
    »Entschuldigen Sie bitte. Dürfte ich eventuell das Flugblatt haben, das der Zeitung beigelegt ist?«
    Der Mann hielt in der Bewegung inne, musterte sie kurz und hob die Schultern.
    »Sicher«, sagte er und reichte ihr den Flyer. »Ich hab’s eh nicht so mit dem Theater.« Er lächelte entschuldigend und verabschiedete sich.
    Anouk legte das Blatt neben die Papierschnipsel und vertiefte sich erneut in Huldrich Erismanns Lebenslauf. Die Zahlen passten zu der Zeit, in der er gelebt hatte. Siebzehnhundertsechsundvierzig. Sie rechnete kurz nach. Damals war der Dichter zehn Jahre alt gewesen. War in jenem Jahr etwas Außergewöhnliches passiert? Ob dieser Bernhard sein Vater war? Sein Bruder? Onkel? Oder dieser Gerold? Aber angeblich war Huldrich doch ein Waisenkind gewesen. Auf alle Fälle drehte sich alles um das Schloss. Und um den Tod. Irgendjemand war gestorben. Aber wer?
    Anouk atmete tief durch und lehnte sich zurück. Sie kam nicht weiter und starrte auf die Worte, als könnte sie diese durch bloße Gedankenkraft in die richtige Reihenfolge bringen. Warum war überhaupt ihr Name erschienen? Sie wusste, dass ein Teil ihrer Familie irgendwann aus dem Bistum Basel in den Aargau gezogen war. Nur wann? Vielleicht im achtzehnten Jahrhundert? Ein Frösteln lief ihr über den Rücken. Hatten die unerklärlichen Dinge etwas mit der Familie Morlot zu tun? Sollte sie Tati danach fragen? Oder besser gleich die Chroniken der Gemeinde durchforsten? Zum zweiten Mal seit ihrer Ankunft bereute Anouk, dass sie ihr Laptop nicht mitgenommen hatte. Zwar gab es einen öffentlichen Computer in der Dorfbibliothek, aber seit gestern verspürte sie nur noch wenig Lust, Frau Häusermann um etwas bitten zu müssen. Sie würde einfach Max nochmals bemühen.
    Schloss

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