Die Frau meines Lebens
weiter.
Die kleine
Isabelle bedankte sich. Die große Natalie hieb mir noch mal aufmunternd auf die
Schulter.
»Kopf hoch,
Antoine! Das wird schon. Du weißt doch, wo ein Wille, da ein Weg.«
Sie sah
sehr schön aus mit ihren grünen Augen und der Sonne auf ihrem langen Haar. Ich
hätte mich vielleicht in sie verlieben können, wenn sich nicht das Bild von
Isabelle unauslöschlich in meine Netzhaut eingebrannt hätte.
»Ruf
einfach an, wenn wir dir helfen können. Laß von dir hören, okay?« Sie grinste
und sah mich bedeutungsvoll an. »Die Nummer hast du ja.«
Ich nickte
und schaute den beiden Freundinnen nach, die jetzt lebhaft miteinander redeten.
Natalie
drehte sich noch einmal um. »Hey, Antoine … Antoine!« rief sie fröhlich. »Wir
finden dich nämlich auch sehr nett.«
Ich winkte
ihr zu. Dann waren die beiden verschwunden, und ich war wieder allein.
8
Allmählich
leerte sich das Museum. Im Garten wurde es ruhig. Es war Viertel vor sechs. Ich
trottete mit hängenden Schultern zu den »Bürgern von Calais« und stellte mich
neben die traurige Gruppe, die den Widerstand französischer Bürger gegen die
Ungerechtigkeit der Welt verkörperte.
Der
passende Ort, um die letzten drei Telefonate zu führen, die noch möglich waren,
dachte ich bitter. Es fiel mir schwer, nach diesem riesigen Reinfall einfach so
weiterzumachen. Warum hatte es nicht die richtige Isabelle sein können?
Antoine, jetzt ersauf nicht im Selbstmitleid, sondern
reiß dich zusammen.
Ich blickte
auf. Hatte einer der Bürger zu mir gesprochen?
Mit einem
Seufzer zog ich mein Notizbüchlein hervor. Ich malte langsam die 7 und schrieb
dahinter: Falsche Isabelle/Reinfall«. Dann strich ich die Worte wieder durch
und schrieb »Natalie/nett«.
Als ich
mein Handy in die Hand nahm, sah ich auf dem Display einen Briefumschlag. Ich
hatte eine SMS . Sie war von Nathan.
Konnte dich nicht erreichen. Bleibt's bei heute abend?
Bin um neun im Bilboquet. N.
Ich simste
kurz zurück.
Entweder um neun im Bilboquet oder ich ruf dich an.
Hab was zu erzählen. Antoine.
Immerhin,
ich hatte einen Freund. Der Gedanke, wenigstens Nathan heute noch zu sehen,
tröstete mich. Und wer weiß, ob sich in den nächsten Minuten nicht doch noch
alles zum Guten wenden würde. Beherzt wählte ich die nächste Nummer. Die achte.
Diesmal
ging alles sehr schnell. Eine Automatenstimme von der Telefongesellschaft, die
mir gleichmütig erklärte, daß dieser Anschluß zur Zeit nicht vergeben war. Ce numero n'est pas en service …
Merde! Na gut, das war wenigstens eindeutig.
Ich
unterbrach die Verbindung und machte gleich mit der 9 weiter.
» Allooo? Hier bei Rüdi's, was kann ich
für Sie tun?« säuselte eine männliche Stimme in mein Ohr.
Das war nie
und nimmer der dunkle Hüne aus dem Café de Flore!
»Mit wem
spreche ich denn bitte?« fragte ich verwirrt. War das Isabelles Arbeitsstelle?
»Sie
sprechen mit Rüdi, was kann ich für Sie tun?« fragte die Stimme wieder. Es
klang unbeirrt freundlich und irgendwie … affektiert.
»Also, hier
ist … Antoine …« Im letzten Moment entschied ich mich, das »Bellier«
wegzulassen. Nachnamen spielten offenbar sowieso keine Rolle.
»Kann ich …«
Ich beschloß direkt aufs Ganze zu gehen. »Ist Isabelle zu sprechen?«
»Ooooh«,
Rüdis Stimme klang besorgt. »Isabelle arbeitet leider nicht mehr bei uns.«
»So ein
Mist«, entfuhr es mir. »Sagen Sie …«
»Moment,
Moment! Lassen Sie mich sehen …«
Ich hörte,
wie irgendwelche Seiten umgeblättert wurden, und hoffte, daß Rüdi nach
Isabelles Privatnummer suchte.
»Aaah … parfait «, säuselte es jetzt in mein Ohr.
Offenbar hatte Rüdi die Nummer gefunden.
»Hören Sie,
Monsieur Antoine, warum versuchen Sie es nicht mit Marianne? Die kann ich auch
sehr empfehlen. Und sie hätte in der
nächsten Woche noch Termine frei«, setzte er triumphierend hinzu.
Mir
verschlug es die Sprache! Was für ein Etablissement war das ? Etwa ein »Massage«-Salon? Grüße aus dem Moulin Rouge?
Plötzlich sah ich halbnackte Blondinen vor mir, die sich auf Eisbärenfellen
räkelten, ihre großen Brüste mit den Händen zusammenquetschten und mir ihr
»Ruf-mich-an!« entgegenstöhnten. War die Frau meines Lebens am Ende so eine?
Nein, ausgeschlossen! Und doch …
Plötzlich
nagte an mir der Zweifel. War es nicht sehr ungewöhnlich, daß Isabelle mir,
einem Fremden, einfach so ihre Telefonnummer und ihren Namen gegeben hatte?
Ohne ein Wort. Heimlich. Hinter dem Rücken
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