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Die Frau mit dem Muttermal - Roman

Die Frau mit dem Muttermal - Roman

Titel: Die Frau mit dem Muttermal - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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klingelte das Telefon.
    Es war die Polizei. Eine Sekunde lang ließ ihn diese Tatsache fast die letzte Fassung verlieren. Er war kurz davor, alles auszuspucken, doch dann wurde ihm schnell klar, dass er die erhoffte Nachricht natürlich auf diese Weise erfahren würde. Wenn die Frau wirklich draußen in Saaren erschossen worden war und es auch nur die geringste Anknüpfung zu den früheren Morden gab, dann musste die Polizei derart reagieren.
    Alle einunddreißig aufsuchen und versuchen herauszubekommen, ob sie irgendetwas wussten.
    Diese Einsichten kamen ihm noch während des Gesprächs, und als er hinterher dasaß und wartete, war er sicher, sich in keiner Weise am Telefon verplappert zu haben.
    Er hatte nur eine gewisse Überraschung gezeigt. Was konnte die Polizei für Gründe haben, ihn noch einmal aufzusuchen? Ach so, ein paar Routinefragen. Na gut.
    Aber während er wartete, tauchte auch die zweite denkbare Lösung vor seinem inneren Auge auf.
    Es hieß ja nicht automatisch, dass Biedersen die Frau getötet hatte.
    Wenn es stattdessen umgekehrt war – wenn Biedersen das Opfer war –, ja, dann war ein Polizeibesuch natürlich sehr begründet. Fraglos begründet. Er spürte, wie sich etwas in ihm zusammenzog.
    Und als er kurze Zeit später der weiblichen Kriminalassistentin die Tür öffnete, war er sich ziemlich sicher, den Grund zu wissen, warum Biedersen nichts von sich hatte hören lassen.
    Nur den Schein wahren, dachte er. Ganz gleich, was auch passiert ist, ich muss den Schein wahren.

    Das erschien ihm wie der letzte Strohhalm, an den er sich klammern konnte. Ein dünner, ausgelutschter Strohhalm, aber ihm war klar, dass dies seine einzige Chance war.
    Sie setzte sich aufs Sofa und wartete geduldig mit ihrem Notizblock, bis er mit Tee und Keksen wieder auftauchte. Es sah nicht so aus, als habe sie schreckliche Unglücksmeldungen zu überbringen, und er beruhigte sich ein bisschen.
    »Bitteschön.«
    Er sank auf dem Sessel ihr gegenüber nieder.
    »Danke. Ja, es gibt da also noch ein paar Fragen, auf die ich gerne eine Antwort hätte.«
    »Ist was passiert?«
    »Warum fragen Sie?«
    Er zuckte mit den Schultern. Sie holte ein Aufnahmegerät aus ihrer Tasche.
    »Soll das aufgenommen werden?«, fragte er unruhig. »Das ist letztes Mal nicht gemacht worden.«
    »Wir arbeiten unterschiedlich«, sagte sie und lachte. »Sind Sie bereit?«
    Er nickte.
    »Gut«, sagte sie und ließ das Band laufen. »Erkennen Sie diese Musik?«

VII
15. – 23. Februar

    25
    Wenn es etwas gab, was Hauptkommissar Van Veeteren verabscheute, dann waren es Pressekonferenzen. Er hatte das Gefühl, auf der Anklagebank zu sitzen, und die Verteidigung, die man meistens zu bieten hatte, erinnerte zweifellos an die Ausflüchte und zweifelhaften Finten eines Schuldigen. Dieses Mal war das Konferenzzimmer im Erdgeschoss bis zum Bersten mit Journalisten und Fotografen voll. Van Veeteren hatte sich mit Hiller hinter einen länglichen Kunststofftisch gepresst, der vollbepackt war mit Mikrofonen, Kabeln und den obligatorischen Selterflaschen, die aus irgendeinem unerfindlichen Grund jede gefilmte Äußerung der Polizeileitung begleiteten – Reinhart pflegte zu behaupten, dass es sich um eine Art Sponsoring handle, und es war nicht zu leugnen, dass er auch in diesem Fall recht haben könnte.
    Reinhart hatte oft recht.
    Dahingegen war die Unterstützung, die Van Veeteren von seiten des Polizeipräsidenten bekam, äußerst mager bemessen. Als die Fragen auf sie niederprasselten, begnügte dieser sich wie üblich damit, sich zurückzulehnen, die Arme vor der Brust zu kreuzen und einen sphinxartigen Gesichtsausdruck aufzulegen. Alle Antworten überließ er gnädig dem Hauptkommissar, der – wie Hiller betonte – derjenige war, der die Ermittlungen leitete und für sie verantwortlich war.
    Nur die einleitenden Informationen lieferte Hiller selbst. Dabei saß er aufrecht in seinem mitternachtsblauen Anzug da
und unterstrich mit seinem silbernen Ballpen jede Aussage, indem er nachdrücklich auf die Tischscheibe klopfte.
    »Der Ermordete ist ein gewisser Karel Innings«, erklärte er. »Soweit wir in Erfahrung bringen konnten, ist er bei sich zu Hause in Loewingen gestern, am Mittwoch, irgendwann zwischen halb eins und halb zwei erschossen worden. Innings war zu dieser Zeit allein zu Hause. Er war zufällig auf Grund von Magenproblemen krankgemeldet, und wir haben bis jetzt noch keine heiße Spur von dem Täter. Das Opfer ist von insgesamt fünf

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