Die Frau mit dem Muttermal - Roman
trank etwas Wasser.
»Wie viele Polizisten sind im Augenblick für diesen Fall abgestellt?« , fragte Würgner vom Neuwe Blatt.
»Alle, die zur Verfügung stehen.«
»Und wie viele sind das?«
Van Veeteren rechnete nach.
»So um die dreißig. Auf den verschiedenen Ebenen.«
»Wann, denken Sie, werden Sie ein Ergebnis vorweisen können?«
Van Veeteren zuckte mit den Schultern.
»Das kann ich nicht sagen.«
»Hat es was mit dem Militär zu tun? Es deutet doch alles darauf hin.«
»Nein, das denke ich nicht«, antwortete Van Veeteren, nachdem er einen Augenblick lang darüber nachgedacht hatte.
Ein älterer, ungewöhnlich langsamer Redakteur, der für das Fernsehen berichtete, hatte schon eine Zeit lang mit seinem Stift gewedelt, jetzt gelang es ihm endlich, zu Wort zu kommen.
»Wie sollen wir Ihnen eigentlich helfen? Mit der Veröffentlichung von Fotos?«
Van Veeteren nickte.
»Ja«, sagte er. »Wir möchten, dass Sie das Foto und die Namen aller Männer dieser Gruppe veröffentlichen und dass Sie über die Telefonanrufe berichten. Fordern Sie die Bevölkerung zur Mithilfe auf.«
»Warum haben Sie das mit der Musik am Telefon nicht früher bekannt gegeben? Sie müssen das doch bereits nach dem zweiten Mord gewusst haben.«
»Da war es noch nicht sicher«, erklärte Van Veeteren mit einem Seufzer. »Da war es erst eine Vermutung.«
»Aber jetzt ist es sicher?«
»Ja.«
Ein hünenhafter Mann mit langem, grauem Bart, der für den Telegraaf arbeitete, erhob sich ganz hinten im Saal und dröhnte mit Donnerstimme:
»Also! Die Befragungen von Innings’ Angehörigen! Welches Resultat haben die gebracht?«
»Die sind noch nicht abgeschlossen«, sagte Van Veeteren. »Sie werden morgen alle Details erfahren.«
»Ergebensten Dank«, dröhnte er. »Und was denken Sie, wann wir das nächste Opfer haben werden?«
Van Veeteren putzte sich erneut die Nase. »Unser Ziel ist es, den Täter vorher zu fassen«, erklärte er dann.
»Ausgezeichnet«, meinte der Journalist. »Aber es bleibt festzustellen, dass die Polizei es nicht so schrecklich eilig damit gehabt hat. Diese Informationen hier sind doch mindestens vier, fünf Tage alt … vielleicht schon eine ganze Woche.«
Er setzte sich, und hier und da war in der Versammlung zustimmendes Gelächter zu hören.
»Wenn ich es recht verstanden habe«, sagte eine schicke Frau, die wohl für das Fernsehen berichtete, »dann werden Sie also allen anderen aus dieser Gruppe eine Art Personenschutz gewähren … während gleichzeitig einer von ihnen der Mörder sein kann. Wird das nicht eine ziemlich verzwickte Aufgabe?«
»Kaum«, erwiderte Van Veeteren. »Ich verspreche Ihnen, dass wir sofort aufhören, den Mörder vor sich selbst zu schützen, sobald wir wissen, wer es ist.«
»Haben Sie ein Täterprofil erstellt?«, wurde aus den hinteren Reihen gerufen.
»Ich erstelle immer ein Täterprofil«, erläuterte Van Veeteren. »Aber ich möchte darüber nicht sprechen.«
»Und warum nicht?«, wunderte sich jemand.
Der Hauptkommissar zuckte mit den Schultern.
»Das kann ich nicht genau sagen. Ich denke, ich gehe da von der altmodischen Auffassung aus, dass das, was in den Zeitungen steht, den Tatsachen entsprechen sollte. Theorien haben ihren Platz in meinem Kopf. Zumindest meine Theorien. Noch weitere Fragen?«
»Wie lange ist es her, dass ein Fall ungeklärt blieb?«
»Ungefähr acht Jahre.«
»Der Fall G.?«
»Ja, Sie scheinen ihn ja zu kennen … wie Sie sicher selbst bemerkt haben, beginnt das Frageniveau allmählich zu sinken. Ich glaube, es ist an der Zeit, hier abzubrechen.«
»Was, zum Teufel?«, platzte der Rothaarige heraus.
»Genau«, erwiderte Van Veeteren und stand auf.
»Das ist ja wohl unglaublich!«, meinte Reinhart, als er, Münster und Van Veeteren sich zehn Minuten später im Zimmer des Hauptkommissars trafen. »Der Mörder ruft an, wird hereingelassen, setzt sich aufs Sofa und trinkt Tee. Dann holt er die Pistole heraus und erschießt ihn. Unglaublich!«
»Und geht einfach weg«, fügte Münster hinzu.
»Schlussfolgerung?«, kommandierte Van Veeteren.
»Er kannte ihn«, erklärte Münster.
»Oder sie«, sagte Reinhart.
»Du meinst, der Schuss in die Eier deutet darauf hin?«
»Ja«, sagte Reinhart. »Das meine ich.«
»Wird auch nicht weniger unglaublich, wenn es sich um eine Frau handelt«, sagte Münster.
Es klopfte an der Tür, und Heinemann kam herein.
»Was macht ihr?«, fragte er und setzte sich leise in die
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