Die Frau mit dem Muttermal - Roman
noch die eine oder andere auftauchen, aber wir können sicher davon ausgehen, dass sie einen falschen Namen benutzt hat.«
»Hat die Vermieterin denn nicht überprüft, was für Mieter sie aufnimmt?«, fragte Rooth.
»Frau Klausner glaubt an das Gute im Menschen«, erklärte Reinhart. »Sie weiß nicht, wer ihre Mieterin war, nicht, woher sie kam … gar nichts. Das Gute zeigt sich darin, dass man die Miete im Voraus bezahlt.«
»Der Spurendienst hat das Zimmer mit der Lupe untersucht«, sagte Münster, »wir können also damit rechnen, dass wir zumindest ihre Fingerabdrücke kriegen. Wenn es sie im Strafregister gibt, können wir sie identifizieren.«
»Sie ist einfach so abgehauen?«, fragte Heinemann und hielt seine Brille gegen das Licht, um zu kontrollieren, ob sie gut genug geputzt war.
»Ja«, bestätigte der Hauptkommissar. »Das ist ja die Scheiße. Hätte die junge Frau schon gestern angerufen, hätten wir sie jetzt haben können.«
»Typisch«, erklärte Rooth. »Und wie sieht sie aus?«
Reinhart seufzte.
»Dieser blöde Zeichner sitzt in meinem Zimmer mit Frau Klausner, der jungen Frau, die angerufen hat, und noch einer anderen Mieterin. Er ist jetzt schon über eine Stunde dabei, aber er sagt, es dauert noch etwas …«
»Ein Phantombild?«, fragte deBries. »Gibt es kein Foto?«
»Nein«, antwortete Münster. »Aber man wird es kaum Phantombild nennen können. Sie haben sie ja jeden Tag gesehen, mehr oder weniger … über einen Monat lang. Das wird exakt wie ein Foto werden.«
»Und es wird morgen früh in jeder beschissenen Zeitung zu sehen sein«, knurrte Reinhart.
»Hmm«, überlegte Heinemann. »Und wenn sie es nun nicht ist. Es kann ja eine Frau sein, die einfach nur ihrem Mann davongelaufen ist … oder so. Soweit ich verstanden habe, haben wir nichts Handfestes.«
Van Veeteren putzte sich ausgiebig und vernehmlich die Nase. »Scheißerkältung«, sagte er. »Ja, du hast natürlich recht. Aber wir lassen es darauf ankommen. Außerdem habe ich das Gefühl, dass sie es ist.«
»Und wenn sie unschuldig ist, wird sie auf jeden Fall von sich hören lassen«, sagte Reinhart.
»Umgekehrt auch«, fiel deBries ein. »Wenn keiner von sich hören lässt, können wir sicher davon ausgehen, dass sie es ist.«
»Wir müssen wohl damit rechnen, dass sie ihr Aussehen ein wenig verändert«, überlegte Münster.
»Das stimmt«, sagte Van Veeteren.
Eine Weile blieb es still.
»Ich möchte wissen, wohin sie abgehauen ist«, sagte Rooth.
»Und warum?«, fügte Reinhart hinzu. »Das ist eine verdammt wichtige Frage. Warum hat sie sich gerade jetzt davongemacht?«
»Einen Tag, bevor wir den Tipp bekamen«, sagte Münster.
»Merkwürdig«, sagte Rooth. »Obwohl es ja sein kann, dass ihr Auftrag fertig ist.«
»Nicht unmöglich«, sagte Van Veeteren und betrachtete einen zerkauten Zahnstocher. »Sie wollte die drei umbringen, und das hat sie jetzt gemacht.«
»Habt ihr ihr Alibi überprüft?«, fragte Rooth. »Ich meine, dass sie keins hat. Ob sie wirklich zu den drei Zeitpunkten fort war …«
»Wir haben angefangen«, sagte Van Veeteren. »Wir lassen den Zeichner erst fertig werden, dann nehmen wir uns die Damen wieder vor. Obwohl ich nicht glaube, dass sie uns helfen können. Die Mieterinnen hatten untereinander kaum Kontakt, und die Vermieterin liest zwei Romane am Tag … es wäre reiner Zufall, wenn sie zum richtigen Zeitpunkt mit ihr zusammengestoßen wären … oder besser gesagt, zum falschen.«
»Ich verstehe«, sagte Rooth.
»Ist dieser Zeichner nicht bald fertig?«, fragte Reinhart. »Das kann doch nicht den halben Tag dauern, so ein Gesicht zusammenzuschustern. Gibt es noch Kaffee?«
»Rooth«, sagte der Hauptkommissar, »guck mal nach, wie es läuft. Sag ihm, dass er bald fertig sein muss, wenn wir es noch in die Zeitung bringen wollen.«
»Okay«, sagte Rooth und stand auf. »Wanted. Dead or alive.«
»Alive«, sagte der Hauptkommissar.
»Das waren alle«, sagte Jung und schaute auf seine Liste. »Oder was meinst du?«
»Wir können nur noch auf Klumms Keller hoffen«, erklärte Moreno. »Wenn es der nicht ist, muss er nach Maardam gefahren sein.«
»Scheiße«, sagte Jung. »Wie viele Kneipen gibt es in dieser Stadt? Zweihundert?«
»Wenn man Pubs und Cafés hinzuzählt, doppelt so viele«, antwortete Moreno. »Toller Auftrag. Und wunderbar, dass wir vorher auch noch mit allen seinen Arbeitskollegen reden durften, nicht wahr? Warum bist du Polizist
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