Die Frau mit dem Muttermal - Roman
sagte Van Veeteren. »Es wäre nett, wenn Sie ein bisschen lauter reden könnten, die Verbindung ist nicht besonders gut.«
»Irland«, erklärte Melgarves. »Die Steuern sind in Ordnung. Alles andere nicht.«
»Ich verstehe«, sagte Van Veeteren und verzog das Gesicht.
»Also, da war eine Sache … ich habe ja Ihren Brief und die Informationen von Ihnen bekommen. Und ich habe mit jemandem am Telefon gesprochen … von daher weiß ich in etwa, was passiert ist, trotz der Entfernung. Meine Schwester hat mir außerdem einige Ausschnitte und Zeitungen geschickt … und ja, wenn ich Ihnen also irgendwie helfen kann, dann möchte ich das natürlich gern tun. Das ist ja eine schreckliche Geschichte …«
»Zweifellos«, bestätigte Van Veeteren.
»Was mir eingefallen ist«, fuhr Melgarves fort, »das ist zwar nur eine Kleinigkeit, aber es ist etwas, in das Malik, Maasleitner und auch Innings verwickelt waren. Es kann natürlich vollkommen bedeutungslos sein, aber Sie haben ja Probleme, eine Verbindung zwischen den dreien zu finden, wenn ich es richtig verstanden habe.«
»Wir haben diverse Probleme«, gab Van Veeteren zu.
»Also, das war in Verbindung mit unserem Abschlussfest«, erklärte Melgarves.
»Dem Abschlussfest?«
»Ja, wir hatten in der Stadt ein großes Abschiedsfest … in Arno’s Keller, ich glaube, den gibt es gar nicht mehr …«
»Nein, der ist weg«, bestätigte Van Veeteren.
»… zwei Tage, bevor unsere Dienstzeit beendet war. Ja, das war also so eine Veranstaltung, an der alle teilnahmen … auch einige der Offiziere und der Lehrer. Keine Frauen, nur Männer, wir hatten das ganze Lokal gemietet, und … ja, es wurde natürlich so einiges getrunken.«
»Die Verbindung?«, fragte der Kommissar.
Melgarves räusperte sich.
»Ja, ich komme ja dazu. Wir haben bis weit in die Nacht gefeiert … bis zwei, halb drei, denke ich, und viele waren reichlich betrunken … einige klappten total zusammen. Ich war auch nicht mehr ganz nüchtern, aber so war dieser Abend nun einmal, nicht wahr? Es war auch erlaubt … wir hatten erst am nächsten Nachmittag wieder Dienst, und … tja, zwei Tage vor der Heimreise, und da kam eins zum anderen …«
»Ich verstehe«, sagte Van Veeteren mit einer Spur von Irritation in der Stimme. »Könnten Sie jetzt dazu kommen, was Sie mir sagen wollten, Herr Melgarves?«
»Es war danach«, fuhr Melgarves fort. »Da habe ich sie gesehen … wir, die bis zum Schluss geblieben waren, zogen von Arno’s noch in die Stadt. Wir gingen in Grüppchen und grölten herum … ziemlich laut, fürchte ich … wir waren auf dem Weg nach Löhr, und da stieß ich auf sie. Ich war in einen Hinterhof
gegangen, um Wasser abzuschlagen, und als ich fertig war, lief ich ihnen direkt in die Arme. Sie standen in einem Hauseingang und hatten ein Mädchen bei sich … sicher nicht älter als siebzehn, achtzehn, denke ich, und sie bedrängten sie ziemlich heftig.«
»Bedrängten sie? Was meinen Sie damit?«
»Nun ja, sie versuchten ganz einfach, sie zu überreden.«
»Und wozu?«
»Na, das können Sie sich doch denken.«
»Schon möglich. Und weiter?«
»Sie standen da also so um sie herum … ziemlich eng, und ich nehme an, dass das Mädchen nicht besonders interessiert war, oder wie man das sagen soll. Sie redeten, lachten und weigerten sich jedenfalls, sie gehen zu lassen.«
»Sie wollte also weg?«
Melgarves überlegte.
»Ich weiß nicht. Ich denke schon, kann mich aber nicht mehr erinnern. Ich habe natürlich darüber nachgedacht, aber ich stand da nur ein paar Sekunden, dann bin ich hinter den anderen hergelaufen. Jedenfalls können sie keine angenehme Gesellschaft mehr gewesen sein.«
Van Veeteren überlegte.
»Und es war keine Prostituierte?«, fragte er.
»Vielleicht, vielleicht auch nicht«, antwortete Melgarves.
»Wieso fällt Ihnen das nach mehr als dreißig Jahren ein?«
»Ich kann gut verstehen, dass Sie das fragen. Vermutlich, weil da am nächsten Tag noch was war.«
»Am nächsten Tag? Was war da?«
»Als ob etwas passiert war. Eigentlich kannte ich nur Innings etwas genauer, und er war in diesen letzten beiden Tagen nicht wie sonst. Nicht er selbst, irgendwie … als ob er uns auswich. Ich glaube, ich habe ihn sogar gefragt, wie es mit dem Mädchen gelaufen ist, aber er hat nicht geantwortet.«
»Und was denken Sie, was passiert ist?«
»Ich weiß es nicht«, entgegnete Melgarves. »Wir sind ja am
Tag danach ausgerückt, deshalb gab es genügend
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