Die Frau mit dem roten Herzen
zu fahnden ist wie die sprichwörtliche Suche nach der Nadel im Heuhaufen.«
»Sie tun Ihr Bestes, Oberinspektor.« Li goß ihm eine Schale Jasmintee ein. »Und wie findet sich Inspektor Rohn in Shanghai zurecht?«
»Ganz gut offenbar. Sie scheint sehr kooperativ zu sein.«
»Sie werden schon richtig mit ihr umzugehen wissen, Oberinspektor Chen. Gibt es neue Hinweise?«
»Ja, Hauptwachtmeister Yu hat etwas gefunden. Wen hat am fünften April einen Anruf von Feng erhalten und sich daraufhin versteckt.«
»Das ist allerdings interessant. Ein wichtiger Hinweis. Ich werde gleich die Genossen in Peking davon unterrichten.« Li machte keinen Hehl aus seiner Erregung. »Sie haben hervorragende Arbeit geleistet.«
»Wieso denn?« fragte Chen erstaunt. »Ich habe doch gar nichts getan?«
»Es war die Fahrlässigkeit der Amerikaner, die Wens Verschwinden verursacht hat. Sie hätten verhindern müssen, daß jemand an Feng herankam und ihm drohte. Sie hätten nicht zulassen dürfen, daß Feng mit seiner Frau Kontakt aufnahm«, sagte Li und rieb sich die Hände. »Die Amerikaner sind schuld. So ist das.«
»Nun, über die Schuldfrage habe ich mit Inspektor Rohn noch nicht gesprochen. Sie sagte, die U.S. Marshals würden der Sache nachgehen.«
»Ja, das sollten sie. Die Triaden müssen von Fengs geplanter Zeugenaussage erfahren und seinen Aufenthaltsort herausgefunden haben. Es muß also eine undichte Stelle auf der amerikanischen Seite geben.«
»Schon möglich«, erwiderte Chen. Er mußte an das denken, was Yu ihm über die unbefriedigende Arbeitsweise der Kollegen in Fujian erzählt hatte. »Sie könnte aber auch auf unserer Seite sein.«
»Nun ja. Hat Inspektor Rohn noch weitere Informationen für uns?«
»Die Amerikaner wollen das Gerichtsverfahren wie geplant durchziehen. Sie sind beunruhigt, weil es bei uns nicht vorangeht.«
»Und was hört man aus Fujian?«
»Nichts Neues. Hauptwachtmeister Yu hat es dort nicht gerade einfach. Die Fliegenden Äxte scheinen sehr populär zu sein; die örtliche Polizei ist ihnen kaum gewachsen. Sie haben keinerlei Anhaltspunkte und scheinen auch nicht willens, etwas gegen die Gangster zu unternehmen. Yu bleibt nichts anderes übrig, als von Tür zu Tür zu gehen und sich eine Abfuhr nach der anderen zu holen.«
»Ja, die Triaden haben dort Tradition. Sie hatten recht, Hauptwachtmeister Yu hinzuschicken.«
»Was meine Arbeit hier betrifft, so werde ich einige von Wens möglichen Kontaktpersonen befragen. Inspektor Rohn würde mich dabei gern begleiten«, sagte Chen. »Was halten Sie davon, Parteisekretär Li?«
»Ich finde nicht, daß das zu ihren Aufgaben gehört.«
»Sie sagt, sie hat die Zustimmung ihrer Dienststelle.«
»Wen ist chinesische Staatsbürgerin«, sagte Li mit Bedacht.
»Daher muß sich die chinesische Polizei um sie kümmern. Ich sehe keine Notwendigkeit, daß sich eine amerikanische Beamtin in unsere Ermittlungen einschaltet.«
»Das kann ich ihr natürlich sagen, aber die Amerikaner könnten vermuten, daß wir uns bedeckt halten wollen. Es würde nur zusätzliche Spannungen hervorrufen, wenn wir sie aus unseren Ermittlungen herauszuhalten versuchen.«
»Die Amerikaner sind grundsätzlich mißtrauisch; sie führen sich auf, als wären sie die Weltpolizei.«
»Stimmt schon, aber wenn wir ihr hier nichts zu tun geben, dann wird Inspektor Rohn nach Fujian fahren wollen.«
»Hmm, da mögen Sie recht haben. Könnte nicht Qian die Leute befragen, während Sie die Amerikanerin mit einem Touristenprogramm bei Laune halten?«
»Dann wird sie darauf bestehen, Qian zu begleiten«, sagte Chen und fügte hinzu, »und der kann kein Englisch.«
»Na ja, vermutlich kann sie nicht viel Schaden anrichten, wenn sie zu den Vernehmungen mit ein paar gewöhnlichen Shanghaiern mitgeht. Aber ich muß wohl nicht wiederholen, daß die Sicherheit von Inspektor Rohn Ihr wichtigstes Anliegen zu sein hat.«
»Dann sind Sie also einverstanden, daß sie mit mir arbeitet?«
»Sie sind derjenige, der diesen Fall leitet, das habe ich Ihnen doch schon oft genug gesagt.«
»Vielen Dank, Parteisekretär Li.« Nach einer kurzen Pause fuhr Chen fort: »Und jetzt zu dem anderen Fall, dem Mord im Bund-Park. Ich wollte dazu einige unserer Triaden-Kontakte aktivieren. Die könnten obendrein wissen, ob Wen sich in Shanghai aufhält.«
»Das halte ich für unklug. Wenn Sie hier Fragen stellen, werden die Fliegenden Äxte sofort Wind davon bekommen. Sie würden nur schlafende Hunde
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