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Die Frau mit dem roten Herzen

Die Frau mit dem roten Herzen

Titel: Die Frau mit dem roten Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Qiu Xiaolong
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es nicht. Alles ist außer Kontrolle geraten.« Ärgerlich kaute der alte Mann mit seinen vom Tee verfärbten Zähnen auf einem Blatt herum. »Und was ist mit dieser Leiche im Bund-Park? Das ist doch ungewöhnlich. Wenn so was in den Küstengebieten nahe Hongkong passiert oder in der Provinz Yunnan, wo Drogen über die Grenze geschmuggelt werden, würde mich das nicht wundern. Weil Präsident Jiang früher mal Bürgermeister von Shanghai war, haben sich die Banden bisher immer zurückgehalten. Sie wollen dem Tiger nicht die Schnurrhaare zwirbeln. Vor dieser Sache kann ich mich an keinen offenkundigen Triaden-Mord in der Stadt erinnern.«
    »Vielleicht waren Geheimgesellschaften von außerhalb am Werk.« Chen nickte und sog wieder an seinem Tee. »Vielleicht wollten sie den Leuten hier eine Botschaft übermitteln.«
    »Deshalb schlage ich vor, daß Sie die Geschichte in der Zeitung entsprechend darstellen. Geben Sie ein paar gruselige Details von Axtwunden oder ähnlichem an die Öffentlichkeit. Dann sehen wir ja, ob die Schlange aus ihrer Höhle kriecht.«
    »Das ist eine gute Idee.«
    »Wenn Sie sich mit diesen Gangstern einlassen, dann können Sie das nicht ausschließlich auf dem geraden Weg tun, Oberinspektor Chen. In solchen Angelegenheiten muß man flexibel sein. Sie müssen sich Hilfe holen, wo immer Sie welche kriegen können. Zum Beispiel von jemandem, der sowohl mit dem geraden wie mit dem krummen Weg vertraut ist und der Kontakte zur Straße hat.«
    Chen entging nicht, daß der Alte ihm seine Hilfe anbot. Der pensionierte Wachtmeister war ein erfahrener Polizist mit guten Verbindungen. »Da bin ich völlig Ihrer Meinung. Um ehrlich zu sein, wollte ich Sie um Unterstützung bitten, Onkel Yu.«
    »Was immer ich für Sie tun kann, Oberinspektor Chen.«
    »Ich habe momentan zwei Fälle gleichzeitig zu bearbeiten. Sie haben nichts miteinander zu tun, könnten uns aber sowohl auf den geraden wie auf den krummen Weg führen. Ich habe meine Zweifel, ob Qian Juns Erfahrung für so etwas ausreicht. Und Parteisekretär Li, das wissen Sie ja, möchte aus zweifellos politisch korrekten Gründen nicht in solche Dinge hineingezogen werden.«
    »Erzählen Sie mir die Einzelheiten, und vergessen Sie Parteisekretär Li.«
    »Zunächst zur Leiche im Bund-Park. Wir konnten sie bislang nicht identifizieren, aber der vorläufige Bericht von Doktor Xia bestätigt unsere Vermutungen.« Er reichte dem Alten Jäger eine Kopie des Berichts. »Er wurde ermordet, kurz nachdem er mit jemandem Geschlechtsverkehr gehabt hatte; er trug noch seinen Schlafanzug. Also wurde er zu Hause oder in einem Hotel ermordet. Wenn es in einem Hotel passierte, dann vermutlich nicht in einem der staatlich geführten Fünf-Sterne-Häuser. Die hätten uns mit Sicherheit benachrichtigt. Aber es gibt endlos viele private Hotels, Massagesalons und dergleichen.«
    »Und die illegalen Bordelle, Oberinspektor Chen. Diese Etablissements werden Sie in den Akten des Präsidiums nicht finden.«
    »Zweitens ist da der Fall Wen Liping. Yu ermittelt in Fujian. Als ehemalige gebildete Jugendliche aus Shanghai könnte sie aber auch in die Stadt zurückgekehrt sein.« Er zeigte dem Alten ein Foto von Wen. »Falls sie nicht bei Verwandten untergekommen ist, würde wohl auch sie in einem dieser billigen Privathotels ohne Lizenz absteigen.«
    »Gut, ich werde in den entsprechenden Häusern nachfragen. Ich bin zwar alt, aber völlig nutzlos bin ich noch nicht.« Dann wurde der alte Mann ernst. »Unterschätzen Sie diese Banditen nicht. Die können einem auf den Fersen sein wie böse Geister im Dunkeln, und sie schlagen zu, wenn man es am wenigsten erwartet. Letztes Jahr ist ein alter Kollege von mir während einer Triaden-Ermittlung plötzlich verschwunden. Seine Leiche wurde nie gefunden.«
    »Tut mir leid, daß ich Sie da hineinziehe, Onkel Yu.«
    »Sagen Sie das nicht, Oberinspektor Chen. Ich freue mich, wenn ich mich nützlich machen kann. Ein Sack alter Knochen hat nichts zu befürchten. Was immer passiert, in meinem Alter ist das keine schlechte Alternative. Aber Sie sind jung und haben noch vieles vor sich. Mit den Triaden kann man nicht vorsichtig genug sein.«
    »Danke, ich werde aufpassen.«
    Nachdem er sich vor dem Mondbrise vom Alten Jäger verabschiedet hatte, rief Chen Inspektor Rohn an. »Morgen früh werden wir Wens älteren Bruder Wen Lihua befragen.«
    »Dann ist die Antwort also ein klares Ja?«
    »Laut Konfuzius hat ein Mann kein Standvermögen, wenn er

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