Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Frau mit dem roten Herzen

Die Frau mit dem roten Herzen

Titel: Die Frau mit dem roten Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Qiu Xiaolong
Vom Netzwerk:
sich’s anders überlegt, aber so einfach kommt sie nicht davon.‹«
    »Was meinte er mit »sie hat sich’s anders überlegt‹?«
    »Sie wartete doch auf ihren Paß, ist aber dann in letzter Minute ausgebüchst. Das wird er wohl gemeint haben.«
    »Und was werden die jetzt tun?«
    »Feng macht sich Sorgen um das Baby in ihrem Bauch. Wenn sie sie schnappen, wird er den Mund halten. Deshalb sind sie hinter ihr her.«
    »Jetzt sind schon fast zehn Tage vergangen, die dürften inzwischen wirklich nervös geworden sein.«
    »Das können Sie laut sagen. Sie haben auch schon Goldäxte losgeschickt.«
    »Was sind Goldäxte?«
    »Der Gründervater der Fliegenden Äxte ließ fünf goldene Äxte mit folgender Inschrift herstellen: ›Wenn Ihr diese goldene Axt seht, dann seht Ihr mich.‹ Wenn eine andere Organisation eine Bitte erfüllt, die mit einer Goldaxt in der Hand vorgebracht wurde, dann hat sie ihrerseits etwas bei uns gut.«
    »Dann sind inzwischen auch Organisationen außerhalb Fujians in die Suche nach Wen einbezogen?«
    »Ding hat jemanden in Shanghai erwähnt. Sie werden alles tun, um Wen vor der Polizei zu finden.«
    Das versetzte Hauptwachtmeister Yu in Sorge – um Oberinspektor Chen und seine amerikanische Kollegin ebenso wie um Wen. »Was hat er noch erzählt?«
    »Ich glaube, das war alles. Ich habe Ihnen alles gesagt, was ich weiß, und jedes Wort davon ist wahr.«
    »Nun, das werden wir herausfinden«, sagte Yu, der ihm glaubte. »Noch eine Sache: Geben Sie mir die Adresse der Prostituierten Tong.«
    Zheng schrieb etwas auf ein Stück Papier. »Keiner wird von Ihrem Besuch hier erfahren?«
    »Keiner. Seien Sie unbesorgt.« Yu stand von dem Spieltisch auf und schrieb Zheng seine Handy-Nummer auf eine Visitenkarte. »Falls Sie noch etwas hören sollten, rufen Sie mich an.«
    Er verließ das Badehaus wie ein zufriedener Gast, und seine Gastgeber geleiteten ihn zur Tür.
    Als er sich am Ausgang des Dorfes noch einmal umdrehte, standen Zheng und Shou noch immer im Türrahmen. Sein Arm war um ihre Taille gelegt, und sie sahen aus wie Krebse, die man auf dem Markt mit Stroh zusammenbindet. Vielleicht hatten die beiden wirklich etwas füreinander übrig.
     

23
     
    O BERINSPEKTOR C HEN erwachte am Sonntag morgen mit einem schrecklichen Kater. Schuld daran war der Besuch im Karaoke-Club am Abend zuvor.
    Vage erinnerte er sich an eine Szene aus seinem rasch entschwindenden Traum. Er saß in einem Schnellzug, aber sein Zielort stand nicht auf der gelochten Fahrkarte. Die Reise war endlos und langweilig. Es gab nichts zu tun, außer in den immergleichen Gang zu starren, auf dem die unterschiedlichsten Fußpaare unterwegs waren – in Strohsandalen, in glänzenden Stiefeln, in Lederslippern und modischen Pantoffeln. Dann wandte er sich seinem Spiegelbild im Fenster zu und bemerkte eine Fliege, die um einen Fleck nahe dem Rahmen kreiste. Sobald er genervt die Hand hob, flog sie weg, kehrte aber sofort wieder brummend zu ihrem alten Platz zurück. Er konnte nicht sehen, was das Insekt dort so anzog. Der Zug bewegte sich vorwärts und schien doch stillzustehen …
    Und er fragte sich, während Licht durch die Jalousien flutete: Ist es Oberinspektor Chen, der träumt, eine Fliege zu sein, oder eine Fliege, die träumt, sie sei ein Polizist?
    Dann erinnerte er sich an Bruchstücke der gestri gen Party. Was unterschied ihn von den anderen kor rupten Kollegen? Immerhin konnte er sich sagen, daß er den Club im dienstlichen Interesse aufgesucht hat te.
    Er hatte sich geschworen, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um diesen Banditen eine schwere Niederlage zuzufügen. Allerdings hätte er nicht gedacht, daß er sich würde herablassen müssen, mit einem Ehrenmitglied der Blauen Bruderschaft zu trinken.
    Und dann waren da noch Lis Kontakte. Li hatte ihn womöglich nicht umfassend über die laufenden Ermittlungen informiert. Daß Minister Huang ihn für diesen Fall empfohlen und sogar bei ihm zu Hause angerufen hatte, ließ tief blicken. Oberinspektor Chen würde gut daran tun, noch einen Trumpf im Ärmel zu behalten, den er gegen den mächtigen Parteisekretär ausspielen konnte.
    Es war halb neun, als dieser ihn anrief, und das Gespräch trug nicht zur Linderung seiner Kopfschmerzen bei.
    »Heute ist Sonntag, Oberinspektor Chen. Unterhalten Sie Inspektor Rohn gut, damit sie keine lästigen Forderungen stellt.«
    Chen schüttelte resigniert den Kopf. Gegen Li hatte er keine Chance, zumal wenn die Innere Sicherheit

Weitere Kostenlose Bücher