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Die Frau mit dem roten Herzen

Die Frau mit dem roten Herzen

Titel: Die Frau mit dem roten Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Qiu Xiaolong
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fürchte, mein Chinesisch ist nicht gut genug zum Feilschen.«
    »Ihre Sprachkenntnisse sind mehr als ausreichend.« Er stellte sein Weinglas ab. Das war keine Freizeitgestaltung, die den Segen der Behörden haben würde. Ein solcher Straßenmarkt war kein Aushängeschild für sein Land. Wenn sie darüber berichtete, könnte das ein schlechtes Licht auf die Stadtverwaltung werfen. Aber vermutlich würde sie auch hingehen, wenn er sie nicht begleitete. »Glauben Sie, daß es eine gute Idee ist, dort hinzugehen, Inspektor Rohn?« sagte er.
    »Warum fragen Sie das?«
    »Sie können sich solche Sachen doch auch zu Hause kaufen. Warum Ihre Zeit damit verschwenden, hier nach Fälschungen zu suchen?«
    »Wissen Sie, was eine Umhängetasche von Gucci kostet?« Sie legte ihre Tasche auf den Tisch. »Das hier ist keine einschlägige Marke. Glauben Sie bloß nicht, alle Amerikaner seien Millionäre.«
    »Das tue ich nicht«, erwiderte Chen.
    »Einer von Wens früheren Klassenkameraden – ich glaube Bai hieß er – verkauft doch solche Fälschungen. Niemand weiß, wo er sich aufhält. Wir könnten uns dort nach ihm erkundigen. Diese Händler müssen sich untereinander kennen.«
    »Das ist nicht nötig.« Er hielt weitere Gespräche mit Wens Klassenkameraden für sinnlos. »Heute dürfen wir uns eine Pause gönnen.«
    »Abgesehen davon könnten wir nach falschen Valentino-Produkten Ausschau halten. Das Opfer im Park trug doch einen Schlafanzug von Valentino, stimmt’s?«
    »Ja.« Er mußte zugeben, daß sie ein erstaunliches Gedächtnis für Details hatte. Er hatte den Markennamen nur einmal beiläufig erwähnt. »Als Polizeioberinspektor sollte ich eigentlich nicht an einen solchen Ort gehen, aber ich trage Verantwortung für Sie. Parteisekretär Li hat mich erst heute morgen wieder daran erinnert. Also werde ich Ihr Fremdenführer sein.«
    Als sie aufbrachen, machte Auslandschinese Lu einen weiteren energischen Versuch, Chens Bezahlung zurückzuweisen.
    »Ich sag dir was«, beruhigte ihn Chen. »Nächstes Mal komme ich allein, bestelle das teuerste Gericht auf der Karte und laß mich von dir einladen. Einverstanden?«
    »Natürlich. Aber warte nicht zu lange damit.« Lu begleitete sie zur Tür. Er hielt eine Kamera in der Hand.
    »Haben Sie herzlichen Dank, Herr Lu«, sagte Catherine.
    »Nennen Sie mich Auslandschinese Lu«, bat er sie, während er ihr wie der typische Auslandschinese aus den Filmen die Hand küßte. »Es war uns eine Ehre, einen so hübschen Gast aus Amerika bedienen zu dürfen. Bitte beehren Sie uns bald wieder. Nächstes Mal wird Ruru etwas ganz Besonderes für Sie zubereiten.«
    Einige Gäste, die auch gerade das Restaurant verließen, starrten sie neugierig an. Lu hielt einem jungen Mann mit Bürstenschnitt und einem hellgrünen Handy in der Hand die Kamera hin.
    »Bitte machen Sie ein Foto von uns dreien. Ich werde es einrahmen lassen. Erlauchte Gäste im Moscow Suburb.«
     

24
     
    M IT DER U-B AHN brauchten sie keine zehn Minuten bis zur Huating Lu. Oberinspektor Chen war erstaunt, wie gut besucht der Markt war. Auch viele Ausländer, bewaffnet mit Taschenrechnern, feilschten unter heftigem Gestikulieren. Vermutlich hatten sie den gleichen Reiseführer wie Catherine Rohn.
    »Glauben Sie mir jetzt, daß Ihr Chinesisch mehr als ausreichend ist?« fragte er.
    »Ich hatte schon befürchtet, der einzige ausländische Teufel hier zu sein«, entgegnete sie.
    Die enge Straße war auf beiden Seiten von Buden, Kiosken, Ständen, Karren und Ladengeschäften gesäumt. Manche hatten sich auf bestimmte Produkte wie Geldbörsen und Taschen, T-Shirts oder Jeans spezialisiert, andere boten eine wilde Mischung feil. Heerscharen von Händlern hatten das einstige Wohnviertel im Lauf der letzten Jahre in eine Marktstraße verwandelt. Überall im Stadtgebiet war das so. Viele Läden hatten improvisierte Anbauten oder bestanden aus umgebauten Wohnräumen. Einige Händler betrieben ihre Geschäfte auch auf Klapptischen, die sie unter Sonnenschirmen und Markisen mit Firmenlogos aufgestellt hatten. Andere hatten ihre Waren einfach auf dem Boden ausgebreitet, was der Straße die Atmosphäre eines Jahrmarkts gab.
    Sie erkundigten sich nach Bai, dem Händler, doch niemand wollte Auskunft geben. Das war kaum verwunderlich. Außerdem gab es mehrere solcher Märkte. Catherine schien darüber nicht sonderlich enttäuscht zu sein. Auch Valentino-Schlafanzüge fanden sie keine. Die Informationen des Alten Jägers erwiesen sich als

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