Die Frau und der Sozialismus: Erweiterte Ausgabe (German Edition)
Zustimmung des Ehemannes keine Vormundschaft übernehmen. Die Verpflichtung zur ehelichen Gemeinschaft besteht für beide Teile, soweit nicht die Ansprüche des anderen Teiles sich als Mißbrauch seines Rechtes herausstellt. Bestehen aber hierüber widersprechende Ansichten der Ehegatten, so steht dem Manne die Entscheidung zu, namentlich hat er auch über Wohnort und Wohnung zu bestimmen. Rechtsmißbrauch des Mannes entbindet die Frau von der Folgeleistung. Die Leitung des Hauswesens steht allein der Frau zu; sie besitzt die sogenannte Schlüsselgewalt, kraft deren sie im häuslichen Wirkungskreis die Geschäfte des Mannes besorgen und ihn vertreten kann. Der Mann muß für die von ihr eingegangenen Verpflichtungen haften. Doch kann der Mann die Schlüsselgewalt seiner Frau ganz aufheben oder beschränken. Mißbraucht er dieses Recht, so kann das Vormundschaftsgericht die Beschränkung aufheben. Zur Übernahme von Arbeiten im Hauswesen und im Geschäft des Mannes ist die Ehefrau verpflichtet, doch nur, wenn eine solche Tätigkeit nach den Lebensverhältnissen des Gatten üblich ist.
Das Verlangen, die eheliche Gütertrennung als Regel einzuführen, lehnte der Reichstag ab. Diese kann nur durch den Ehevertrag gesichert werden, was bei Abschluß der Ehe oft genug unterlassen werden wird und nachher zu Unzuträglichkeiten führt. Dagegen wurde die sogenannte Verwaltungsgemeinschaft eingeführt. Hiernach steht die Verwaltung und Nutznießung des Vermögens der Frau dem Manne zu, aber sie ist auf das eingebrachte Gut beschränkt. Dagegen steht der Frau die uneingeschränkte Verwaltung und Verfügung über das zu, was von ihr während der Ehe durch ihre Arbeit und durch den Betrieb eines Geschäftes erworben wird. Der Mann hat nicht das Recht, die Frau durch Rechtsgeschäfte auf das von ihr eingebrachte Vermögen zu verpflichten. Auch kann die Frau Sicherheitsleistung verlangen, im Falle sie begründete Besorgnis hat, daß ihr Eingebrachtes gefährdet ist, was sie häufig zu spät erfahren dürfte. Auch kann sie Klage auf Aufhebung der Verwaltungsgemeinschaft erheben, falls der Mann durch sein Verhalten den Unterhalt von Frau und Kindern erheblich gefährdet. Der Mann haftet für den Schaden, der aus schlechter Verwaltung entstanden ist.
Großes Unrecht kann der Frau durch die Ehescheidung zugefügt werden. Im Falle der Scheidung verbleibt nämlich dem Manne das in gemeinsamer Arbeit der Eheleute erworbene Vermögen, auch wenn der Mann der Schuldige ist und die Frau am meisten erworben hat, wohingegen die Frau den standesgemäßen Unterhalt nur insoweit beanspruchen kann, als sie ihn nicht aus den Einkünften ihres eigenen Vermögens oder dem Ertrag ihrer Arbeit zu bestreiten vermag. Ferner verbleibt im Scheidungsfall dem Manne das Vermögen, das etwa aus nicht verwendeten Einkünften des Vermögens der Frau angesammelt wurde.
Die väterliche Gewalt ist durch die elterliche ersetzt, aber bei Meinungsverschiedenheiten zwischen den Eltern geht die Meinung des Vaters vor. Stirbt der Vater, so geht die Ausübung der elterlichen Gewalt einschließlich der Nutznießung vom Vermögen des Kindes auf die Mutter über. Eine geschiedene Frau, auch wenn ihr die Erziehung zufällt, entbehrt des Rechtes der Vertretung und der Vermögensverwaltung der Kinder, wohingegen der Vater die vollen Elternrechte genießt.
In England schrieb bis 1870 das Gewohnheitsrecht des Landes dem Manne das Besitztum der Ehefrau an beweglichen Gütern zu. Nur an unbeweglichen Gütern blieb das Eigentumsrecht ihr bewahrt, aber der Ehemann besaß das Recht der Verwaltung und der Nutznießung. Vor Gericht war die englische Frau eine Null; sie konnte keinerlei Rechtshandlungen begehen und nicht einmal ein gültiges Testament abfassen; sie war Leibeigene ihres Mannes. Für ein Verbrechen, das sie in Gegenwart des Mannes beging, war dieser verantwortlich; sie wurde als Unmündige angesehen. Fügte sie jemand Schaden zu, so wurde dieser beurteilt, als sei er durch Haustiere be gangen worden; der Mann hatte dafür einzustehen. Nach einem Vortrag, den im Jahre 1888 Bischof J. N. Wood in der Kapelle zu Westminster hielt, durfte die Frau noch vor hundert Jahren nicht bei Tische essen und nicht eher sprechen, als bis sie gefragt wurde. Über dem Bette hing als Zeichen der eheherrlichen Gewalt eine Peitsche, die der Mann handhaben durfte, wenn die Gattin üble Laune zeigte. Nur die Töchter hatten ihren Befehlen zu gehorchen, die Söhne sahen in ihr
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