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Die Frau und der Sozialismus: Erweiterte Ausgabe (German Edition)

Die Frau und der Sozialismus: Erweiterte Ausgabe (German Edition)

Titel: Die Frau und der Sozialismus: Erweiterte Ausgabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: August Bebel
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zuvorzukommen. Neben dem Austausch materieller Produkte der verschiedensten Art vollzieht sich der Austausch der Geisteserzeugnisse, sowohl in der Ursprache wie in Übersetzungen. Das Erlernen fremder lebender Sprachen wird für Millionen eine Notwendigkeit. Nichts aber trägt, neben materiellen Vorteilen, mehr dazu bei, Antipathien zu beseitigen und Sympathien zu erwecken, als das Eindringen in die Sprache und Geisteserzeugnisse eines fremden Volkes.
     
    Die Wirkung dieses auf internationaler Stufenleiter sich vollziehenden Annäherungsprozesses ist, daß die verschiedenen Länder sich immer mehr und mehr in ihren sozialen Zuständen ähnlich sehen . Bei den vorgeschrittensten und darum maßgebenden Kulturnationen ist diese Ähnlichkeit bereits so groß, daß, wer die ökonomische Struktur eines Volkes kennengelernt hat, in der Hauptsache diejenige aller übrigen ebenfalls kennt. Ungefähr so, wie in der Natur bei Tieren derselben Gattung das Gerippe in Organisation und Bau dasselbe ist, und besitzt man einzelne Teile eines solchen, kann man theoretisch das ganze Tier konstruieren.
     
    Die weitere Folge ist, daß, wo gleichgeartete soziale Grundlagen vorhanden sind, auch die Wirkungen daraus die gleichen sein müssen: Aufhäufung großen Reichtums und sein Gegensatz Lohnsklaverei, Knechtung der Massen unter die Maschinerie, Beherrschung der Massen durch die besitzende Minorität, mit allen daraus entspringenden Folgen.
     
    In der Tat sehen wir, daß die Klassengegensätze und Klassenkämpfe, die Deutschland durchwühlen, ganz Europa, die Vereinigten Staaten, Australien usw. in Bewegung setzen. In Europa herrscht von Rußland bis nach Portugal, vom Balkan, Ungarn und Italien bis nach England und Irland derselbe Geist der Unzufriedenheit, machen sich die gleichen Symptome sozialer Gärung, allgemeinen Unbehagens und der Zersetzung bemerkbar. Äußerlich verschieden, je nach dem Grade der Entwicklung, dem Charakter der Bevölkerung und der Form ihres politischen Zustandes, sind im Wesen diese Bewegungen überall dieselben. Tiefe soziale Gegensätze sind ihre Ursache. Mit jedem Jahre verschärfen sich diese mehr, dringt die Gärung und Unzufriedenheit immer tiefer und weiter in den Gesellschaftskörper, bis schließlich ein Anlaß, vielleicht unbedeutender Art, die Explosion herbeiführt und diese sich blitzartig über die ganze Kulturwelt verbreitet und die Geister zur Parteinahme für und wider in die Schranken ruft.
     
    Der Kampf der neuen Welt wider die alte ist entbrannt. Es treten Massen auf die Bühne, es wird mit einer Fülle von Intelligenz gekämpft, wie die Weit noch in keinem Kampfe gesehen hat, in einem ähnlichen Kampfe kein zweites Mal mehr sehen wird. Denn es ist der letzte soziale Kampf . Am Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts stehend, sehen wir, wie dieser Kampf sich immer mehr der letzten seiner Phasen nähert, in dem die neuen Ideen siegen.
     
    Die neue Gesellschaft wird sich dann auch auf internationaler Basis aufbauen. Die Völker werden sich verbrüdern, sie werden sich gegenseitig die Hände reichen und danach trachten, den neuen Zustand allmählich über alle Völker der Erde auszudehnen . Ein Volk kommt nicht mehr zu dem anderen als Feind, um auszubeuten und zu unterdrücken, nicht mehr als Vertreter eines fremden Glaubens, den es ihm aufnötigen will, sondern als Freund, der alle Menschen zu Kulturmenschen erziehen will. Die Kultur- und Kolonisationsarbeiten der neuen Gesellschaft werden sich in ihrem Wesen und in ihren Mitteln ebenso von den jetzigen unterscheiden, wie beide Gesellschaften ihrem Wesen nach grundverschieden sind. Weder wird man Pulver und Blei, noch Feuerwasser (Branntwein) und die Bibel anwenden; man unternimmt die Kulturmission nur mit friedlichen Mitteln, die die Zivilisatoren den Barbaren und Wilden nicht als Feinde, sondern als Wohltäter erscheinen lassen. Verständige Reisende und Forscher wissen längst, wie erfolgreich dieser Weg ist.
     
    Sind einmal die Kulturvölker zu einer großen Föderation vereinigt, dann ist auch die Zeit gekommen, wo für immer "des Krieges Stürme schweigen". Der ewige Frieden ist dann kein Traum mehr, wie die heute in Uniformen einhergehenden Herren die Welt glauben machen wollen. Diese Zeit ist gekommen, sobald die Völker ihre wahren Interessen erkannt haben. Diese werden nicht gefördert durch Kampf und Streit, durch Länder und Völker zugrunde richtende Rüstungen, sondern durch friedliche Verständigung und gemeinsame

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