Die Frau und der Sozialismus: Erweiterte Ausgabe (German Edition)
gerechtes und harmonisches Verhältnis gebracht werden ; die bloße Jagd nach Reichtum ist nicht die Endbestimmung der Menschheit, wenn anders der Fortschritt das Gesetz der Zukunft bleibt, wie er es war für die Vergangenheit. Die seit Anbruch der Zivilisation verflossene Zeit ist nur ein kleiner Bruchteil der verflossenen Lebenszeit der Menschheit, nur ein kleiner Bruchteil der ihr noch bevorstehenden. Die Auflösung der Gesellschaft steht drohend vor uns als Abschluß einer geschichtlichen Laufbahn, deren einziges Endziel der Reichtum ist; denn eine solche Laufbahn enthält die Elemente ihrer eigenen Vernichtung .
Demokratie in der Verwaltung, Brüderlichkeit in der Gesellschaft, Gleichheit der Rechte, allgemeine Erziehung werden die nächste, höhere Stufe der Gesellschaft einweihen, zu der Erfahrung, Vernunft und Wissenschaft stetig hinarbeiten .
Sie wird eine Wiederbelebung sein – aber in höherer Form – der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit der alten Gentes" .
So kommen Männer der verschiedensten Standpunkte, auf Grund ihrer wissenschaftlichen Forschungen, zu gleichen Resultaten. Die volle Emanzipation der Frau und ihre Gleichstellung mit dem Mann ist eines der Ziele unserer Kulturentwicklung, dessen Verwirklichung keine Macht der Erde zu verhindern vermag. Aber sie ist nur möglich auf Grund einer Umgestaltung, welche die Herrschaft des Menschen über den Menschen – also auch des Kapitalisten über den Arbeiter – aufhebt. Jetzt wird die Menschheit zu ihrer höchsten Entfaltung gelangen. Das "goldene Zeitalter", von dem die Menschen seit Jahrtausenden träumten und nach dem sie sich sehnten, wird endlich kommen. Die Klassenherrschaft hat für immer ihr Ende erreicht, aber mit ihr auch die Herrschaft des Mannes über die Frau .
Neunundzwanzigstes Kapitel - Die Internationalität
Das menschenwürdige Dasein für alle kann aber nicht die Daseinsweise eines einzigen bevorzugten Volkes sein, das, isoliert von allen übrigen Völkern, diesen Zustand weder zu begründen noch aufrechtzuerhalten vermöchte. Unsere ganze Entwicklung ist das Produkt des Zusammenwirkens nationaler und internationaler Kräfte und Beziehungen. Obgleich die nationale Idee noch vielfach die Köpfe beherrscht und als Mittel zur Aufrechterhaltung politischer und sozialer Herrschaft dient, denn diese ist nur innerhalb nationaler Schranken möglich, stecken wir bereits tief im Internationalismus.
Handels-, Zoll- und Schiffahrtsverträge, Weltpostverein, internationale Ausstellungen, Kongresse für Völkerrecht und internationale Gradmessungen, sonstige internationale wissenschaftliche Kongresse und Verbindungen, internationale Erforschungsexpeditionen, unser Handel und Verkehr, insbesondere die internationalen Kongresse der Arbeiter, welche die Träger der neuen Zeit sind und deren moralischen Einfluß es geschuldet ist, daß im Frühjahr 1890 auf Einladung des Deutschen Reiches die erste internationale Arbeiterschutzgesetzkonferenz in Berlin stattfand, alles das legt Zeugnis ab für den internationalen Charakter, den die Beziehungen der verschiedenen Kulturnationen, trotz ihrer nationalen Abgeschlossenheit, die immer mehr durchbrochen wird, angenommen haben. Wir sprechen, im Gegensatz zur Nationalwirtschaft von der Weltwirtschaft und legen letzterer die größere Bedeutung bei, weil von ihr wesentlich das Wohl und Gedeihen der einzelnen Nationen abhängt. Ein großer Teil unserer eigenen Produkte wird gegen die Produkte fremder Länder, ohne die wir nicht mehr existieren können, ausgetauscht. Und wie ein Industriezweig durch den anderen geschädigt wird, wenn einer erlahmt, so erlahmt die Nationalproduktion eines Landes sehr erheblich, wenn die der anderen ins Stocken gerät. Die Beziehungen der einzelnen Länder werden ungeachtet aller vorübergehenden Störungen, wie Kriege und nationale Verhetzungen, immer inniger, weil die materiellen Interessen, die stärksten von allen, sie beherrschen. Jeder neue Verkehrsweg, jede Verbesserung eines Verkehrsmittels, jede Erfindung oder Verbesserung im Produktionsprozeß, wodurch die Waren verbilligt werden, verstärkt diese Beziehungen. Die Leichtigkeit, mit der persönliche Beziehungen zwischen weit voneinander entfernten Ländern und Völkern hergestellt werden, ist ein neuer wesentlicher Faktor in der Kette der Verbindungen. Auswanderung und Kolonisation sind andere mächtige Hebel. Ein Volk lernt von dem anderen, eins sucht dem anderen im Wettstreit
Weitere Kostenlose Bücher