Die Frau vom Leuchtturm - Roman
Dan mich durchschaut hatte.
»Versteh mich nicht falsch«, begann ich, »Alice ist offensichtlich eine außerordentlich gute Ärztin, und
ich glaube wirklich, dass sie nur das Beste für Damon will …«
Dan beendete den Satz an meiner Stelle. »Aber mit ihrer Diagnose, dass er fantasiert, liegt sie vollständig daneben.«
Ich nickte heftig. »Es hat mich in den Wahnsinn getrieben, ihr zuzuhören«, schimpfte ich. »Sie saß da und plapperte über die Notwendigkeit von wissenschaftlichen Beweisen und harten Fakten. Und dabei sind doch der einzige Beweis für Nahtod-Erfahrungen die Berichte von Menschen wie Damon.«
Dan lächelte kläglich. »Und zwar von ansonsten geistig gesunden, rationalen Menschen«, fuhr er fort, »deren beeidete Zeugenaussage vor Gericht gut genug wäre, um einen Angeklagten ins Gefängnis zu bringen.«
»Oder zur Todesstrafe zu verurteilen.«
»Du weißt wahrscheinlich, dass du keine Chance hast, Alice’ Meinung zu ändern«, meinte er.
»Ach, zum Teufel mit Alice«, schnaubte ich. »Ich mache mir Sorgen um Damon. Ich will wissen, was wirklich mit ihm passiert ist, während er klinisch tot war …«
»Und du glaubst, Aimee Marks kann es dir vielleicht sagen«, fiel Dan ein.
»Ja«, antwortete ich kleinlaut und erstaunt darüber, dass er meinen Plan erraten hatte.
Dan lächelte. »Und wenn sie das nicht kann?«
Ich zuckte die Achseln. »Dann eben nicht. Wenn ich auf irgendeiner Ebene mit ihr kommunizieren kann, dann bin ich vielleicht in der Lage, ihren Geist von diesem Haus und Maidenstone Island zu befreien.« Ich zögerte. »Ich glaube, da ist etwas, das sie hier festhält.«
Fragend zog Dan die Augenbrauen hoch.
»Das passiert doch angeblich mit Geistern, oder?«, fragte ich abwehrend. »Stecken sie nicht irgendwo fest und können nicht auf die andere Seite gehen?«
»Ich weiß nicht, was mit Geistern passiert«, sagte Dan leise, »und du auch nicht, Sue. Ich weiß nur, dass es sehr gefährlich ist, sich an solchen Dingen zu versuchen, wenn man ohnehin schon …« Er verstummte und biss sich auf die Lippen.
»Wenn man so instabil ist wie ich?«, fragte ich nach. »Wolltest du das sagen, Dan?«
»Verdammt, Sue, das ist nicht fair!« Er war aufgesprungen und ging vor dem Kamin auf und ab. Dann drehte er sich um und wies mit einem zitternden Finger auf mich. »Ich bin verliebt in dich, und ich möchte nicht, dass man dir weiter wehtut«, erklärte er.
Plötzlich stand ich, und seine Lippen lagen auf meinen. Seine starken Hände liebkosten meinen Hintern, und unsere Körper pressten sich so eng aneinander, dass ich ihn schmerzhaft begehrte. Ich rückte etwas von ihm ab, um in seine vor Leidenschaft glühenden Augen aufzusehen. »Ich will es auch. Wirklich … Aber das mit Aimee ist etwas, das ich tun muss … für Damon.«
Obwohl ich es nicht aussprach, schoss mir in diesem Moment noch ein anderer Gedanke durch den Kopf. Denn wenn Aimee Marks erklären konnte, was Damon gesehen hatte, dann konnte sie mir vielleicht auch sagen, was aus Bobby geworden war. Wenn ich nur wüsste, dass er jetzt in Frieden ruhte … Dann konnte ich vielleicht meine Schuldgefühle und meinen Kummer verarbeiten, und Dan und ich hätten eine echte Chance.
Immer noch in seinen Armen, schloss ich die Augen und genoss es, seine Hände auf meinem Körper zu spüren.
»… dann bleibe ich hier. Ich lasse nicht zu, dass du das allein durchstehst.«
Ich öffnete die Augen, sah auf und erkannte, dass Dan wieder mit mir sprach. Ich schüttelte den Kopf und legte sanft die Fingerspitzen auf seine Lippen.
»Nein«, flüsterte ich. In dem heftigen Prasseln des Kaminfeuers war meine Stimme kaum zu verstehen. »Dem muss ich mich ganz allein stellen.«
Widerstrebend nickte Dan. Dann legte sich ein breites Grinsen über seine gebräunten Züge.
»Was?«, verlangte ich zu wissen. Er antwortete nicht gleich, sondern grinste weiter, bis ich ihn schüttelte. »Was ist?«, fragte ich noch einmal.
»Ich habe mir nur gerade vorzustellen versucht, wie Alice reagieren würde, wenn sie unser bemerkenswertes Gespräch angehört hätte.«
Mit einem Mal musste ich lachen. »Sie würde uns bestimmt Zwangsjacken bringen lassen«, meinte ich und bewegte genüsslich mein Hinterteil, auf dem seine Hände lagen. »Hältst du es für möglich, dass wir beide vollkommen verrückt geworden sind?«
»Möglich ist alles.« Er grinste. »Ich weiß nur, dass ich absolut verrückt nach dir bin.«
Wieder küsste mich Dan, und ich
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