Die Frauen der Calhouns 2. Amanda
Fingern raste. Als er den Kopf anhob, lehnte sie sich schwach gegen die Wand und betrachtete ihn, während sie um Atem rang. Dabei versuchte sie die Sturzflut von Empfindungen zu durchbrechen und die darunter liegenden Gefühle zu verstehen.
Der Gedanke, ein anderer Mann könne sie berühren, ihr ins Gesicht blicken und es von Leidenschaft erhitzt sehen, wie es jetzt war, könne ihre Augen von dieser Leidenschaft verschleiert sehen, versetzte ihn in Entsetzen. Weil er gute, saubere Wut der Angst vorzog, packte er Amanda wieder an den Schultern und hob sie fast vom Boden hoch.
»Denken Sie daran«, murmelte er gefährlich leise. »Denken Sie sehr eingehend daran.«
Was hatte er bloß mit ihr angestellt, dass sie ein so ungeheures Sehnen verspürte? Wenn er auch nur einen Blick auf sie warf, musste er wissen, dass er sie bloß in ihr Zimmer zu ziehen brauchte, um alles nehmen zu können, was er angeblich haben wollte. Er brauchte sie nur noch einmal zu berühren, damit sie alles geben wollte. Er hätte nicht einmal darum zu bitten brauchen. Es beschämte Amanda, das zu erkennen. Es traf sie vernichtend, dass irgendjemand eine derartig vollkommene Macht über ihren Stolz und ihren Willen hatte.
»Sie haben Ihren Standpunkt klargemacht«, begann sie, unsicher und wütend darüber, dass Tränen in ihren Augen und in ihrer Kehle brannten. »Möchten Sie von mir hören, dass Sie mich dazu bringen können, Sie zu begehren? Na fein, Sie können es.«
Das Glitzern von Tränen in ihren Augen erreichte, was ihrem Zorn zuvor nicht gelungen war. Es schlug Sloan vollständig. In seiner Stimme schwang entschuldigendes Bedauern, als er seine Hand behutsam an ihr Gesicht hob. »Amanda …« Sie verkrampfte sich und schloss die Augen. Wenn er sanft war, wenn er ihr auch nur ein Fünkchen Sanftheit zeigte, würde sie zusammenbrechen. »Sie haben Ihre Eroberung gemacht, Sloan. Jetzt wäre ich Ihnen sehr dankbar, würden Sie mich loslassen.«
Er ließ seine Hand sinken und trat zurück. »Ich werde Ihnen nicht sagen, dass ich es bedauere.« Doch die Art, wie sie ihn ansah, erzeugte in ihm das Gefühl, als habe er soeben etwas Zartes und Zerbrechliches zerschlagen.
»Das geht schon in Ordnung. Mein Bedauern reicht für uns beide.«
»Amanda!« Lilah stand auf der obersten Stufe und betrachtete sie beide mit ihrer schläfrigen Neugierde. »Deine Verabredung ist hier.«
»Danke.« Amanda konnte es nicht erwarten zu fliehen, lief in ihr Zimmer hinein und holte ihre Jacke sowie ihre Handtasche.
Sorgfältig vermeidend, Sloan anzusehen, hastete sie wieder heraus und die Treppe hinunter.
Lilah blickte ihr nach, ging dann langsam durch den Korridor und legte ihre Hände auf Sloans Schultern. »Wissen Sie, großer Junge, Sie sehen aus, als könnten Sie einen Freund gebrauchen.«
Er konnte die Emotionen, die neuerdings in ihm tobten, nicht im entferntesten klar bezeichnen. »Vielleicht sollte ich einfach nach unten gehen und diesen Typ aus dem Haus werfen.«
»Das könnten Sie gern machen«, stimmte Lilah nach einem Moment des Überlegens zu. »Aber Mandy hatte schon immer eine Schwäche für die Schwachen.«
Sloan fluchte laut und beschloss, einen Teil der Enttäuschung dadurch abzuarbeiten, dass er im Korridor hin- und herlief. »Wer ist es denn überhaupt?«
»Ich habe ihn noch nie zuvor gesehen. Sein Name ist William Livingston.«
»Und?«
Lilah zuckte leicht die Schultern. »Groß und attraktiv. Sehr schwacher, charmanter britischer Akzent, italienischer Anzug, Manieren der Oberklasse. Diese Patina von Reichtum und guter Erziehung, ohne aufdringlich zu wirken.«
Sloan fluchte erneut und zog in Betracht, mit der Faust gegen die Wand zu schlagen. »Klingt reichlich gelackt.«
»Klingt so«, stimmte sie zu, doch ihr Blick fiel besorgt aus.
»Was ist los?«, fragte er aufhorchend.
»Ungute Energien.« Geistesabwesend fuhr sie sich mit der Hand über den Arm. »Und er hatte eine sehr verschwommene Aura.« Sie lächelte ihm zu. »Ich bin auf Ihrer Seite, Sloan. Ich glaube nämlich, dass Sie genau das sind, was meine alles viel zu ernst nehmende Schwester braucht.« In ihrer lässigen Art hakte Lilah sich freundlich bei Sloan unter. »Entspannen Sie sich. Mr William Livingston hat keine Chance. Er ist nicht ihr Typ.«
Sie lachte, während sie mit ihm zur Treppe ging. »Sie glaubt, dass er es ist, aber er ist es nicht. Gehen wir zum Essen. Es gibt nichts, was einen so schnell in gute Stimmung versetzen kann, wie Tante Cocos
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