DIE FRAUEN DER DIKTATOREN
lockere Atmosphäre für sich zu nutzen. Sie erteilt ihm Ausgangssperre, und er muss hart verhandeln, wenn er tatsächlich länger wegbleiben will.
Doch die Kaiserin überwacht nicht nur die Bewegungen ihres Mannes, sie bestimmt auch seinen Ernährungsplan. André Le Meignen, der häufig in Hardricourt zu Gast ist, erinnert sich an absurde Szenen: „‚Papa, heute hältst du Diät und trinkst nur Wasser‘, sagte die Kaiserin beispielsweise. Doch Bokassa konnte auch ein echter Komiker sein. Für einen Tropfen Wein war er zu jeder Posse bereit. Also tat er so, als nähme er das Verbot demütig an und begann, Catherine in den süßesten Tönen zu umschmeicheln. Wie ein Lämmchen war er.“ [12] Catherine weiß, dass ihr Mann sich nur zu gerne betrinkt. Am Abend vor den Krönungsfeierlichkeiten fand sie ihn in seinem Zimmer in Berengo halb bewusstlos vor, eine Flasche Chivas Regal neben sich. Ohne zu zögern, packte sie die Flasche und kippte sie in den Ausguss, obwohl dies das Lieblingsgetränk ihres Mannes war. Tatsächlich kam er nicht einmal bei wichtigen diplomatischen Treffen ohne Whisky aus. Auf seinen schwachen Protest hin gibt sie ihm noch einmal ordentlich Bescheid: „Ein künftiger Kaiser betrinkt sich nicht.“
Und Bokassa hat mehr als einmal Grund, die Kaiserin zu umschmeicheln. Denn Jean-Bédel nutzt auch Hardricourt sozusagen als „Junggesellenwohnung“, wo er sich mit seinen bezahlten Freundinnen trifft. Roger Delpey und André Le Meignen werden eines Tages Zeuge einer merkwürdigen Farce: Als sie ins Schloss kommen, begegnet ihnen eine Puffmutter, die eines ihrer Küken dabei hat. Bokassa zieht sich mit dem Mädchen zurück, etwa eine halbe Stunde später schließt er sich dann strahlend seinen Gästen an. Als er Bokassas zufriedene Miene sieht, fragt André ihn:
„Papa, warum sind Sie denn so fröhlich?“
Und Bokassa antwortet:
„Ach, wissen Sie, sie liebt mich. Sie lieben mich alle!“
Jean-Bédel fühlt sich nur lebendig, wenn er als großer Verführer erscheint. Er glaubt tatsächlich, die Frauen, die er mehr oder minder offen kauft, liebten ihn. Und so findet dieser durch und durch verhärtete Charakter in den Armen seiner ständig erneuerten „Eroberungen“ ein wenig Entspannung, ja das Gefühl der Sicherheit. Ihre, wenn auch erzwungene, Gegenwart ist für ihn ein Lebenselixier.
Seine Abenteuer allerdings halten ihn nie lange von Catherine fern, auf die er immer noch extrem eifersüchtig ist. So eifersüchtig, dass sogar für ihre Angestellten immer ein gewisses Risiko darin liegt, sich in ihrer Nähe aufzuhalten.
Wenn das Paar sich irgendwo hinbegibt, reist ein ganzer Tross dienstbarer Geister durch die Île-de-France. Bokassa im Mercedes 600 mit weißen Ledersitzen, Telefon, Minibar und Champagner, Catherine im Jaguar oder im Silver Shadow hinterdrein. Kinder und Kindermädchen folgen in einem Reisebus.
Eines Tages, als Bokassa sich mit seinem Gefolge in seine Zweitresidenz in Romorantin, Sologne, begibt, fällt es Catherine ein, dass die Kinder etwas zu essen brauchen, und so befiehlt sie Omer, an der nächsten Bäckerei zu halten. Dieser weiß nicht, was er tun soll: ihrem Befehl gehorchen oder dem des Kaisers, der da lautet, dem Mercedes zu folgen. Er hat keine Verbindung zum Wagen des Kaisers. Wenn er stehen bleibt, verweigert er Bokassa den Gehorsam. Bleibt er nicht stehen, wird Catherine sich bei Papa über ihn beschweren, was dieser ihm übel vergelten wird. Am Ende halten sie vor der Bäckerei. Einer der Männer geht hinein und kauft ein. Omer wartet vor dem Wagen. Sofort lässt Bokassa wenden und verlangt eine Erklärung. „Du kannst dich auf etwas gefasst machen! Ich will wissen, was hier vorgeht!“, brüllt er aus dem Wagen heraus. Er überschüttet Catherine und Omer mit Beschimpfungen. Sie schweigt, der Konvoi fährt los. Der Mann in der Bäckerei wird zurückgelassen. „Was mich gerettet hat, war, dass ich vor dem Wagen stand. Verstehst du? Mama Catherine wollte aussteigen. Das habe ich ihr verboten. Ich habe die Wagentür zugeschlagen. Sie saß ganz allein im Wagen. Hätte er uns zusammen im Auto vorgefunden … Das mag ich mir gar nicht vorstellen! Er wäre ausgerastet!“, vertraut uns Omer an.
Zurück im Schloss, muss sich Catherine noch einmal eine Standpauke anhören, der sie mit eisernem Schweigen begegnet. Omer wird zur Seite genommen und erhält eine Anweisung, die er sein Leben lang nicht vergessen sollte: „Wenn du sie fährst, hältst du nicht an.
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