DIE FRAUEN DER DIKTATOREN
Ich verbiete es dir.“ Mit Catherine zu sprechen ist verboten.
Unser Freund Valéry
„Papa, du musst zurücktreten. Du musst hierher kommen. Du musst nach Frankreich kommen. Wenn es nicht gut läuft, bekommst du vielleicht sogar eine zweite Chance.“ Aber Bokassa am anderen Ende der Leitung weicht ihr aus.
„Ich werde mit Gaddafi sprechen.“
„Nein, Papa, da darfst du nicht hinfahren“, fleht ihn Catherine an.
„Doch, ich fahre. Das ist beschlossene Sache.“
Keine Kompromisse mehr. Bokassa weiß, dass die warnenden Worte nicht von seiner Frau kommen. Und er kennt den Mann, der sie ihr in den Mund gelegt hat. 1979, gegen Ende des Sommers, lässt Valéry Giscard d’Estaing „Mama Cathy“ in seine Villa im 16. Arrondissement von Paris rufen. Er will ihr etwas Wichtiges mitteilen. So wichtig, dass er sie extra von Bangui herkommen ließ. So wichtig, dass er es nicht in seinem Büro im Élysée-Palast sagen kann. Am 22. Mai führte der französische Präsident anlässlich eines Gipfeltreffens in Kigali, Ruanda, ein klärendes Gespräch mit dem Ehepaar Bokassa. Er lud Catherine nach Paris ein. Seine Gattin, so meinte er, wäre glücklich, sie dort empfangen zu dürfen. Die Einladung hatte einen besonderen Hintergrund: Sie soll den Gerüchten über die Missstimmung zwischen Valéry Giscard d’Estaing und Jean-Bédel Bokassa den Boden entziehen.
Catherine kam seiner Bitte nach. Sie wurde von Vivianne, der Privatsekretärin Bokassas, und dem Chauffeur Omer begleitet. Beide wurden Zeugen der Szene.
Giscard warnte Catherine, dass sich „in Bangui bald etwas bewegen“ werde. Er bittet sie, ihren Mann von seiner Privatleitung aus anzurufen und ihm zu sagen, er möge doch freiwillig zurücktreten. Er würde in Frankreich behaglich im Exil leben können, unter Giscards persönlichem Schutz. Die Zeit des starrsinnigen Beharrens sei vorüber. Er müsse endlich nachgeben. Doch Bokassa glaubt an einen Bluff. Er will den französischen Präsidenten zwingen, die Karten offen auf den Tisch zu legen. Er glaubt, noch Spielraum zu haben. Und so lehnt Bokassa den „ehrenvollen“ Rückzug ab, den ihm der französische Staatschef anbietet.
Operation Barracuda
Gleich nach Abflug von Bokassas Flugzeug am 19. September 1979 nach Libyen, wo er Gaddafi treffen will, landen mehrere Flugzeuge aus Paris. An Bord französische Offiziere, die zur Unterstützung der seit Juni protestierenden Studenten in Bangui entsendet wurden. Denn in Zentralafrika ist eine heftige Protestwelle in Gang gekommen, die sich mitunter in gewaltsamen Demonstrationen entlädt. Nach ein paar Wochen beruhigt sich die Lage wieder, doch Amnesty International geht den Vorfällen nach und veröffentlicht am 12. Juli einen Bericht über die Gräueltaten Bokassas. Der Kaiser wird darin als blutdürstiger Tyrann beschrieben, der höchstpersönlich einen Jeep in eine Reihe demonstrierender Studenten hineinlenkte [13] . Man spricht sogar von Kannibalismus: Der Küchenchef Bokassas berichtet, Bokassa habe einmal den Regierungsmitgliedern einen fachgerecht zubereiteten Kollegen vorsetzen lassen. Die Essensgäste hätten erst im Nachhinein erfahren, was sie auf den Tellern hatten. Die öffentliche Meinung in Frankreich und der ganzen westlichen Welt will den Diktator, dessen Krönung fast überall als albernes Spektakel empfunden wurde, stürzen sehen. Die Besatzung der französischen Militärflugzeuge soll also die Rebellen unterstützen und Bokassas Cousin, den früheren Staatschef David Dacko, an die Macht hieven.
Die Operation Barracuda hat begonnen. Bokassa wird nur noch einige Stunden lang Kaiser von Zentralafrika sein. Während bereits französische Soldaten auf seinen Palast in Berengo zumarschieren, nutzt Bokassa die Tribüne, die ihm Gaddafi zur Verfügung stellt: „Seit der Neuausrichtung Unserer internationalen Politik an strikt afrikanischen und nationalen Grundsätzen haben die imperialistischen und kolonialistischen Mächte, an ihrer Spitze Frankreich und die Vereinigten Staaten von Amerika, eine billige und schäbige Medienkampagne lanciert, die vor allem dazu dient, Unsere Person herabzusetzen.“
Er spürt, dass etwas gegen ihn im Gange ist. Der beunruhigte Anruf Catherines, die seiner Ansicht nach von Giscard manipuliert wird, ließ nichts Gutes erwarten. Er will seinem Gastgeber schmeicheln und fährt fort: „Daher hat das Zentralafrikanische Kaiserreich beschlossen, die revolutionären Ideen der arabischen Dschamahiriyya von Libyen
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