DIE FRAUEN DER DIKTATOREN
spürt, dann vor allem hier, in Hardricourt.
Das elegante Schloss aus dem 18. Jahrhundert, das Bokassa Ende der Sechzigerjahre erwirbt, ist in vollendetem Empire eingerichtet. Schließlich lebt hier der Bonaparte Zentralafrikas. Goldene Bienen und Adler, Symbole des französischen Königtums, glänzen auf Kaminen, Spiegeln und Bettwäsche. Bokassa mag das Schloss zwar eingerichtet haben, doch dessen unumschränkte Herrin ist Catherine. Außerhalb Zentralafrikas gilt sie als alleinige Gattin des Monarchen, nur sie darf ihn auf offiziellen Besuchen in Frankreich begleiten. Und dort entfaltet sie den Abwehrzauber gegen die Isolation in Bangui: glanzvolle Empfänge, ausgedehnte Stadtbummel und fast zwanghafte Einkaufstouren.
Während der Feierlichkeiten zum Jahresende nimmt sie das Schloss ganz in ihren Besitz und gibt rauschende Feste, ob „Papa“ nun anwesend ist oder von Regierungsgeschäften in Afrika aufgehalten wird. Hier ist sie nicht länger die Gefangene von Berengo, sondern eine heitere, stets lachende Frau, die sich über ihren kaiserlichen Status nonchalant hinwegsetzt. Sie pflegt regelmäßigen Umgang mit den Ehefrauen der Angestellten ihres Mannes, wobei das höfische Protokoll in die Schublade wandert.
Die Frau ihres Privatchauffeurs, Madame Malenguebou, erinnert sich an jene kostbaren Momente, in denen Catherine sich ihre kleinen Fluchten verschaffte. So bereitete sie in der Küche mit ihren Angestellten traditionelle Gerichte ihrer Heimat zu: Dann werden Kokosnüsse und Fettgebackenes im ganzen Schloss verteilt. Die beiden Frauen teilen eine Leidenschaft, die allerdings geheim bleiben muss: Sie trinken gerne Bier [11] . Es gehört zu Madame Malenguebous Aufgaben, die Kaiserin mit hellem Bier zu versorgen, das Bokassa ihr verboten hat, obwohl sie es so gerne trinkt. Bei einem gemeinsamen Glas reden die beiden dann über das Land, die Kinder, ihre Ausbildung und alles Mögliche, was nichts mit Politik zu tun hat. „Am Ende eines solchen Abends steckte sie mir stets einen Umschlag mit ein wenig Geld zu und meinte, ich solle doch die Kinder ein bisschen verwöhnen und ihnen Grüße von Mama Catherine sagen“, erzählt die Frau des Chauffeurs voller Respekt. Wie es ausnahmslos alle tun, die sie gekannt und mit denen wir gesprochen haben. Jeder, der mit ihr einen Abend verbracht hat, erinnert sich gerne an ihre dunkle Stimme, ihren Humor, ihr lautes Lachen.
In Paris ist sie die Nutznießerin des Prunks, den ihr Mann in Zentralafrika entfaltet. Sie verfügt über ein unbegrenztes Einkaufsbudget. Mehrmals pro Woche macht sie sich auf nach Paris, ins 8. Arrondissement, um in den Nobelgeschäften ihren Hunger nach französischem Luxus zu stillen.
Ihr Privatchauffeur Omer Malenguebou, der heute noch im Val d’Oise wohnt, lädt uns zu sich ein. An den Wänden kein Bild von Bokassa, aber eine Fahne der Zentralafrikanischen Republik. Omer erinnert sich, dass er stundenlang im Rolls-Royce „Silver Shadow“ vor den eleganten Boutiquen der Champs-Élysées auf Catherine gewartet habe.
„Es kam vor, dass sie wirklich in jede einzelne ging und nicht eine einzige ausließ! Aber die meiste Zeit haben wir bei Louis Vuitton verbracht.“ Mit der Leibwache, die ihr auf Geheiß Bokassas auf Schritt und Tritt folgte, konnte sie natürlich nicht mehr anonym bleiben. Wenn sie Diskretion wünschte, schickte sie Freunde, um bestimmte Dinge für sie zu kaufen. Diese durften dann regelmäßig „den Rest behalten“, und sie vertraute ihnen immer astronomische Summen an.
Einer ihrer Söhne, Jean-Charles, erinnert sich an diese irrwitzigen Spritztouren, bei denen sie in den Boutiquen des Faubourg Saint Honoré schon mal an einem Tag 100.000 Francs ausgab. Und sie kauft ausschließlich teuerste Luxusgüter. Jean-Bédel beispielsweise erhält zum Geburtstag eine Uhr, die ganz mit Diamanten besetzt ist.
Wenn Bokassa nach Hardricourt kommt, zeigt er sich Catherine gegenüber duldsamer als gewöhnlich. Er überlässt ihr das Regiment. Er, der ihr normalerweise mit lauter Stimme Befehle zubellt, gibt klein bei, ja er wirbt sogar um ihre Gunst. In Frankreich fühlt Jean-Bédel sich wohl, weniger beneidet, weniger bedroht. 1976 beispielsweise versuchte einer seiner Schwiegersöhne, ihn mit einer Bombe zu töten. Er liebt dieses Land, das ihn geprägt, dessen Ideale er aufgesogen hat. Für den ehemaligen afrikanischen Schützen ist die französische Staatsbürgerschaft immer noch begehrenswert. Catherine weiß diese
Weitere Kostenlose Bücher