DIE FRAUEN DER DIKTATOREN
gewinnen. Diesem Feldzug ist schneller Erfolg beschieden. Von Anfang 1928 an gelten die beiden als „verheiratet“, obwohl es keine offizielle Zeremonie gibt. Man veranstaltet nur ein üppiges Bankett, das Yuans Frau vorbereitet.
Anders als Kaihui, die Mao auf Gedeih und Verderb verfallen war, scheint Zizhen ihn nur zögerlich als Partner zu akzeptieren. Schließlich fehlt es ihr nicht an Bewerbern, und Mao erscheint ihr mit seinen sechsunddreißig Jahren als „zu alt“ [13] . Noch dazu schielt Zizhen heimlich nach einem anderen jungen Mann aus der Partei, Maos jüngerem Bruder Zedan. Der intellektuell brillante Zedan scheint obendrein ihr Interesse zu erwidern. Leider hat er einen Fehler, der ihn in den Augen der jungen Frau herabsetzt: Er besitzt nicht das Charisma eines Führers. Zizhen aber empfindet „das Bedürfnis, sich in diesem Milieu politisch beschützt zu sehen“.
Für Mao liegen die Dinge weit klarer. Zizhens wunderschöne Augen, die „einem Paar Kristalle“ gleichen, signalisierten ihm gleich bei der ersten Begegnung, dass er in ihr seine „revolutionäre Zwillingsseele“ gefunden hat. Als er sie kennenlernt, verspürt er ein Gefühl „süß wie Honig“. Er bemerkt darüber hinaus, dass ihre hohen Wangenknochen ihr ein verfeinertes Aussehen verleihen.
Kurz nach ihrer „Eheschließung“ allerdings kommen Gerüchte auf, die das Liebesglück trüben könnten. Der Altersunterschied, die wiederholte längerfristige Abwesenheit Maos – sollte Zizhen etwa „sexuell nicht befriedigt“ sein? Kocht sie deshalb so häufig Kompott aus wilden Pfirsichen? Soll dies etwa gewisse Probleme beheben? Doch Zizhen ist eine loyale Gefährtin. Sie lässt sich von den Gerüchten nicht aus der Ruhe bringen, wacht vielmehr über ihr einziges überlebendes Kind, Töchterchen Li Min. Der Verlust dreier Kinder nacheinander hat sie schwer gezeichnet. Trotzdem zieht sie sich nicht zurück, um fortan ihr Dasein als vom Leben geschlagene Hausfrau zu fristen. Ihr Naturell duldet keine Halbheiten. Insofern ist sie ihrem Mann sehr ähnlich. „Wir zwei sind wie Eisen und Stahl“, sagt er nach einem Streit zu ihr. „Wenn wir nicht zusammenhalten, leiden wir beide.“ [14]
Vielleicht kann ja die Geburt eines weiteren Kindes das Paar zusammenschweißen. Die kommunistische Herrschaft beginnt im Leid. Mao hat noch längst nicht jene Stellung erreicht, die er anstrebt. Er muss erst die internen Querelen überwinden, bevor er zum nationalen Führer aufsteigen kann. Im Oktober 1934 wird Zizhen schwanger. Ausgerechnet jetzt will ihr Mann zu seinem Langen Marsch aufbrechen, der ihn zur Legende erheben sollte. Auf dieser Tour de Force über 12.000 Kilometer entscheidet sich das Schicksal der chinesischen Revolution. Von den 130.000, mit denen Mao aufbricht, kommen nur 30.000 an.
Zizhen ist im fünften Monat, als die Kolonne sich in Bewegung setzt. Ihr Zustand erlaubt ihr nicht, länger neben Mao herzumarschieren. Auch auf dem Pferd kann sie sich nicht lange halten. Von Dezember an lässt sie sich tragen und kommt deshalb nur äußerst langsam vorwärts. Sie reist mit den Kranken, die eine Vorzugsbehandlung erfahren, und den etwa dreißig Gemahlinnen hoher Parteifunktionäre.
Am 15. Februar 1936, als man in einem kleinen Dorf mit Namen „Weißer Sand“ ankommt, setzen die Wehen ein. Zizhen trennt sich für einige Stunden vom Konvoi und bringt ein Mädchen zur Welt. Ihre Schwägerin, die ihr in ihrer schweren Stunde beisteht, zeigt ihr das Mädchen, das sie in eine zufällig irgendwo aufgelesene Weste hüllt. Die Armee macht halt und bringt den ganzen Tag in dem Dorf zu, doch Mao lässt sich nicht einmal bei seiner Frau und seiner neugeborenen Tochter blicken. Schließlich wird das Signal zum Aufbruch gegeben. Da das Kind den Marsch möglicherweise nicht überleben würde, muss Zizhen es zurücklassen. Sie vertraut das Mädchen einer Frau an, die sich anheischig macht, eine Pflegefamilie zu finden – gegen ein bisschen Geld und Opium. Als sie Zizhen bittet, ihrer Tochter einen Namen zu geben, weigert sich diese. Der Schmerz ist zu groß. Mao sieht sie erst nach einigen Tagen und vielen, vielen Kilometern wieder. Sie teilt ihm unter Tränen mit, dass sie die Kleine zurückgelassen habe: „Das war ganz richtig“, antwortet er ihr. „Es ging einfach nicht anders.“
Nach einem sechs Monate dauernden Abstieg nach Süden findet Zizhen ein Mittel gegen ihre Traurigkeit: Sie betätigt sich aktiv. Sie versorgt als
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