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DIE FRAUEN DER DIKTATOREN

DIE FRAUEN DER DIKTATOREN

Titel: DIE FRAUEN DER DIKTATOREN Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Ducret
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schreit sie ihre Treue zu Mao hinaus, sodass jeder sie hören kann. Doch nicht die Hoffnung lässt sie schreien, sondern die Verzweiflung. Zwei Büttel nehmen ihr das Gewand ab. Sie ist neunundzwanzig Jahre alt und tritt dem Tod an jenem kalten Herbsttag in Unterwäsche entgegen. Während man die Stolpernde weiterführt, winkt ein Offizier eine Rikscha heran und lässt sie einsteigen, flankiert von zwei Soldaten. Am Richtplatz angekommen, fällt ihr Blick auf das Massengrab, das die Exekutierten aufnimmt, deren Leichnam nicht von der Familie reklamiert wird. Wird Mao sich um ihre sterblichen Überreste kümmern oder wird auch sie hier verrotten?
    Auf Befehl des Gouverneurs wird Yang Kaihui, Ehefrau von Mao Zedong, geköpft. Sobald das blutige Werk erledigt ist, zieht ein Mitglied des Exekutionstrupps der Toten die Schuhe von den Füßen und wirft sie möglichst weit weg: Eine Legende besagt nämlich, dass ansonsten ihr Geist sie bis nach Hause verfolgt. Den Henker und seine Büttel hat die Hinrichtung wohl hungrig gemacht, denn sie begeben sich zu einem Frühstück in die Kaserne. Während sie noch beim Essen sitzen, kommt ein Wachposten herein und berichtet, er habe etwas Schreckliches beobachtet. Kaihuis Leichnam habe sich bewegt. Also lassen die sieben Leute ihren Essnapf stehen und machen sich auf, um diesen widerspenstigen Leichnam genauer zu untersuchen. Sie entdecken, dass Kaihuis Todeskampf sich offensichtlich länger hingezogen hat. Ihre Nägel haben sich tief in die Erde gekrallt.
    Mao hat von der Hinrichtung seiner Frau jedenfalls nichts mitbekommen. Nachdem sein zweiter Versuch, die Macht zu ergreifen, ebenfalls fehlschlug, floh er, ohne seine Frau und die Kinder vor den Repressalien der Machthaber zu schützen. Als er davon erfährt, trauert er ehrlich, wenn auch ein wenig verspätet: „Und sollte ich auch hundert Mal sterben, so werde ich doch nie Kaihuis Tod sühnen können.“ Denn sie wird seine GROSSE LIEBE, erst nachdem sie für ihn gestorben ist. An die dreißig Jahre später beklagt er ihren Tod in einem Gedicht an Li Shuyi, die eben erst ihren Mann verloren hat:
     
    Ich habe meine treue Pappel verloren, Ihr Eure Weide.
    Die Pappel und die Weide wachsen nun in die höchsten Himmel hinauf.
    Wu Gang, der auf ewig den Mondlorbeer schlägt,
    kredenzt ihnen, so sie danach verlangen, den Kassia-Wein, der ewiges Leben schenkt.
    Die einsame Mondgöttin breitet ihre weiten Ärmel aus
    und tanzt in der grenzenlosen Weite des Himmels für ihre armen Seelen.
    Da erreicht sie die Nachricht von der Niederlage des Tigers auf Erden und ihre Tränen fließen reichlich, wie eine Schale Regen, die ausgeschüttet wird.
    Der Kaisermarsch
    „Du Sohn eines Schweins, du Schildkrötenei, du nichtsnutziger Hurenbock! Wie kannst du es wagen, hier hereinzuschleichen, um mit der kleinen bourgeoisen Schlampe zu schlafen!“ [9]
    Mai 1937. He Zizhen ist außer sich vor Wut. Sie schlägt den Unglücklichen mit allem, was ihr zwischen die Finger gerät. Eine der Leibwachen beobachtet das Spektakel aus sicherer Entfernung. Schließlich ist dies nicht die erste derartige Szene, deren Zeuge er wird. Mao rechtfertigt sich. Er sei ja nur hereingekommen, um ein paar Worte mit Lily zu wechseln. Zizhen glaubt ihm nicht. Ohnehin hat sie seine dauernden Seitensprünge satt. Als Mao ihretwegen Yang Kaihui verließ, war sie geschmeichelt. Aber dass er es wagt, sie zu betrügen, und noch dazu mit dieser Schlampe von Schauspielerin mit ihrem billigen Kurtisanengehabe!
    Dann richtet ihr Zorn sich auf Lily Wu. Sie zerrt an ihren Haaren und zerkratzt ihr das Gesicht mit den Nägeln. Mao sieht gelassen zu. Er liefert sich vielleicht Kämpfe auf Leben und Tod mit den Sowjet-Imperialisten der Kuomintang, aber wenn zwei Frauen streiten, sollte man sich nicht einmischen.
    „Imperialistenschlampe!“, schreit Zizhen. „Nur du bist daran schuld. Verschwinde endlich!“ Zizhen hat sich der Journalistin Agnes Smedley zugewandt, die das Treffen zwischen Mao und der Schauspielerin organisiert hat, und versetzt ihr ein paar saftige Ohrfeigen. Doch die streitbare Reporterin schlägt zurück. Zizhen fällt auf die Knie. Doch sie gibt sich nicht geschlagen. „Was für ein Mann bist du eigentlich? Was für ein Ehemann und Kommunist“, brüllt sie Mao an. „Du lässt es zu, dass mich eine Imperialistenhure vor deinen Augen schlägt!“ Mao sieht sie an. Er befiehlt seiner Leibwache, man möge seiner Frau doch aufhelfen. Diese stellt dem Mann ein Bein,

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