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DIE FRAUEN DER DIKTATOREN

DIE FRAUEN DER DIKTATOREN

Titel: DIE FRAUEN DER DIKTATOREN Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Ducret
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Mussolini die Schweiz als „Republik von Wursthändlern, die von protestantischem Lumpenpack regiert wird“.
    Diese Phase des beginnenden Aufstiegs war für Mussolini enorm wichtig. Später sollte er einem Journalisten anvertrauen: „Das war vielleicht die einzige Zeit meines Lebens, in der ich mich nicht einsam gefühlt habe.“ Vielleicht trug ja Angelica ihren Teil dazu bei. Sie erlag jedenfalls sofort dem Charme des fünfzehn Jahre jüngeren Genossen. Alle Zeitzeugen – auch die Hauptakteure selbst – stimmen dahingehend überein, dass die beiden ein starkes intellektuelles Band verknüpfte und Angelica in dieser Beziehung der gebende Part war:
    „Vielleicht weil er wusste, in welchem Milieu ich aufgewachsen war, vielleicht auch, weil ich eine Frau war, der er nicht beweisen musste, dass er genauso viel oder mehr wert war als die anderen, jedenfalls hörte er sich meine Ratschläge oder Vorwürfe stets gelassen an, auch wenn er sie nicht annahm. Bei mir machte er nicht den geringsten Versuch, seine Schwächen zu verbergen. […] Während der ganzen Zeit unserer Zusammenarbeit blieb ich ihm freundschaftlich gesinnt, weil ich wusste, dass ich die Einzige war, bei der er ganz er selbst sein konnte, die Einzige, bei der er es nicht nötig hatte zu bluffen.“
    Angelica erkannte genau, wo Mussolinis Schwäche lag: „Er brauchte jemanden, der von ihm abhängig war, während seine Eitelkeit ihm nicht gestattete, die eigene Abhängigkeit je zuzugeben.“ Die erfahrene Frau wusste, wie sie mit diesem emotionalen Ausschließlichkeitsanspruch Mussolinis gegenüber Frauen umzugehen hatte, ohne ihre Unabhängigkeit preiszugeben. Nun hat er es zum ersten Mal in seinem Leben mit einer Frau zu tun, die mehr sein will als nur Lustobjekt. Und die ihm zudem intellektuell überlegen ist. Dergleichen hat er noch nie bei einer Frau erlebt, wie er selbst überrascht feststellt. Vermutlich wird er von keiner Gefährtin mehr in solch hohen Tönen sprechen:
    „Ich kann nur wiederholen, dass ich Angelica sehr viel mehr verdanke, als sie glaubt. Sie war in politischer Hinsicht ausgesprochen weise. Sie stand treu zu den Ideen, für die sie kämpfte. Um dieser Ideen willen hatte sie ihre bürgerliche, wohlhabende Familie verlassen, ihr bequemes Haus. Ihre Großzügigkeit kannte keine Grenzen, ebenso wenig wie ihre Freundschaft und ihre Feindschaft. Wenn der Sozialismus eine Liturgie hätte, einen religiösen Ritus, hätte die Heilige Angelica des Sozialismus einen Platz in den obersten Rängen eingenommen, in einem Himmel, in dem Marx Schöpfer des Himmels und der Erde wäre. Hätte ich sie nicht in der Schweiz kennengelernt, wäre ich für immer ein kleiner Parteigenosse geblieben, ein Sonntagsrevolutionär.“ [9]
    Was Angelica Mussolini schenkt, kann man vermutlich als uneigennützige Zuneigung auslegen. Sie rettet ihn, ihren eigenen Worten zufolge, vor „Hysterie, Unglück und Verzweiflung“, indem sie ihm die Pforten des Sozialismus aufstößt. Vielleicht ist die Wahrheit indes auch viel ernüchternder: Mussolini fühlte sich von seiner „Pygmalione“ mit ihrem recht grobschlächtigen Äußeren körperlich einfach nicht angezogen. „Wenn ich in der Wüste lebte und die einzige verfügbare Frau Angelica wäre, würde ich lieber einem Affenweibchen den Hof machen“, erzählt er später seiner Ehefrau. Ist es also bloßer Mangel an Begehren, der Mussolini eine fast zehnjährige platonische Beziehung zu Angelica Balabanoff eingehen lässt?
    Doch Angelica prägt nicht nur Benitos Denken. Auch sein Stil ist letztlich ihr Werk. Um 1910 herum beginnt er, sich allmählich besser zu kleiden. Immer öfter trägt er steife Kragen und einen eleganten Strohhut. Die zwei Jahre in der Schweiz bewirken einen tiefgreifenden Wandel in Mussolini. Zurück in Italien, wird er zum Militärdienst eingezogen und dient als einfacher Soldat bei den Bersaglieri, der Schützenbrigade der Infanterie. Angelicas Ratschläge zeitigen Früchte: Mussolini will Journalist werden.
    Er veröffentlicht seine Artikel und Chroniken in sämtlichen sozialistischen Blättern, bevor er 1912 endlich eine verantwortungsvolle Stellung erhält: Er wird Herausgeber bei der Zeitschrift Avanti! , der Tageszeitung der Sozialistischen Partei Italiens. Doch für die Mailänder Intelligenzija ist der ehemalige Maurer immer noch schlicht ein „Bauer“. Sein Stil ist zwar effektiv, doch es fehlt ihm an Schliff. Zweifelt Mussolini in diesem Moment, da er zum ersten Mal die

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