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DIE FRAUEN DER DIKTATOREN

DIE FRAUEN DER DIKTATOREN

Titel: DIE FRAUEN DER DIKTATOREN Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Ducret
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haben, beseitigen.
    Sie zieht in die Via Nomentana. Alles, was dieser eher bescheidene Zweitwohnsitz nicht bietet, lässt sie sich aus Mailand kommen: ihre Bilder, ihre Sammlung seltener Bücher, ihre Kunstgegenstände, ihre luxuriösen Möbel. So lebt sie also nur ein paar Schritte von der Villa Torlonia entfernt. Dort, so glaubt sie, kann sie den Park genießen, kann Reitstall und bahn nutzen, kann sich im Pinienhain mit seinen Volieren ergehen, die Schwäne in dem kleinen See füttern und auf dem Tennisplatz des Öfteren eine Partie spielen.
    In den ersten Wochen nach ihrem Umzug nach Rom glaubt Margherita noch, Benito endlich wieder für sich zu haben: „Manchmal besuchte Mussolini die S. am Abend in ihrem Haus. Dann fuhren sie zusammen in die Casina Valadier zum Abendessen oder fuhren mit dem Wagen durch die Straßen Roms.“
    Doch der Idylle ist keine Dauer beschieden. Mussolini lässt die Villa Torlonia schnell umbauen, um das Haupthaus allein nutzen zu können. Er entfernt sich von ihr. Noch nie waren sie – rein geografisch betrachtet – einander so nah, doch zwischen den beiden hat sich längst eine unüberwindliche Distanz aufgebaut.
    Im Juni 1934 kommt der „Duce“ gerade aus Venedig, wo er sich mit Hitler getroffen hat. Margherita kommt aus den Vereinigten Staaten, wo sie ein Gespräch mit Roosevelt führte. Bis dahin hatte Mussolini sie jedes Mal mit Fragen überfallen, wenn sie von einer solchen Reise zurückkehrte. „Mussolini war für mich der aufmerksamste Zuhörer, den man sich nur vorstellen kann. Er verschlang meine Worte geradezu […] Danach fand ich stets eine meiner Beobachtungen in einer seiner Reden oder Schriften wieder wie einen Diamanten in seiner Fassung“, berichtet sie.
    Dieses Mal aber war alles anders. Benito hört mittlerweile nur noch auf sich selbst und seine Intuition. Als Margherita ihm von ihrer Begegnung im Weißen Haus erzählen will, sitzt ihr ein schweigsamer Mann gegenüber, der ihr nicht zuhört: „Ich wartete, aber er stellte mir nicht eine einzige Frage. Also fing ich an zu erzählen … vergeblich … Hitler hatte ganze Arbeit geleistet. Er, der Hitler früher so kühl analysieren konnte, hatte sich anstecken lassen. Mussolini hörte mir nicht zu. Kaum hatte ich ein paar Worte gesagt, griff er schon nach seinem Hut und seinem Notizbuch, als wolle er gehen.“ Margherita tut so, als merke sie nichts, um ihn zurückzuhalten: „Wollen Sie denn gar nichts hören, was Amerika angeht? […] Roosevelt weiß über vieles in Italien bestens Bescheid. Und er hat mir aufgetragen, Sie über seinen Plan zur Überwindung der weltweiten Wirtschaftskrise in Kenntnis zu setzen. Er schlägt vor, dass …“ Doch was Margherita sagt, langweilt Mussolini nur. Unvermittelt unterbricht er sie: „Ja, ja, sehr gut. Aber es ist schon spät. Ich muss gehen. Außerdem interessiert mich das nicht so. Amerika hat keinerlei militärische Macht. Weder die Armee noch die Flotte sind auch nur einen Pfifferling wert!“ Margherita erkennt den Mann, den sie liebt, nicht wieder. „Niedergeschmettert ließ ich mich auf das Sofa in meinem Arbeitszimmer fallen und weinte bitterlich. […] Er hatte sich so verändert, war so tief gesunken. Ich war entsetzt.“ [17]
    Die Politik, die einst ihre gemeinsame Passion war, sollte sie nun trennen. Die wechselseitige Anziehung, die sie all diese Jahre verspürt hatten, hatte nahezu vergessen lassen, dass Margherita nicht nur Faschistin war, sondern auch Jüdin. Mussolini, der bis in die Dreißigerjahre kein Antisemit gewesen war, lässt sich nun von der neuen Mode verführen, die aus Deutschland und Frankreich kommt. Dort geißelt man den „Feind im Innern“. Benito hat keine Scheu, das Messer anzusetzen – ohne Rücksicht auf Konsequenzen: „Ich ergriff Maßnahmen, um mich von ihr zu trennen. Ich ließ sie aus dem Popolo d’Italia entfernen. Auch die Leitung der Gerarchia musste sie abgeben, obwohl wir dabei natürlich die gesetzlichen Vorschriften wahren mussten“, vertraut er 1938 einem Mitarbeiter an. Einige Tage später setzt die Judenverfolgung in Italien ein. Mussolini schafft die Generaldirektion für Demografie und Rasse, welche den seit 1919 eingebürgerten Juden des Landes die Staatsbürgerschaft aberkennt und sie aus Italien ausweist. Einige Monate später werden die italienischen Juden des Rechts auf Bildung beraubt. Sie dürfen keine Universitäten mehr besuchen, dürfen keine staatlichen Ämter mehr bekleiden und keine Immobilien

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