DIE FRAUEN DER DIKTATOREN
bedeckt. Ida begleitet ihn überall hin. Einmal wirft sie sich über ihn, um ihn vor dem Messerstich eines aufgebrachten Sozialisten zu schützen, der ihn beschuldigt, seine Sache zu verraten. Während einer politischen Versammlung findet sie kein anderes Mittel, einen seiner Gegner zum Schweigen zu bringen, als ihn schallend zu ohrfeigen.
Doch dies ist noch lange nicht der letzte Akt des Dramas. Mussolini gründet Il Popolo d’Italia und braucht Geld. Die vor Liebe blinde Ida verkauft ihren Schmuck und ihren Schönheitssalon und nimmt sich ein Zimmer in einer billigen Pension. „Ben“ verspricht ihr im Gegenzug, bald mit ihr zusammenzuziehen. Erst da erfährt Ida, dass der Platz an seiner Seite bereits vergeben ist. Sie beschließt, ihn nicht mehr wiederzusehen und den schönen Redner zu vergessen. „Ich bitte Dich inständig, nichts zu überstürzen. Du wirst schön sein, glücklich, bewundernswert. Weißt du denn, was noch geschehen wird? Warum lässt Du Dich entmutigen? Weshalb bist Du so verzweifelt?“, schreibt Benito. Doch dieses Mal muss er seinen Worten Taten folgen lassen. Er sucht ihr eine kleine Wohnung und schickt ihr mit seinen Briefen „ein wenig Bares“. Bevor Benito zur Armee eingezogen wird, lebt er also ein Doppelleben. Ein Kind, Benito Albino, wird geboren, während er in den Alpen kämpft. Als er wegen eines Typhusanfalls ins Lazarett kommt, besucht Ida ihn und zeigt ihm sein Kind. Sie will, dass er es als seines anerkennt. Bei dieser Gelegenheit erinnert sie ihn auch an eine Kleinigkeit, die er sicherlich vergessen hat: dass er sie heiraten wollte, sobald der Krieg vorüber wäre. Mit einer Eheschließung aber lassen sich die beiden Stränge seines Doppellebens nicht mehr vereinen. Benito muss sich entscheiden. Entweder er heiratet das österreichische Groupie oder er trennt sich von ihr und ehelicht Rachele. Unschlüssig bittet Mussolini eine dritte Geliebte um Rat … Margherita Sarfatti, die er 1912 kennengelernt hat und die seitdem mit ihm zusammenarbeitet.
Sie bringt ihn dazu, die treue Bäuerin aus seinem Dorf zu heiraten, die so „dumm und ungehobelt“ ist, dass sie für die Dame von Welt wohl kaum eine Rivalin darstellt.
Und so heiratet Benito Mussolini am 16. Dezember 1915 im Militärhospital von Treviglio Rachele Guidi. In einem Anfall von Hysterie bringt Ida die Sache vor Gericht. Sie verlangt vom Vater Benito Albinos, dass er seinen Sohn anerkennt. Und Benito tut es. Einen Monat später unterschreibt er bei einem Mailänder Notar eine entsprechende Erklärung. Doch Idas Zorn ist damit noch nicht verraucht. Sie nennt sich in aller Öffentlichkeit „Frau Mussolini“. So erhält sie von der Mailänder Verwaltung eine kleine Summe zur Unterstützung. Als Benito das Militär verlässt, sucht die verhöhnte Frau ihn erneut auf. Ein neuer Prozess folgt. Mussolini wird zur monatlichen Zahlung von 200 Lire verurteilt. Doch damit nicht genug. Eines Abends taucht Ida unter dem Fenster seines Mailänder Redaktionsbüros auf. Sie trägt ihren Sohn auf dem Arm und überschüttet den Redakteur mit Beleidigungen. Nun hat Mussolini ein für alle Mal genug, ihm gehen die Gäule durch. Er tritt auf den Balkon des Hauses, die Pistole in der Hand und legt an. Seine Mitarbeiter können ihn gerade noch zurückhalten. Ida wird abgeführt. Ins Kommissariat, wo man sie stundenlang verhört, um ihr die Lust auf weitere derartige Aktionen zu nehmen. Doch Ida lässt nicht locker, und Mussolini findet kein Mittel, sie aufzuhalten. Zumindest nicht, bis er an der Macht ist. Dann bringt er einen befreundeten Arzt dazu, sie für dement zu erklären. Sie wird in eine Nervenklinik in Venedig gesperrt, die sie bis an ihr Lebensende nicht mehr verlassen wird. 1937 stirbt sie – immer noch als Gefangene Benitos. Sie bedeckt die Wände ihres Gefängnisses mit dem Namen ihres einstigen Liebhabers. Das Kind aber muss ins Waisenhaus, wo man seine Adoption bevorzugt betreibt, damit es jedes Anrecht auf seinen illustren Namen verliert. Während des Krieges wird Benito Albino eingezogen und nach China geschickt. Die Kämpfe erschüttern ihn so, dass er bald selbst in der Nervenklinik landet, wo er 1942 stirbt.
Rachele hat die Schlacht gewonnen: Nun hat sie es schriftlich, dass Benitos Herz ihr gehört. Doch auch wenn Ida besiegt ist, so bleibt immer noch Margherita Sarfatti. Und die venezianische Aristokratin verbreitet schlimme Gerüchte, denen Rachele begegnen muss. Nachdem sie 1924 Witwe wird, ist sie
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