DIE FRAUEN DER DIKTATOREN
mit rundem Gesicht und Stupsnase war sie eine Frau, wie Iossif sie mochte. Eine einfache, ja sogar eher ungeschliffene Frau, die bei Tisch bedient, ohne sich einzumischen, und immer da ist, wenn man sie braucht. Vielleicht hat Stalin mit ihr ja endlich die ideale Frau gefunden. Nach der tragischen Beziehung zu Nadja kann er nun sicher sein, jemanden an seiner Seite zu haben, der keinerlei Ehrgeiz oder politische Ambitionen hat.
Valentina arbeitete zuerst in der Datscha von Subalowo als Bedienstete, bevor man sie zu Stalins Hausdame machte. Sie kümmert sich um seine Wäsche, seine Kleidung, seine Ernährung und um das Haus. Außerdem begleitet sie ihn auf allen Reisen.
Stalin hat Vertrauen zu der Frau, die ihm vollkommen ergeben ist. Er schätzt es, wie sie seine Wäsche faltet. Manchmal zeigt er den Genossen den Inhalt seines Kleiderschranks, damit sie die Stapel seiner Unterhosen bewundern, die militärisch exakt übereinander geschichtet in untadeligem Weiß erstrahlen. „Mit ihrer weißen Schürze und den hellbraunen Haaren sah sie aus wie eine brave Bäuerin“, erinnert sich eine Freundin Swetlanas. Mit ihrer weißen Schürze bedient sie bei jedem Abendessen, das Stalin gibt. Niemand bemerkt sie. Sie bedient auch bei der Konferenz von Jalta 1945. Und niemand ahnt, welche Beziehung sie zu Stalin hat.
Der Krieg hat Stalin geschwächt. Seine legendäre Körperkraft ist geschwunden. Mit seiner liebevollen Baba erlebt er noch einmal einen ungetrübten zweiten Frühling. Mehr weiß man nicht über die Frau, die fünfzehn Jahre seines Lebens mit ihm teilte – die längste Beziehung, die er je hatte. Beide wussten sie geheim zu halten, sogar im Kreml, wo die Wände Augen und Ohren haben. Die einfachste Frau Russlands lebte mit jenem Mann, der Russland zwei Jahrzehnte lang beherrschte – und zerstörte.
[1]
Alexandra „Sashiko“ Swanidse-Monoselidse, 1955, Archiv von Gori, Georgien (Gosudarstvennyi Dom-Muzei Stalina, Gori, Georgien).
[2]
Rosamund Richardson, The Long Shadow, London 1993. Aufzeichnung eines Gesprächs mit Swetlana Allilujewa, Tochter Stalins, durch die Autorin.
[3]
Siehe Simon Sebag Montefiore, Der junge Stalin, Frankfurt a. M. 2008, S. 204. Interview mit Ketewan Gelowani, Katos Cousin, in Tiflis 2005.
[4]
Donald Rayfield, Stalin The Poet, in: PN Review, 44, Manchester 1984.
[5]
Anna Nikitin-Geladse, Archiv des GF-IML (Georgian State Filial of Institute of Marxism-Leninism, Tiflis, Georgien), 8.2.1.9.
[6]
Lili Marcou, Vie privée, Paris 1996.
[7]
Notizen von Tatjana Sukhowa, Russisches Staatsarchiv für Sozial- und Politikgeschichte, RGASPIE, Aktenzeichen 558.4.647. Stalins Mitteilung ist archiviert unter Aktenzeichen Nr. 558.1.4372.
[8]
Boris Bazhanov, Avec Staline dans le Kremlin, Paris 1930.
[9]
Siehe die Memoiren von Stefania Petrowskaja, Russisches Staatsarchiv für Sozial- und Politikgeschichte, RGASPI, Aktenzeichen 558.1.635.1-95 und GAVO (Gosudarstvenny Arkhiv Vologodskoi Oblasti, Vologda, Russland) Aktenzeichen 108.2.3992 und 108.1.2372, zitiert nach Simon S. Montefiore, Der junge Stalin, a.a.O.
[10]
Alexander Orlov, Kreml-Geheimnisse, Würzburg 1956, S. 370. Siehe auch Swetlana Alliulujewa (Svetlana Allilouyeva), Vingt Lettres à un ami, Paris 1967.
[11]
RGASPI, Brief von Nadja an Keke Dschugaschwili vom 12. März 1932.
[12]
RGASPI, Aktenzeichen 558.11.1550, Brief von Nadja an Stalin vom 24. September 1930.
[13]
Larissa Wassiljewa, Die Kreml-Frauen, a.a.O. Brief von Nadja Allilujewa an Anna Radschenko.
[14]
Simon Sebag Montefiore, Stalin. Am Hof des roten Zaren, a.a.O., S. 44.
[15]
RGASPI, Aktenzeichen 74.1.429, Tagebuch von E. D. Woroschilowa, 21. Juni 1954. Siehe auch das Gespräch mit Swetlana Allilujewa in: Rosamund Richardson, The Long Shadow, a.a.O.
[16]
Simon Sebag Montefiore, Stalin. Am Hof des roten Zaren, a.a.O., S. 52.
[17]
Larissa Wassiljewa, Die Kreml-Frauen, a.a.O.
[18]
Felix Tchouev, Conversations avec Molotov. 140 entretiens avec le bras droit de Staline, Paris 1995.
[19]
Maria Swanidse, Tagebuch, Juli bis Oktober und 23. Dezember 1934. Zu den Anekdoten über Stalin und Genia siehe Kira Allilujewa, Gespräch mit Simon Sebag Montefiore, in: Stalin. Am Hof des roten Zaren, a.a.O., S. 187ff.
[20]
Rosamond Richardson, The Long Shadow, a.a.O.
4
António Salazar:
Verbotene Spiele eines Seminaristen
Wie kann ich nur diese Woge weiblicher Unabhängigkeit zum Brechen bringen, die unsere Gestade überflutet? Die Frauen heute haben ein so starkes Bedürfnis nach
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