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DIE FRAUEN DER DIKTATOREN

DIE FRAUEN DER DIKTATOREN

Titel: DIE FRAUEN DER DIKTATOREN Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Ducret
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politischen Gründen allerdings: Pawel war mit der letzten Frau verheiratet, für die Stalin eine gewisse Leidenschaft empfand.
    Im von Nadjas Tod verdüsterten Kreml kommt Genia Stalin schnell näher. Auch sie eine Schauspielerin. Schön, kultiviert, elegant und von sonnigem Gemüt tritt Genia bald an die Leerstelle, die Nadjas Tod im Gefüge des Kremls hinterließ, ohne sie jedoch ganz füllen zu können. „Iossif scherzte gerne mit Genia. Er sagte ihr, sie habe zugenommen. Er war sehr zärtlich zu ihr. Jetzt, da ich alles wusste, beobachtete ich die beiden“ [19] , schreibt Maria Swanidse, Schwester der ersten verblichenen Ehefrau Stalins, in ihr Tagebuch.
    Genia hat keine Angst, Stalin zu sagen, was im Land im Argen liegt und seine Entscheidungen zu kritisieren. Ihre Beziehung hält das aus. Genia ist seine moralische Stütze, jetzt, wo der Kummer ihn niederdrückt. Und deshalb lässt er ihr buchstäblich alles durchgehen. 1936 gibt Stalin anlässlich der Annahme der neuen russischen Verfassung durch den Sowjetkongress einen Empfang. Genia kommt einige Minuten zu spät, da flüstert er ihr ins Ohr: „Nur du traust dich, bei so einem Anlass zu spät zu kommen.“
    Zwischen Stalin und seiner Schwägerin entwickelt sich eine echte Freundschaft, basierend auf Verliebtheit und Komplizenschaft. Doch Genia glaubt den Ärzten nicht, was ihren Mann angeht. Ihrer Ansicht nach hatte Pawel keinen Herzanfall, er wurde vielmehr vergiftet. Schuld daran kann nur einer sein, nämlich der Handlanger Stalins, der seine Umgebung regelmäßig „säubert“: Beria. Er ist es, der 1938 bald nach Pawels Tod an ihre Tür klopft, um ihr einen recht merkwürdigen Vorschlag zu machen: „Ihr seid eine wunderbare Frau und unglaublich schön. Wollt Ihr nicht Stalins Hausdame werden?“
    Auch wenn es nicht direkt ausgesprochen wurde, so war doch unmissverständlich klar: Stalin wünschte sie zur Konkubine. Genia weiß nicht, was sie tun soll: Akzeptiert sie, wird sie „offiziell“ die Frau an Stalins Seite. Sie kennt seinen brutalen Charakter und weiß, dass schon der kleinste Widerspruch ihn ausrasten lässt. Um sich vor den amourösen Anwandlungen des Herrn der Sowjetunion zu schützen, heiratet sie schnell wieder: Moloschnikow, einen jüdischen Ingenieur, den sie schon seit langer Zeit kennt.
    Stalin fühlt sich von dieser glatten Zurückweisung brüskiert. Wie kann man heiraten, ohne wenigstens eine gewisse Trauerzeit eingehalten zu haben?
    Also muss er woanders Trost suchen, bei einer willigeren Frau. Doch Stalin ist kein Mann, der so schnell vergisst. 1947 klagt Beria Genia an, ihren Mann vergiftet zu haben. Sie wird deportiert und sitzt im Gefängnis. Die Haftbedingungen sind streng. Als sie, lange nach Stalins Tod, freikommt, ist sie mehr oder weniger verrückt geworden und kann sich nicht mehr an ein Leben in Freiheit gewöhnen.
    Im Sommer 1946 – zum ersten Mal seit Kriegsbeginn – nimmt Stalin sich frei. Ein gewaltiger, fast fürstlicher Tross begibt sich auf die Reise nach Sotschi. In allen großen Städten macht er halt, damit das russische Volk Stalin zujubeln kann. Auf jeder Etappe der Reise nächtigt er bei einem anderen Parteifunktionär. Und er ist nicht allein. Eine Frau begleitet ihn. Valentina Istomina, die seit den Dreißigerjahren seine Hausdame im Kreml ist.
    Die ungebildete, aber energische Frau hat ein untrügliches Gespür für die Lügen und die Speichelleckerei der Höflinge, die versuchen, die wahre Lage des Landes vor Stalin zu verbergen. Fast überall fehlt es an Lebensmitteln, trotzdem überhäufen die Parteibonzen Stalin mit Geschenken. Ihre Berichte entsprechen nicht der Wahrheit. Nur die Chauffeure erzählen den Bediensteten, wie es wirklich aussieht. „Sie sollten sich schämen, ihn so zu belügen. Am Ende gibt man ihm die ganze Schuld!“, klagt Valentina.
    Seit einiger Zeit begleitet sie den „Woschd“ auf allen Reisen. „Ob Istomina Stalins Geliebte war oder nicht, geht schließlich keinen etwas an“, wird Molotow nach Stalins Tod sagen. „Schließlich lebte auch Engels mit seiner Wirtschafterin zusammen.“
    Valentina lacht gerne. Mit ihren rosigen Backen ist sie der Liebling aller. Artyom, Stalins Adoptivsohn, erinnert sich: „Ihr Haar war von hellem Kastanienbraun, ein wenig stumpf vielleicht. Sonst war an ihr nichts Besonderes, sie war weder groß noch klein, aber sehr charmant und sie trug stets ein Lächeln auf den Lippen.“ [20] Üppig, ohne dick zu sein, von untadeliger Haltung,

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