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DIE FRAUEN DER DIKTATOREN

DIE FRAUEN DER DIKTATOREN

Titel: DIE FRAUEN DER DIKTATOREN Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Ducret
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„Manchmal fühlt man sich im Kreml so allein, vor allem, wenn nur eine Wache Dienst tut.“
    Sie verfasst einen Brief an Stalin, in dem sie sich alle Vorwürfe von der Seele schreibt.
    Stalin stand nie vor elf Uhr morgens auf. Wann ist er überhaupt nach Hause gekommen? Hat er Nadja noch einmal gesehen? Oder war er zu betrunken, um sich um seine Frau zu sorgen?
    Gegen Mittag öffnet eine Bedienstete die Tür zu Nadjas Schlafzimmer und findet sie vor dem Bett liegend in einem Meer von Blut vor. Nadja hat sich eine Kugel ins Herz geschossen, wobei sie den Schall mit einem Kissen dämpfte. Die Bedienstete läuft zum Kindermädchen. Die beiden Frauen sind entsetzt. Sie rufen Pauker, die andere Leibwache Stalins, dann Jenukidse und Polina. Jenukidse kommt als Erster an, Molotow und Woroschilow ein paar Minuten später. Die drei entdecken Nadjas Brief, der gleich darauf wie durch ein Wunder nicht mehr aufzufinden ist. Wlassik bezeugt, dass man neben der Leiche das politische Programm eines bekannten Anti-Stalinisten namens Rjutin gefunden habe. Er gehörte der innerparteilichen Opposition gegen Stalin an. Eine Broschüre von Stalins Gegnern also … Ihr Mann erschien ihr wohl nicht mehr als der Held, den sie einmal in ihm gesehen hatte. Gehörte Nadja zu jenen, die allmählich ahnten, welche Schrecken dem russischen Volk bevorstanden? Ein Selbstmord, um dem Diktator Schuldgefühle einzuflößen?
    Pawel, ihr Bruder, kommt mit seiner charmanten Frau Genia. Man berät sich im Esszimmer. Soll man Stalin wecken? Da betritt dieser den Raum. Der mutige Jenukidse wagt es: „Iossif, Iossif … Nadja ist tot.“ Stalin greift nach einem Fläschchen Baldrian, dem Valium jener Zeit, das der Arzt Nadjas Mutter verschrieben hatte, und schüttet es in einem Zug hinunter. Dann geht er, um sich den Leichnam anzusehen. Man überreicht ihm den Brief, den er nervös überfliegt. „Sie hat mich vernichtet“, sagt er. „Nadja, Nadja, wir brauchen dich doch, dich und die Kinder.“
    Bucharins Frau berichtet von der Beerdigung der Genossin Nadja: Bevor man den Deckel auf den Sarg schraubt, bittet Stalin um einen Augenblick Zeit. Dann beugt er sich zu ihr hinunter und umarmt sie. „Wozu die Küsse?“, dachte Bucharin damals. „Er hat sie umgebracht.“
    Alle sahen, dass Nadja jenes Kleid trug, das sie für den Abend des Dramas ausgewählt hatte. Aber nicht einmal das bemerkte Stalin.
    Eine Woche vor ihrem Selbstmord hatte Nadja einer Freundin anvertraut, dass etwas Schreckliches geschehen würde, dass sie unter einem unglücklichen Stern geboren sei. Stalin habe ihr bei einem Streit erklärt, dass sie seine eigene Tochter sei. Nadja erzählte, sie habe daraufhin ihre Mutter befragt, die ihr die schreckliche Wahrheit gestanden habe: Im Jahr vor ihrer Geburt habe sie eine zweimonatige Affäre mit Stalin gehabt. Doch als sie größer geworden sei, habe sie ihrem legitimen Vater Sergej immer ähnlicher gesehen, und so habe die Mutter nicht mehr daran gezweifelt, dass sie tatsächlich dessen Tochter sei. Stalins schreckliche Enthüllung musste für eine Frau von so fragiler seelischer Verfassung wie Nadja der Todesstoß sein.
    Untröstlich schließt Stalin sich drei Tage lang in seinem Zimmer ein. Nadjas Verzweiflungstat erlebt er als unmittelbar gegen ihn gerichteten Akt, der ihm schaden soll. Bei der Beisetzung sagte er, vor ihrem Sarg stehend: „Sie hat mich verlassen wie ihren schlimmsten Feind …“ Und man weiß, was Stalin mit seinen Feinden gewöhnlich anstellt. An den Trauerfeierlichkeiten nimmt er nicht teil, an der Totenmesse ebenfalls nicht. Unter Schock erklärt er, er wolle von all seinen Ämtern zurücktreten. Was er natürlich nicht tut.
    Die Unbekannte von Jalta
    Am 2. November 1938 kommen Pawel Allilujew und seine Frau Genia aus dem Urlaub zurück. Pawel, mittlerweile Kommissar der Panzertruppe, kehrt ins Büro zurück. Seine Kollegen sind mittlerweile fast alle verschwunden – Opfer der Terrorwelle, mit der Stalin mittlerweile das Land überzieht. Pawel kann sich das Ganze nicht erklären und greift deshalb zum Telefon, um seinen Schwager anzurufen. Schließlich wohnen die beiden ja zusammen im Kreml. Was mag er ihm wohl gesagt haben? Das wird wohl nie jemand erfahren, denn kurz darauf bricht Pawel plötzlich zusammen. Die Ärzte meinen, er habe aufgrund von Überarbeitung einen Herzanfall erlitten. Seine Familie allerdings geht davon aus, dass er ermordet wurde. Auch Pawel war für Stalin lästig geworden. Nicht aus

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