Die Frauen des Journalisten (German Edition)
kann sie nirgendwo hin, im Krankenhaus kann sie auch nicht bleiben. Frau Enright möchte, dass wir sie zu uns nehmen.
Habe ich Sie richtig verstanden?“
„Ja, genau so ist es. Vermutlich besteht darin am ehesten eine Möglichkeit, dass sie ihr Gedächtnis wieder erlangt.“
***
Durch die Blätter der Bäume, die auf der gegenüberliegenden Straßenseite standen, blitzte die Sonne hindurch. Auf den Balkonpflanzen funkelten noch einige Wassertropfen von dem Regen der vergangenen Nacht. In der warmen Luft hing davon noch die Feuchtigkeit und machte sie angenehm weich. Über blauen Himmel zogen langsam wenige weiße Wolken. Alles das konnte man durch die weit geöffnete Balkontür in dem eleganten Wohnzimmer wahrnehmen. Elena Marelli musste lachen, wie sie so den sonntäglichen Morgen in sich aufnahm. Ein Gedanke schien in ihr aufzublitzen.
„Irene, Claudia, macht euch fertig, wir machen einen Ausflug. In einer halben Stunde geht es los.“
Eine der Frauen fragte zurück:
„Wohin willst du fahren?“
„Das verrate ich nicht, also beeilt euch.“
Etwa eine Dreiviertelstunde später saßen die Frauen in Elenas Auto, die mit ihnen in Richtung Süden fuhr. Trotz des wundervollen Wetters war der Verkehr noch erträglich und die Stadt blieb bald hinter ihnen zurück.
„So, jetzt dauert es nicht mehr lange, dann steigen wir aus.“, meinte Elena gut gelaunt.
Wenig später bog sie von der Hauptstraße ab, in eine schmale Obstbaumallee, die zu einem kleinen Dorf führte. Niemand sagte etwas, als das Auto auf dem kleinen Dorfplatz stehen geblieben war. Zuerst stieg Claudia aus. Langsam, fast vorsichtig. Sie ließ die Autotür offen, ging einige Schritte.
„Aber das ist doch...“ Irenes Stimme klang erschreckt.
Elena legte zwei Finger an ihre Lippen um Irene anzudeuten, dass sie schweigen solle. Was nun geschah, darauf hatte Elena gehofft. Sie beobachteten vom Auto aus, wie sich Claudia suchend umsah und dann zu einem schmalen Weg ging, der in entgegengesetzter Richtung aus dem Dorf heraus führte. Erst in einem größeren Abstand folgten ihr nun die beiden Frauen, wobei Irene immer unruhiger wurde. Als sie ebenfalls in den Weg eingebogen waren, konnten sie sehen wie Claudia mit einer Frau sprach, lachte und sie dann heran winkte.
„Das ist Frau Zimmermann, die war mal meine Nachbarin. Und nun kommt, ich zeige euch, wo ich gewohnt habe.“
„Du kannst dich daran erinnern?“, fragte Irene fast besorgt. Tränen traten in ihre Augen.
„Warum weinst du denn?“
Irene schüttelte nur den Kopf.
„Ich weiß doch, wo du gewohnt hast, hier bei deiner Großmutter.“
Doch Claudia war schon voran gegangen. Ihre Erinnerungen kamen also zurück und es war zuerst wie das Herumtasten in dichtem Nebel, der sich dann immer weiter auflöste. Später, als alle drei wieder im Auto saßen, fragte Irene plötzlich:
„Woher hast du denn gewusst, dass Claudia hier gewohnt hat? Du kanntest sie doch erst seit dem Unfall.“
Lächelnd sah Elena vor sich hin.
„Ich war schon einmal hier. Mit Dominique Enright. Sie hat mir von dem Dorf erzählt und mir alles gezeigt. Es war auch ihre Idee mit Claudia diesen Ausflug zu machen.“
„Dominique Enright, die Schwester von Wortmann.“ Claudias Stimme klang dunkel.
„Aber er hat doch keine Schwester.“, rief Irene erregt dazwischen, „wie kommst du denn darauf.“
„Sie hat es mir gesagt. Wenn sie nicht seine Schwester ist, dann ist sie... Nun verstehe ich, was sie von mir wollte.“
Ein bedrückendes Schweigen breitete sich aus, in dem es jede vermied sich zu rühren.
Nur wenige Tage nach diesem Ausflug erwarteten die drei Frauen in der Voigtschen Wohnung abends Gäste. Sie hatten gemeinsam ein leichtes Abendessen vorbereitet und immer wieder sah nun eine von ihnen ungeduldig auf die Straße, ob die Gäste schon zu sehen waren. Gerade als Elena eine neue CD in die Stereoanlage schieben wollte, läutete es.
„Sie kommen.“, rief Irene.
„Dann schicke den Aufzug hinunter.“, antwortete Elena.
Irene wartete vor der Tür, um die Gäste zu begrüßen. Nachdem sich dann der Aufzug geöffnet hatte, erstarrte sie.
Vor ihr stand ein Herr in einem eleganten grauen Anzug, mit leicht ergrautem Haar. In der einen Hand trug er einen Aktenkoffer. Der Mann schien ebenfalls erstaunt, aber er brachte ein kaum wahrnehmbares Lächeln in sein Gesicht.
„Wolfgang?“ Irene rührte sich zuerst und sie hatte den Namen fast geflüstert.
„Ja, Irene, mir geht es genau
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