Die Frauen, die er kannte: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)
verfolgt.»
«Gestern Abend war er auch da. Aber er hat das Auto gewechselt. Jetzt fährt er einen silbernen Japaner.»
«Wie sah er aus?»
«Schwer zu sagen. Er trug eine Sonnenbrille.»
«Und eine Mütze?»
Trolle nickte.
«Und eine Mütze.»
Sie rannten aus dem Haus, um ein Taxi anzuhalten. Sebastian wollte direkt in die Storskärsgatan fahren, aber Trolle bestand darauf, erst zu kontrollieren, dass ihnen niemand folgte. Obwohl sie weit und breit kein silberfarbenes Auto auf der Straße sehen konnten, durften sie sich noch lange nicht sicher fühlen. Sie fanden ein freies Taxi und sprangen auf den Rücksitz. Trolle dirigierte den Fahrer. Eine solche Tour erlebte dieser wahrscheinlich nicht alle Tage, denn Trolle änderte ständig das Ziel, zwang ihn, im Zickzack zu fahren, und in der Innenstadt wollte er, dass sie möglichst oft die Bus- und Taxispur benutzten. Er sah sich ständig um, und erst nach einer halben Stunde war er zufrieden.
Sie waren allein.
Schließlich ließ Trolle das Taxi zum Karlaplan fahren, und sie gingen das letzte Stück zu Fuß. Für Sebastian fühlte sich jeder Schritt unsicher und schwer an, wie in einem Traum, und er hatte Schwierigkeiten, seine Gedanken zu ordnen.
Die Storskärsgatan lag einsam und verlassen da. Ein Stück entfernt ging ein Mann mit einem Hund im Park spazieren. Trolle wandte sich Sebastian zu.
«Bleib hier stehen. Dich erkennt er.»
Sebastian wollte protestieren, wusste aber nicht wie. Also blieb er stumm. Starrte auf die Wohnung, in der Anna und Valdemar wohnten. Die Fenster waren von einem warmen Schein erleuchtet, aber er sah niemanden. Wie konnte er den Täter direkt hierherlocken? Was war er nur für ein Idiot!
«Hast du mich verstanden?»
Am Ende nickte Sebastian, nur ungern wandte er den Blick von der Wohnung ab. Trolle wirkte ruhig, doch seine Augen leuchteten. Sebastian hatte ihn noch nie so lebendig und konzentriert gesehen.
«Ich werde auch oben nachsehen, versprochen», sagte Trolle und verschwand.
Sebastian zog sich in den Schatten eines Eckhauses zurück und sah ihm nach. Er war froh, dass er sich ihm anvertraut hatte. Trolle schlenderte die kurze Straße entlang. Er sah aus, als würde er gerade einen kleinen Abendspaziergang machen, aber Sebastian bemerkte, dass er sorgfältig jedes Auto kontrollierte, an dem er vorbeiging. Sebastian blickte erneut zu der Wohnung hinauf und spürte mit einem Mal wieder das Gewicht der Ica-Tüte in seiner Hand. Trolle hatte sie nicht mehr haben wollen, und er hatte sie in der Eile gegriffen und mitgenommen, ohne groß darüber nachzudenken.
Es war merkwürdig, wie schnell sich die Dinge ändern konnten. Noch vor wenigen Tagen hatte Sebastians einziges Interesse darin bestanden, den beiden, die dort oben wohnten, zu schaden. Jetzt wollte er sie retten. In einiger Entfernung erblickte er einen Papierkorb und überlegte, ob er dorthingehen und die Tüte entsorgen sollte. Doch dann sah er Trolle zurückkommen, diesmal auf der anderen Straßenseite. Er ging mit ruhigen Schritten und telefonierte, kontrollierte aber weiterhin die parkenden Autos. Als er näher kam, hörte Sebastian einzelne Gesprächsfetzen.
«… Na gut, ich verstehe schon. Wenn Sie bereits mit Ihrer privaten Altersvorsorge zufrieden sind, dann … Okay, also vielen Dank …» Er beendete das Telefonat, steckte sein Handy in die Tasche und ging an Sebastian vorbei.
«Komm, lass uns hier nicht so lange herumlungern.»
Sebastian trat schnell aus dem Schatten heraus und schloss sich ihm an. Sie bogen auf den Vallhallavägen ab.
«Sie ist zu Hause. Und Valdemar ist auch da.»
«Was sollen wir tun?»
« Wir sollen gar nichts tun. Du sollst nach Hause gehen. Ich halte hier die Stellung.»
«Aber …»
«Kein aber, Sebastian.»
Trolle machte einen raschen Schritt nach vorn, verstellte damit Sebastian den Weg und wandte sich zu ihm um. Er legte seine Hände auf Sebastians Schultern.
«Vertrau mir. Ich helfe dir. Wir werden dieses Problem gemeinsam lösen. Du kannst mich jederzeit anrufen.»
Er klopfte Sebastian aufmunternd auf die Schultern, drehte sich um und ging wieder die Storskärsgatan hinunter. Sebastian blieb stehen. Er spürte Vertrauen, ja fast schon Zuneigung zu dem Mann, der sich nun von ihm entfernte. Normalerweise gestattete er sich solche Gefühle niemandem gegenüber. Nicht er. Nicht Sebastian. Er wollte immer allein zurechtkommen. In allen Situationen. Aber jetzt ging es nicht mehr.
Er würde Trolle ewig dankbar sein.
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