Die Frauen, die er kannte: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)
Wollte ihm künftig ein echter Freund sein.
Er ging nach Hause. Als er ankam, war er völlig erledigt. Er zog seine Jacke und die Hose aus und ließ sich aufs Bett fallen. Der Ica-Tüte hatte er sich immer noch nicht entledigt.
Er brachte es einfach nicht über sich. Dafür wog ihr Inhalt letzten Endes doch zu schwer. Er ließ sie neben dem Bett stehen.
Sah nicht hinein.
Nicht heute.
Noch nicht.
T orkel saß bei Yvonne im Wohnzimmer. Den Wein hatte er abgelehnt und trank nun stattdessen ein Leichtbier, während Yvonne für ihre Reise nach Gotland am nächsten Tag packte. Sie und die Mädchen hatten für eine Woche ein kleines Ferienhaus auf der Westseite gemietet, und beiden Töchtern war in letzter Sekunde eingefallen, dass bei ihrem Vater noch Sachen von ihnen lagen, die sie unbedingt mitnehmen mussten. Also war Torkel nach Hause gefahren, hatte alles Gewünschte in einen Umzugskarton gepackt und es ihnen gebracht.
«Wann geht denn eure Fähre morgen früh?», fragte er und nahm einen Schluck Bier.
«Halb zehn.»
«Braucht ihr einen Chauffeur?»
«Kristoffer fährt uns.»
Torkel nickte. Natürlich, daran hatte er nicht gedacht.
«Besucht er euch denn auch mal, wenn ihr dort seid?»
«Nein, wie kommst du darauf?»
«Nur so.»
Yvonne hielt kurz beim Packen inne und sah ihn neugierig an. «Reden die Mädchen über ihn?»
«Nein.»
Torkel überlegte kurz, ob die Mädchen von sich aus Kristoffers Namen ihm gegenüber überhaupt erwähnten, wenn er sie zu gemeinsamen Ausflügen traf, aber ihm fiel keine einzige Gelegenheit ein. Sie sprachen sowieso nicht besonders viel mit Torkel. Deutlich weniger, als er es sich wünschte. Vielleicht war das auch nicht weiter verwunderlich. Als sie sich scheiden ließen, hatten Yvonne und er ohne weitere Diskussionen das geteilte Sorgerecht beantragt, aber die Mädchen waren fast ausschließlich bei Yvonne. Seine Arbeit verhinderte ein strenges Wochenschema. Er war oft beruflich unterwegs, und wenn er zu Hause war, passte es trotzdem nicht immer, dass die Mädchen bei ihm wohnten. Und das hatte dazu geführt, dass sie sich zu Hause fühlten, wenn sie bei Yvonne waren. In Torkels Wohnung waren sie lediglich «bei Papa». Er war sich sicher, dass Yvonne den Mädchen näher stand als er. Das schmerzte ihn zwar ein wenig, aber es ließ sich nicht leugnen.
«Vilma dachte nur, dass ich letztens bei ihrem Geburtstag seinetwegen früher gehen wollte», fuhr Torkel fort, «aber dann hat sie schon verstanden, dass es an meiner Arbeit lag.»
«Hat sie wirklich gedacht, du würdest gehen, weil Kristoffer da war?»
«Ja, sie hatte wohl Angst, dass mir das irgendwie unangenehm wäre.»
Für einen Moment schien es, als wollte Yvonne fragen, ob es ihm tatsächlich unangenehm war, aber sie hielt sich zurück und packte weiter die Koffer.
«Und, wie geht es dir so?», fragte sie ihn in einem möglichst alltäglichen Tonfall. Falls sie tatsächlich überlegt hatte, wie sich ihre neue Beziehung für Torkel anfühlte, ließ sie es sich jetzt nicht mehr anmerken.
«Es geht so. Wir haben eine Verbindung zwischen den Opfern gefunden. Aber ich habe Sebastian ins Team geholt, daher ist die Situation gerade etwas angespannt.»
«Ja, das kann ich mir denken. Aber das meinte ich eigentlich nicht.» Sie hörte auf zu packen und sah ihn erneut an. «Hast du auch jemanden kennengelernt?»
Torkel überlegte. Es war dieselbe Frage, die auch seine Tochter vor einigen Tagen gestellt hatte. Aber dies war nicht seine Tochter, sondern Yvonne, also konnte er auch anders antworten. Sie konnte die Wahrheit verkraften.
«Ich weiß nicht so genau. Ab und zu treffe ich mich mit einer Frau, aber sie ist verheiratet.»
«Hat sie denn vor, ihren Mann zu verlassen?»
«Ich glaube nicht.»
«Und meinst du, dass das auf Dauer funktioniert?»
«Keine Ahnung. Vermutlich nicht.»
Yvonne nickte nur. Für einen Augenblick verspürte Torkel das Bedürfnis, das Thema zu vertiefen. Ihr zu erzählen, wie einsam er sich manchmal fühlte. Wie sehr er sich wünschte, dass aus der Sache mit Ursula mehr würde. Es gab nicht viele Menschen, mit denen er darüber sprechen konnte. Eigentlich niemanden. Aber dann war der Moment auch schon vorbei. Yvonne wechselte das Thema, und sie redeten eine Weile über Alltägliches und den bevorstehenden Urlaub. Torkel trank sein Bier aus. Nach einer Viertelstunde stand er auf, wünschte ihr eine gute Reise, verabschiedete sich von seinen Töchtern und begab sich auf den
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