Die Frauen, die er kannte: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)
offensichtlich. Gleichzeitig war er davon überzeugt, dass die Anwesenden oben auf dem Podium nicht die ganze Wahrheit sehen wollten. Und dass Hinde sich damit zufriedengeben würde, war im Prinzip undenkbar. Es widersprach seiner Natur.
Der Staatsanwalt beendete seine vage Ausführung, die vor allem seine Handlungskraft und die der Staatsanwaltschaft im Allgemeinen betonen sollte. Dann übernahm Torkel. Wie immer kam er ohne Umschweife zur Sache, als wollte er so schnell wie möglich wieder weg.
«Heute um 12.45 Uhr konnten wir den Mann fassen, den wir dringend verdächtigen, eine Serie brutaler Frauenmorde in Stockholm und Umgebung begangen zu haben. Er wurde in seiner Wohnung verhaftet, wo wir auch aussagekräftige Beweise sichergestellt haben, die den Tatverdacht unserer Meinung nach erhärten.»
Sebastian sah, wie Vanja sich aufrichtete und ihren Blick über die versammelte Presse schweifen ließ. Sie schaute ihn direkt an, ohne seinem Blick auszuweichen. Es war ein Moment, an den er sich später mit Sicherheit erinnern würde. Seine Tochter. Sie war ihm wirklich ähnlich, so wie er früher gewesen war, in seiner großen Zeit. Ein unerschütterlicher Blick, der sogar noch stolzer wurde, je mehr Menschen sie vor sich hatte. Er verstand, was sie fühlte. Mehr, als sie je ahnen konnte. Sie war diejenige, die zu ihnen sprechen sollte, nicht Torkel. Sie war dafür geboren. Eines Tages würde ihre Chance sicher kommen. Die Frage war nur, ob er dann dabei sein würde und zuhören konnte. Obwohl er wusste, dass sie gerade einen Fehler machte oder zumindest nicht alles sehen wollte, konnte er es sich nicht verkneifen, ein wenig stolz auf sie zu sein. Wenn es darauf ankam, waren sie sich so ähnlich.
«Wir haben die Mordwaffe, Blutspuren und eine Reihe von Objekten gefunden, die direkt mit dem Mord in Verbindung stehen. Außerdem haben wir an den Tatorten DNA-Spuren gesichert, die wir jetzt mit denen des Festgenommenen abgleichen», fuhr Torkel fort.
Ein Journalist von der besonders eifrigen Sorte stand auf. Er schien nicht länger warten zu können. Sebastian erkannte ihn wieder, es war einer der ganz erfahrenen alten Hasen beim Expressen. Sebastian glaubte sich zu erinnern, dass er Weber oder so ähnlich hieß.
«Was sagen Sie zu dem Gerücht, dass Edward Hinde in die Morde verwickelt ist?», stieß er hervor.
Torkel beugte sich zum Mikrophon vor und antwortete so deutlich wie möglich: «Ich möchte unseren Ermittlungsergebnissen nicht vorgreifen, aber momentan gehen wir davon aus, dass der Täter eigenmächtig gehandelt hat. Wir können allerdings bestätigen, dass er von Edward Hindes früheren Taten inspiriert wurde.»
Dies schien der Startschuss für immer neue Fragen zu sein. Die anderen Journalisten verfolgten die gleiche Spur.
Hinde. Hinde. Hinde.
Vermutlich gab das die besten Schlagzeilen. Ein Nachahmungstäter, inspiriert von dem großen Hinde. So wäre es allen am liebsten gewesen.
Einfach und deutlich.
Leicht erklärbar.
Doch so einfach war es nie. Das wussten sowohl Sebastian wie auch Edward Hinde. Sie wussten, dass die Dinge auf mehr als nur eine Weise zusammenhingen. Dass sich hinter jeder Handlung mehr verbarg, als man zunächst ahnte.
Sebastian hatte genug gehört. An Vereinfachungen war er nicht interessiert. Er verließ die Pressekonferenz. Vanja schien ihn kaum zu bemerken. Er sah ein, dass er die Wahrheit selbst herausfinden musste. Er wollte Edward Hindes eigentlichem Grund, den Mörder genau jetzt zu verraten, auf die Spur kommen.
Sollten die da drinnen sich ruhig mit Ralph Svensson zufriedengeben.
Das passte perfekt in ihr einfaches Weltbild.
D er Morgen war genauso gewesen, wie sie ihn sich erhofft hatte.
Thomas’ Wecker hatte um 6.20 Uhr geklingelt, und er war sofort aufgestanden. Sie hatte sich schlafend gestellt, bis er vorsichtig die Tür zum Schlafzimmer geschlossen hatte. Jenny rekelte sich im Bett. Fünf Jahre verheiratet. Seit mehr als acht Jahren zusammen. Schlecht war es ihnen nie gegangen, aber die Frage war, ob sie es jemals besser gehabt hatten als jetzt. Sie wusste, dass sie beide der Schwangerschaft vieles zu verdanken hatten. Und Thomas’ neuer Arbeit. Sein früherer Job hatte ihm nicht gefallen, zumindest seit es die neue Chefin gab. Kerstin Hanser. Sie hatte die Stelle angetreten, die zu bekommen Thomas sich sicher gewesen war. Seine Arbeit bedeutete ihrem Mann viel.
Er wollte der Beste sein.
Er wollte, dass andere erkannten, dass er der Beste war.
Weil
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