Die Frauen, die er kannte: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)
ein anderer Freund einen weiteren Kumpel und dessen Schwester dabeigehabt. My Reding-Hedberg. Bei dem traditionsgemäßen Heringessen platzierte man sie zufällig nebeneinander, und so blieben sie den ganzen Abend und die halbe Nacht sitzen. Seither waren sie ein Paar und sahen sich fast jeden Tag.
Trotzdem hatte Billy auf dem Weg vom Forskarbacken zurück ins Präsidium nichts verraten, als Vanja ihm Details entlocken wollte. Normalerweise erzählte er Vanja alles. Oder jedenfalls das Meiste. Manchmal hatte er das Gefühl, sie wären mehr wie Geschwister als wie Arbeitskollegen, aber in diesem Fall war er zurückhaltend. Aus einem einfachen Grund: Er war sich ziemlich sicher, dass Vanja My nicht mögen würde.
Denn My war Lebens- und Karriereberaterin.
Vanja hatte viele gute Seiten. Aber leistungsorientiert, wie sie war, hatte sie Schwierigkeiten mit Menschen, die ihr Leben nicht selbst in den Griff bekamen. Für sie war es in Ordnung, sich aus- und fortzubilden, Kurse und Vorträge zu besuchen und sich Ziele zu setzen. Wenn man allerdings Hilfe brauchte, um seine eigene Motivation zu finden und Resultate zu erzielen, fasste Vanja das als Wankelmütigkeit und angeborene Schwäche auf. Wer nicht wusste, was er wollte, wollte es nur nicht genug, so lautete ihre einfache These. Und wer ernsthafte Probleme hatte, sollte zu einem ausgebildeten Psychologen gehen und nicht zu irgendeinem wirren New-Age-Menschen mit Diplom, der einem für tausend Kronen die Stunde gut zuredete.
Nein, Vanja würde My nicht mögen.
Natürlich braucht er keine Genehmigung von Vanja, aber es war einfacher, wenn sie nichts von My wusste. So ersparte er sich Sticheleien und kleine, ironische Bemerkungen ihrerseits. Vor allem jetzt, wo er zielstrebig daran arbeiten wollte, seine Position in der Gruppe zu verbessern.
Es hatte damit begonnen, dass My ihn gefragt hatte, ob er sich bei der Arbeit wohlfühle. Eine einfache Frage, eine einfache Antwort. Ja, das tat er. Er konnte sich keinen besseren Arbeitsplatz und keine besseren Kollegen vorstellen. Mit der Zeit sprachen sie ausführlicher darüber. Sie war interessiert an dem, was er tat, und erkundigte sich genau nach seinen Arbeitsaufgaben. Nicht so wie viele andere, die eigentlich nur reißerische Details über spannende Mordfälle hören wollten. Nein, sie interessierte sich für seinen Beruf. Für ihn. Und das mochte er an ihr – dass sie ihn zum Reden brachte. Also fing er an, über seine Arbeit zu erzählen. Was er tagsüber so machte. Sie hielt sich an das Praktische und Konkrete. Am Ende hatte sie ihn allerdings mit leicht gerunzelter Stirn angesehen.
«Für mich klingt das eher so, als wärst du Techniker und nicht Polizist.»
Das hatte sich ihm eingebrannt. Mit einem Mal wurde ihm deutlich bewusst, welche Aufgaben er bekam und ausführte. Internetrecherchen. Botengänge. Suchaufträge.
Je mehr er darauf achtete, desto mehr sah er ein, dass seine Rolle oft nur die eines besseren Assistenten war und selten die eines Ermittlers. Er sprach darüber mit My, die der Meinung war, dass er einen Moment innehalten und überlegen sollte, auf welchem Weg er sich gerade befand. Und es wagen musste, auf die Antwort zu hören. Die Antwort lautete, dass er keine Ahnung hatte. Er hatte noch nie darüber nachgedacht.
Er ging zur Arbeit.
Er fühlte sich wohl.
Er ging nach Hause.
Er konnte sein Talent, Dinge zu strukturieren, nutzen, wenn er Chronologien erstellte und Informationen aus allen möglichen Quellen zusammenstellte, aber konnte er sein ganzes Potenzial nutzen? Nein, das konnte man nicht sagen. Es war allerdings auch schwer, sich in dieser Gruppe zu behaupten. Torkel Höglund war einer der bestqualifizierten Polizisten in Schweden, und Vanja und Ursula gehörten zu den Top drei in ihrem jeweiligen Aufgabengebiet – wenn sie nicht sogar Top eins waren. Aber das wollte er gar nicht erreichen. Er hatte es My gegenüber noch nicht zugegeben, aber wenn er ganz ehrlich mit sich war, glaubte er nicht, dass er die erforderlichen Fähigkeiten dazu besaß. Aber ein gleichwertigeres Mitglied im Team, das konnte er schon werden.
Und das würde er.
Er hatte bereits mit der Arbeit daran begonnen. Hatte sogar vor, Sebastians Bücher zu lesen, sobald er Zeit dafür finden würde.
My kam in seinem Bademantel und mit einem Handtuch um den Kopf aus dem Bad. Sie setzte sich neben ihn auf das Sofa.
«Hast du dir überlegt, was wir unternehmen könnten?», fragte sie, gab ihm einen flüchtigen Kuss und
Weitere Kostenlose Bücher