Die Frauen, die er kannte: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)
lehnte ihren Kopf an seine Schulter.
«Ich habe Hunger.»
«Ich auch. Außerdem gibt es heute Abend ein Konzert im Vitabergsparken. Um acht.»
Im Vitabergsparken. Ein Konzert. An einem Sommerabend. Das stank schon von Weiten nach einem trällernden Troubadour mit Akustikgitarre. Und fröhlichem Geschunkel. Sehr nett, wenn man mindestens fünfundsiebzig und für einen derartigen Spaß zu haben war. Billy tat einfach so, als hätte er ihren Vorschlag nicht gehört.
«Wir könnten ins Kino gehen», sagte er.
«Es ist Sommer.»
«Das ist keine Antwort.»
«Aber es ist doch schöner, irgendwo im Freien zu sein.»
«Drinnen ist es angenehm kühl.»
Für einen Augenblick schien My «schön» und «kühl» gegeneinander abzuwägen und nickte schließlich.
«Okay, aber dann will ich den Film auswählen.»
«Du suchst immer so langweilige Filme aus.»
«Ich suche gute Filme aus.»
«Du suchst Filme aus, die gute Kritiken bekommen. Das ist nicht dasselbe.»
Sie hob den Kopf von seiner Schulter und sah ihn an. Letzte Woche war er so tapfer gewesen, als in der Cinemathek eine Sommerreihe zum Thema Nouvelle Vague lief. Also mussten es diesmal Raumschiffe oder Roboter sein oder was auch immer er gern sehen wollte. Sie zuckte mit den Schultern.
«Okay, du wählst den Film aus, aber nur unter der Bedingung, dass ich das Restaurant bestimmen darf.»
«Einverstanden.»
«Dann kannst du ja mit deinem neuen kleinen Spielzeug da schon mal Karten reservieren.» Sie klopfte auf das iPad auf seinen Knien.
«Das ist nicht neu und auch kein Spielzeug.»
«Wenn du es sagst …»
Sie stand auf, beugte sich vor und drückte ihm noch einen Kuss auf den Mund, ehe sie in sein Schlafzimmer ging, um sich umzuziehen. Billy sah ihr mit einem Lächeln nach.
Sie tat ihm gut.
S chluss für heute.
Thomas Haraldsson schaltete seinen Computer aus. Vor kurzem hatte er die Werbekampagne eines Stromversorgers gesehen, in der behauptet wurde, dass man die drei größten Städte Schwedens allein mit der Energie beheizen könnte, die man einsparen würde, wenn alle elektronischen Geräte ausgeschaltet würden, statt auf Standby zu laufen. Beheizen – oder war es beleuchten? Vielleicht waren es auch nur drei Einfamilienhäuser gewesen? Drei Einfamilienhäuser in den drei größten Städten Schwedens? Nein, das schien ihm zu umständlich. Na ja, er erinnerte sich nicht mehr genau daran, aber er sparte auf jeden Fall Strom und Ressourcen. Und das war wichtig, denn die Ressourcen auf dieser Erde waren nicht unendlich. Bald würde er ein Kind haben. Und irgendetwas musste auch für ihn übrig bleiben. Oder für sie. Deshalb schaltete er seinen Computer ganz aus.
Er stand auf, schob den Stuhl wieder an den Schreibtisch und wandte sich zum Gehen, als sein Blick auf die Akte von Edward Hinde fiel, die noch immer auf seinem Schreibtisch lag. Er hielt inne. Die Reichsmordkommission hatte Interesse an Hinde und würde wiederkommen. Es konnte nicht schaden, sich ein bisschen einzulesen. Allerdings hatte er nicht mehr viel Zeit. Er warf einen Blick auf die Uhr. Jenny würde um Punkt acht das Essen fertig haben. Rigatoni mit Lammbolognese. Irgendein Promikoch hatte das Rezept mal im Fernsehen vorgeführt, und seither war es ein wiederkehrendes Gericht auf ihrem Speiseplan. Beim ersten Mal hatte Haraldsson behauptet, es schmecke ihm, und inzwischen traute er sich nicht mehr, die Wahrheit zu sagen. Jenny hatte heute gleich nach der Arbeit eingekauft, dann aber plötzlich Appetit auf Lakritzeis bekommen, als sie schon zu Hause war. Also würde er auf dem Rückweg noch einen Abstecher zur Tankstelle machen müssen. Vielleicht sollte er auch einen Film ausleihen, den sie nach dem Essen sehen könnten? Aber danach würde er definitiv keine Zeit mehr haben, um sich über Edward Hinde zu informieren.
Immer diese Entscheidungen.
Er sah erneut auf die Uhr. Fünfundvierzig Minuten bis nach Hause. Fünfundfünfzig inklusive Zwischenstopps wegen des Eises und eines Films. Dann bliebe ihm jetzt noch eine halbe Stunde. Natürlich würde es auch nicht schaden, erste persönliche Erfahrungen mit Hinde zu sammeln, bevor die Reichsmordkommission wiederkam. Psychologische Gutachten und Berichte waren schön und gut, aber schließlich konnte auch Haraldsson mit nicht unbeträchtlichen Kenntnissen über den Umgang mit Verbrechern aufwarten. Vielleicht konnte er Hinde dazu bewegen, in einem vertraulichen, persönlichen Gespräch etwas preiszugeben, was er in einem
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