Die Frauen von Bramble House
seit der Anwalt diese Andeutungen machte, daß sie alles diesem Mistkerl hinterlassen wollte – und das war er!« Sie nickte einem nach dem anderen zu, als wollte sie Widerspruch herausfordern. »Also, seitdem kann ich ihren Anblick nicht mehr ertragen. Sei ist eine boshafte alte Hexe!«
»Sie ist deine Großmutter, Mädchen.«
»Ach fang du nicht auch noch an, Henry. Ich weiß, daß sie meine Großmutter ist, und die Empfindungen, die ich ihr gegenüber habe, bedrücken mich. Aber du solltest das doch verstehen. Ach, los, verschwinde von hier!«
Während Lizzie zur Tür ging, warf Henry Peggy einen entschuldigenden Blick zu, dann folgte er seiner Frau durch die Tür. Und als Emma dann sah, wie ihre Mutter Charlie ansah, da erkannte sie, daß ihre eigenen Probleme nicht das einzige waren, womit man fertigwerden mußte, denn da waren diese anderen Heimlichkeiten, Liebes- und Haßgefühle, mit denen sich Mutter und Großmutter herumplagten.
Als sie die Glocke aus dem Oberstock hörte, flog sie fast aus dem Zimmer. Lizzie war an der Haustür stehengeblieben und blickte zum Salon zurück, doch als Peggy nicht erschien, wandte sie sich Emma zu und sagte: »Du gehst besser rauf. Und es bringt wenig, wenn du so verbissen dreinschaust; auch du mußt dein Teil tragen.«
Die Worte wirkten wie ein Stromstoß auf Emma, denn sie bebte am ganzen Körper, als sie ein paar Schritte auf ihre Großmutter lostaumelte und scharf fragte: »Warum? Warum sollte ich dafür büßen müssen, daß du dich nicht kümmern willst, und daß meine Mutter demnächst Fahnenflucht begeht? Schön, hier hast du was zum Nachdenken: Ich werde weder deinen Platz noch ihren einnehmen, um es euch bequem zu machen. Ich hau hier ab, so schnell wie möglich, und zum Teufel mit dem einen Jahr Verlobung! Hast du kapiert?«
»Gott im Himmel!« Lizzie drehte sich um und sah Henry mit weiten Augen und offenem Mund an. »Das hätte ich nie für möglich gehalten.«
Und von der halben Treppenhöhe rief ihr eine Stimme zu: »Nun, jetzt wirst du’s glauben müssen, Oma. Und denk darüber nach.«
An der Tür ihrer Ur-ur-urgroßmutter hielt sie nicht einmal eine Sekunde die Tür auf, rannte ans Fußende des Bettes und fragte: »Ja?«
Mrs. Funnell schaute sie mit schiefem Kopf an, und mit zuckendem Mund sagte sie: »Was soll das heißen, ›Ja‹?«
»Genau, was ich gesagt habe. Was willst du?«
»Ich hätte gern meinen Tee, das will ich, Mädchen. Und darf ich fragen, was über dich gekommen ist? Und zugleich möchte ich hinzufügen: Wie kannst du es wagen, in einem solchen Ton mit mir zu reden!«
Emma antwortete nur: »Mutter hat im Augenblick zu tun. Sie bringt dir dann bald den Tee. Außerdem, es ist noch nicht vier Uhr.«
Die Greisin rutschte ein Stück nach rechts und stemmte sich in den Kissen auf. Dann sah sie Emma mit zusammengekniffenen Augen an. »Komm näher.« Und als Emma oben am Bett stand, fügte sie hinzu: »Was ist da drunten passiert, was dich so durcheinander gebracht hat?«
»Nichts ist passiert … Nun, ich meine, es spielt keine Rolle, was da drunten passiert ist. Aber ich habe einen ganz bestimmten Entschluß gefaßt. Ich werde nicht das Jahr abwarten, bis ich heirate. Ich heirate, wann es mir paßt, nämlich so schnell wie möglich.«
Mrs. Funnell ließ sich in die Kissen sinken, und ihre Lippen vollführten eine Reihe deutlicher Mahlbewegungen, ehe sie heftig erwiderte: »Du wirst tun, was man dir befiehlt. Du tust, was ich dir sage!«
»Oh, aber das werde ich nicht, Ur-ur-ur-Oma. Meine Urgroßmutter hat tun müssen, was du befohlen hast, und Oma mußte tun, was du gesagt hast, und meine Mutter mußte tun, was du befohlen hast … aber ich bin aus andrem Holz.«
Mrs. Funnell richtete jetzt die Augen zur Decke, als halte sie Zwiesprache mit dem Allmächtigen, und so klang es auch fast, als sie sagte: »Lieber Gott Ich höre wohl nicht recht?« Dann senkte sie die Augen und blickte Emma ernst an: »Wenn du deine eigenen Wege gehst, Mädchen, dann bekommst du nicht einen Penny von meinem Geld.«
»Ich pfeife auf dein Geld! Hörst du? Ich pfeife drauf! Ich habe genug davon und es macht mich krank, ständig von dir zu hören, was du mit deinem verfluchten Geld machen wirst. Erst wolltest du es alles meinem Vater vermachen, ja? Um meiner Mutter und der Oma eins auszuwischen, ja? Dann sollte ich alles erben, vorausgesetzt, ich bin ein braves Mädchen und tue, was du befiehlst … und immer noch, um es meiner Mutter und Oma
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