Die Frauen von Bramble House
Heirat heute … und dann hat sie sich zurückgelegt und ist gestorben, einfach so …« Sie schnippte leise mit den Fingern, und sie wiederholte noch einmal: »Einfach so.« Sie konnte nicht wissen, daß Richard eine ähnliche Prognose vor ein paar Stunden geäußert hatte.
»Ihr hättet Richard rufen sollen.«
Peggy Kopf fuhr herum, und sie schrie ihre Mutter beinahe böse an: »Um ihr ganzes Glück zu verderben, ja?«
»Schrei mich nicht an, Mädchen!«
»Das vergißt du anscheinend immer wieder, Mutter! Und ich bin es leid, dich immer wieder daran erinnern zu müssen: Ich bin kein Mädchen und kein Kind mehr. Und noch etwas: Die zwei werden nichts hören, von dem, was da heute passiert ist, bis sie zurück sind! Das sollen zwei Wochen in ihrem Leben werden, in denen diese verdammte Familie sie mit ihren Problemen nicht belastet.«
»Meine Güte!« Lizzie stand auf. »Ich habe ja im Lauf der Jahre schon einiges erlebt, wie Menschen sich verändern, aber so was wie bei dir bestimmt noch nicht.«
»Ach, Mutter, wir haben den ganzen Quark doch schon früher oft genug durchgerührt. Veränderungen, und warum es Veränderungen gibt. Also, laß uns nicht wieder damit anfangen. Und jetzt gehe ich und rufe Dr. Rice an.«
Als Peggy aus dem Zimmer stürmte, schüttelte Lizzie den Kopf und sah die versammelten Männer an und sagte kläglich: »Ich weiß einfach nicht, was in der letzten Zeit über sie gekommen ist …« Und May schoß ihr scharf entgegen: »Also, das solltest du eigentlich begreifen, Lizzie. Schließlich hast du selber ja jahrelang den gleichen Mist gehabt.«
Fast sah es so aus, als wollte Lizzie nun ihrerseits auf May losgehen. Aber sie beherrschte sich.
Peggy kam wieder herein und sagte: »Dr. Rice ist in einer halben Stunde da.«
Henry und auch Frank hatten gerade etwas sagen wollen. Und sie und alle anderen starrten Peggy an, die nun lächelnd und fröhlich Charlie anstrahlte: »Ich bin frei, Charlie. Ich bin frei. Ich bin endlich befreit von diesem Haus hier! Frei, den Rest meines Lebens in Freiheit leben! Hörst du, Charlie? Frei! Frei!«
Als Charlie dann mit ausgestreckten Armen auf Peggy zuging, sprang Lizzie von der Couch auf und stöhnte: »Meine Güte! Jetzt reicht’s mir! Taktloser ging es wohl nicht, und das in so einem Augenblick! Ha! Mangel an Gefühl.«
»Ja, Mutter, laß uns doch mal über Mangel an Gefühl sprechen, und hören wir endlich auf, so verlogen und heuchlerisch zu sein, ja? Seit Jahren hast du dir gewünscht, daß sie endlich tot ist, das kannst du nicht abstreiten. Aber was dir im Moment Kummer macht, das ist ihr Testament.« Und damit wandte Peggy sich wieder abrupt ab und verließ den Raum. Alle saßen mit offenem Mund da, außer Charlie, der ihr nachging. Sie stand in Andrews ehemaligem Arbeitszimmer. Als sie heftig zu schluchzen begann, nahm er sie in die Arme und sagte tröstend: »Na, na. Es ist alles vorbei. Wie du sagst, du bist frei, Peggy. Ach Peggy!« Er hob ihr tränennasses Gesicht hoch und sah ihr in die feuchten Augen und sagte: »Weißt du, ich liebe dich, seit ich ein kleiner Junge war. Ich weiß nicht, wann es angefangen hat, daß ich dich geliebt habe, aber ich habe nie damit aufgehört. Und wenn eine Liebe sich tiefer eingraben kann im Lauf der Jahre, dann ist das bei meiner so. Aber ich hab dich nie mehr geliebt und bewundert als grad vorhin, als du Zähne gezeigt und deiner Mutter Bescheid gesagt hast, und ihr einfach die Wahrheit ins Gesicht geschleudert hast. Denn euer nächster Zankapfel wird natürlich das Testament der Alten sein. Aber ob die dir ein paar Mäuse hinterlassen hat, oder nicht, das spielt keine Rolle. Vielleicht hat sie ja alles der Heilsarmee vermacht. Ich könnte mir bei der so was durchaus vorstellen. Aber in einem bin ich mir ganz sicher: Wir zwei werden heiraten. Das würden wir zwar sowieso, aber wir werden von hier weggehen und uns irgendwo anders niederlassen, auch wenn das vielleicht bedeutet, daß wir die Hälfte unserer Zeit irgendwo auf Reisen unterwegs sind. Ich bringe dich an Orte, von denen du nie geträumt hast. Weißt du« – er schob sie kurz von sich –, »du bist in deinem Leben kaum aus diesem Ort herausgekommen. Ein paar Trips nach Harrogate, und das war’s dann schon mit deinen Reisen. Nun, das wird sich jetzt alles ändern, und je früher, desto besser. Und warte mal, bis ihr Letzter Wille der Welt verkündet wird, was es dann erst für ein Gezeter geben wird.« Er nahm sie wieder in die Arme und
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