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Die Frauen von der Beacon Street

Die Frauen von der Beacon Street

Titel: Die Frauen von der Beacon Street Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Howe
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waren, und wollte noch etwas einwenden, doch bevor sie etwas sagen konnte, nahm er sie in die Arme und küsste sie, drückte sie an sich. Ihre Augen schlossen sich, und sie gab sich ganz diesem köstlichen Gefühl seiner Nähe hin, der Wärme und dem Geschmack seines Mundes, dem sanften Pusten seines Atems auf ihrer Wange, dem sicheren Griff seiner Hände um ihre Taille.
    » Aber Ben « , murmelte sie, während er mit den Lippen die empfindliche Stelle unter ihrem Ohr erkundete und dann träge über ihren Hals hinabwanderte. » Ich wollte dich doch. «
    Er entzog sich ihr, blickte ihr in die Augen, lächelte und brummte: » Gut. « Dann schlossen sich seine Arme erneut um sie, und sie lachte, fuhr mit den Armen seinen Rücken hoch, sein Mund streifte ihre Kehle, das Kinn, wieder den Mund, als könnte er es nach all den verpassten Jahren kaum erwarten, dies alles zu tun.
    Sibyl hörte das Rauschen ihres Blutes in den Adern, spürte, wie sie mit ihm verschmolz, und als sie vor Wonne seufzte und mit den Händen durch sein Haar fuhr, kam ihr der Gedanke, dass sie sich niemals so lebendig gefühlt hatte wie in diesem Moment.
    Als sie an der Beacon Street eintrafen, schlug Sibyl leise vor, das Haus durch die Hintertür zu betreten. Sie wusste genau, dass sie sich selbst zum Narren machte, wenn sie glaubte, ihre Abwesenheit würde nicht bemerkt, besonders da sie immer noch die gleiche Kleidung trug wie am gestrigen Tag, nur dass sie jetzt beschmutzt und zerknittert war und der Mantel fehlte. In Bentons Wohnung hatte sie sich so gut wie möglich zurechtgemacht, ihr Haar wieder hochgesteckt und sich den Schmutz vom Gesicht gewischt. Doch ihre Augen waren blutunterlaufen, und sie selbst war sichtbar erschöpft von den Erlebnissen der Nacht. Außerdem zitterten ihre Hände schlimmer als je zuvor.
    Sie schafften es nur bis zum hinteren Flur, ehe sie entdeckt wurden, natürlich von Mrs Doherty, deren scharfen Augen nichts entging, was das Kommen und Gehen im Hause der Allstons betraf. Sie lauerte ihnen bereits an der Küchentür auf, ließ den Blick kurz über Sibyls derangiertes Äußeres schweifen und sagte: » Tut mir leid, Sie damit zu belästigen, aber ich fürchte, wir müssen kurz über dieses Mädchen reden, wenn Sie eine Minute Zeit haben, Miss. «
    » Dovie? « , rief Sibyl aus. » Was ist denn los? «
    » Nein « , sagte Mrs Doherty und wandte den Blick rasch zum Küchenboden. » Nicht Miss Whistler, Miss. Das Mädchen. Sie ist einfach abgehauen. «
    Sibyl hatte nie eine Erklärung dafür gefunden, warum Mrs Doherty darauf bestand, Betty Gallagher » das Mädchen « zu nennen, statt ihren Namen zu benutzen. In all den Jahren hatte Sibyl kein einziges Mal gehört, dass die Haushälterin den vollen Namen der Köchin aussprach, obwohl sie doch viele Jahre gemeinsam mit ihr bei den Allstons angestellt war. Aber offenbar spielte dies im Dienstbotentrakt des Hauses an der Beacon Street sowieso keine Rolle mehr.
    » Ach « , erwiderte Sibyl verwirrt. » Was Sie nicht sagen. Aber sie hat nicht gekündigt. « Verstört wandte sie sich an Benton. » Ich hatte nämlich erst gestern Abend noch mit ihr gesprochen. Hab ihr gesagt, du würdest zum Frühstück kommen. «
    » Nein, gekündigt hat sie wirklich nicht « , sagte Mrs Doherty und ließ anklingen, dass sie damit auch gar nicht gerechnet habe. » Ich hätte Sie auch gar nicht gleich mit der Sache belästigt, wenn es nicht darum ginge, dass sich jetzt die Küchenhilfe um das Frühstück kümmern musste, und … Na ja, sie hat ihr Bestes gegeben. Ist aber nicht gerade … Nun ja, man könnte sagen, nicht das Gelbe vom Ei. «
    Sibyl dachte an das wütende und verstörte Gesicht der Köchin zurück, als sie sie nach Harlans Abreise gefragt hatte. Offenbar hatte Betty romantischere Gefühle für ihren Bruder gehegt, als Sibyl geahnt hatte.
    » Das ist schon in Ordnung, Mrs Doherty, danke. Sind denn schon alle auf? «
    » O ja, alle sind auf « , antwortete die Haushälterin.
    Sibyl hielt inne und wartete, ob noch mit weiteren Informationen zu rechnen war, doch dies war anscheinend nicht der Fall. Die Haushälterin nickte nur, warf Benton einen wissenden Blick zu und verschwand in der Küche. Sibyl und Benton schauten sich an und machten sich auf den Weg in die Eingangshalle.
    Das Erdgeschoss des Hauses war ungewöhnlich hell erleuchtet, da jemand die schweren Samtvorhänge zurückgezogen und beide Schiebetüren zum Esszimmer und zu dem großen Salon geöffnet hatte. Sibyl hielt

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