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Die Frauen von der Beacon Street

Die Frauen von der Beacon Street

Titel: Die Frauen von der Beacon Street Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Howe
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schon, aber es muss genügen. Ich habe genug zu tun, um mir die Zeit zu vertreiben. «
    Eulah lächelte sie an, ein Lächeln, das der Erleichterung entsprang. Sie hatte sich Sibyls Erlaubnis abholen wollen, das wusste sie jetzt. Eulah wollte ihre Aufregung bezüglich der bevorstehenden Reise genießen und sie nicht vor ihrer Schwester verbergen. Wie in anderen Familien aus ihrer Bekanntschaft gab es auch bei den Allstons unverfrorene Ungerechtigkeiten, und das wussten sie beide. » Vielleicht hat ja mein Graf einen Bruder? « , mutmaßte Eulah.
    » Hoffentlich einen lasterhaften « , lächelte Sibyl.
    » Potthässlich, mit schlechten Zähnen « , lachte Eulah und klatschte in die Hände.
    » Vorausgesetzt, er besitzt Geld wie Heu und verreist häufig geschäftlich « , beharrte Sibyl.
    » Und ein Landhaus in der Nähe von meinem. Dann kann Mutter für uns beide das Haus führen, während wir uns im englischen Sonnenschein aalen und Romane lesen. «
    » Ach, das ist ein herrlicher Plan. Wirklich ein wundervoller Plan. « Sibyl seufzte und lächelte das muntere Mädchen an, das ihr gegenübersaß. Sie hielt es nicht für ausgeschlossen, dass sich Eulah wirklich einen Grafen angeln würde. Obwohl sie für ihn hoffte, dass er dem Frauenwahlrecht nicht ganz abhold war.
    » Klar, das ist ein großartiger Plan. Obwohl, weißt du, eigentlich dachte ich immer, es sei Benton Derby, der … « Eulah verstummte mit einem etwas unsicheren Lächeln.
    » Wie bitte? « , rief Sibyl, der ein ordentlicher Schreck in die Glieder gefahren war.
    » Ach, du glaubst, ich hätte das nicht gewusst? Ich weiß so manches « , neckte ihre Schwester sie.
    Als Sibyl sich statt einer Antwort nur in die Kissen zurückgelegt hatte und begann, am Stoff ihres Kleides zu nesteln, hatte Eulah hinzugefügt: » Vielleicht sogar mehr als du. « Ihr Lächeln schmolz dahin, und dann fügte Eulah mit leiser Stimme noch hinzu: » Was ist denn bloß passiert, Sibs? Ich kann einfach nicht verstehen, warum er am Schluss bei Lydia gelandet ist und nicht bei dir. «
    Sie lehnten sich beide an die seidenen Fenstersitze, zwischen ihnen die warme Frühlingssonne, die Arme in fast identischer Haltung um die Leibesmitte geschlungen. Sibyl seufzte und schaute dann Eulah unter finster zusammengezogenen Brauen hervor an. » Vielleicht lag es ja an mir. Vielleicht hab ich ihm ja gesagt, bis er einen Adelstitel und eine Jacht hätte, würde ich ihn gar nicht erst in Betracht ziehen. «
    Die beiden Allston-Mädchen schauten sich eine lange, lange Weile an und brachen dann genau im selben Moment in lautes Gelächter aus, lachten über alles, was die Zukunft wohl noch für sie bereithalten würde.
    » Miss Allston? « Die Stimme durchbrach Sibyls Bewusstsein und riss sie aus ihrem Tagtraum. Sibyl stand immer noch im Wohnzimmer, doch langsam schwand ihr Déjà-vu dahin, und sie kehrte mit einem Kopfschütteln in die Wirklichkeit zurück. Es war seltsam, das Wohnzimmer zu betreten und eine ganz andere junge Frau darin vorzufinden, die sich in der goldenen Lichtpfütze, die doch rechtmäßig ihrer Schwester gehörte, aalte.
    » Ja, tut mir leid « , sagte Sibyl, als ihr bewusst wurde, dass sie Miss Whistler eine vollkommen unpassende Zeitspanne angestarrt hatte. » Es tut mir leid, dass ich heute nicht ganz bei mir bin. Wir sind gestern erst so spät heimgekommen, und … « Sie brachte ihren Satz nicht zu Ende, unsicher, wie sie mit dieser Fremden plaudern sollte.
    Um es auf einen Versuch ankommen zu lassen, ging Sibyl auf den Platz am Fenster zu, wo Dovie saß. Besser gesagt, wo sie es sich bequem gemacht hatte: einen Fuß, noch im Pantoffel, hatte sie unter ihr Gesäß gezogen, und ihr ganzer kompakter Körper war in Kissen gebettet. Sibyl gab es einen Stich vor Neid; die Nonchalance, wie hingegossen in dem Fenstersitz zu lagern, hatte sie schon lange nicht mehr.
    » Es macht Ihnen doch nichts aus, dass ich die Vorhänge zurückgezogen habe, oder? Es ist einfach so schön draußen, wissen Sie, und ich hab mir angeschaut, wer da draußen auf der Beacon Street so alles vorbeigeht. Da ist dieser kleine alte Mann, der mindestens eine Stunde gebraucht hat, um einen Block weit zu kommen. Hab noch nie in meinem Leben jemanden gesehen, der so langsam ist. Ein Wunder, dass man ihn nicht zertrampelt hat. « Die Stimme des Mädchens war klar und hell, eine klangvolle Stimme, die es gewohnt war, Räume zu füllen.
    » Ist schon in Ordnung « , erwiderte Sibyl. » Im Grunde verstehe ich gar

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