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Die Frauen von der Beacon Street

Die Frauen von der Beacon Street

Titel: Die Frauen von der Beacon Street Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Howe
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führt, hat immer ein Auge auf mich. Wir sind in der Pension eine eingeschworene Clique. «
    » Verstehe « , erwiderte Sibyl. Sie fragte sich, womit sich dieses Wesen eigentlich seine Brötchen verdiente. Natürlich hatte sie ihre Vermutungen. Aber das konnte sie unmöglich fragen. Oder doch?
    Sibyl schwieg, und das Mädchen lächelte sie an, weil es vielleicht dachte, damit wäre die Frage der Unterbringung geklärt.
    » Dann sorgen Sie also selbst für Ihren Unterhalt? « , wagte sich Sibyl vor.
    Das Mädchen presste die Lippen zusammen, doch ihr Gesichtsausdruck blieb offen und freundlich. » Natürlich! Ich habe mein eigenes Geld. Schließlich bin ich schon seit Ewigkeiten auf mich allein gestellt. «
    » Aha « , sagte Sibyl und nickte. » So, so. «
    » Und jetzt, da ich Ihnen alles über mich gesagt habe, müssen Sie mir endlich verraten, wozu dieses lustige runde Ding hier gut ist « , entgegnete Dovie neckisch, jedoch auch entschieden genug, um Sibyl spüren zu lassen, dass Fragen nach weiteren Einzelheiten von Dovies Herkunft nicht angebracht waren. Wenigstens heute nicht.
    » Nun « , begann Sibyl langsam. » Darauf gibt es vermutlich verschiedene Antworten. Es ist nicht ganz leicht zu wissen, wo man beginnen soll. « Sie hielt inne. » Vielleicht hat Ihnen Harley erzählt, dass wir noch eine weitere Schwester hatten? Die gestorben ist? «
    Dovies Gesicht wurde verschlossen und setzte dann die entsprechende Miene des Mitgefühls und des Verständnisses auf. » Ja, das hat er erwähnt. « Sie zögerte, weil sie sich der richtigen Wortwahl nicht sicher war, und entschied sich dann – wie so viele, die mit der tragischen Geschichte eines anderen Menschen konfrontiert werden – zu schweigen.
    » Eulah war eine bemerkenswerte Person « , erklärte Sibyl, und ihr Blick wurde weich. » So fest gefügt in ihren Meinungen! Sie engagierte sich sehr für das Frauenwahlrecht. Und dabei war sie so hübsch und fröhlich. Sie liebte Musik, tanzte gern. Ich habe nie ein Mädchen kennengelernt, das so gerne lebte wie sie und das dem, was die Welt zu bieten hat, so offen gegenüberstand. Mutter hatte sie sehr gern – wie wir alle, natürlich. «
    Sie holte tief Luft und atmete langsam wieder aus, um die elende Enge in ihrer Brust loszuwerden, die sie immer empfand, wenn sie an Eulah und Helen dachte. Wenn sie ganz genau hinhörte, konnte sie noch immer Eulahs glockenhelles Lachen im obersten Stockwerk hören.
    Dovie betrachtete sie mit einem unverbindlichen Lächeln.
    » Nun, Mutter beschloss, dass Eulah nach ihrer Einführung in die Gesellschaft mit ihr auf Europareise gehen sollte. Dort sollte sie wichtige Leute treffen, sollte in Ausstellungen und Cafés gehen. «
    Bei der Erinnerung zogen sich Sibyls Brauen finster zusammen. Bis heute empfand sie die Bitterkeit, die sie erfüllt hatte, als man sie damals von der Entscheidung in Kenntnis setzte. Und nach wie vor hatte sie Helens Stimme mit dem unverkennbaren Singsang im Ohr, damals, bei dem Abendessen vor vier Jahren.
    » Ach, sie ? « , hatte Sibyl gefaucht und verärgert ihre Serviette in den Schoß geworfen. » Und sie allein? Dann haben Harley und ich wohl nicht die geringste Chance, auch einmal nach Europa zu kommen! «
    » Mutter, wenigstens Sibsie könnte doch mitfahren « , schlug Eulah vor, obwohl Sibyl damals gedacht hatte, sie habe dies mehr aus schwesterlicher Loyalität gesagt als aus echtem Bedürfnis nach Sibyls Gesellschaft. Die Liebe ihrer Schwester, im Mittelpunkt zu stehen, konnte ihrem grundsätzlich guten Charakter manchmal nämlich durchaus in die Quere kommen.
    » Wirklich, Liebling « , sagte Helen mit einer Entschiedenheit, die die Geschwister Allston nicht allzu oft von ihr zu hören bekamen. » Ich bin mir sicher, euer Bruder wird zu anderer Zeit die Gelegenheit dazu bekommen. Wenn er mit seiner Ausbildung fertig ist. «
    » Mein Bruder! « , rief Sibyl aus, und ihre Wangen überzogen sich vor Wut mit einem tiefen Scharlachrot. Eulahs Blick huschte nervös zwischen den beiden hin und her. Ganz gewiss wollte sie nichts sagen, mit dem sie ihre eigene Möglichkeit zu verreisen aufs Spiel setzen könnte. » Und was ist mit mir? «
    Helen schenkte ihrer ältesten Tochter ein geduldiges, wenn auch unberührtes Lächeln. » Nun, das ist, fürchte ich, eine Frage der Kosten. Die Fahrkarten, die ich ins Auge gefasst habe, sind schrecklich teuer. Und jemand muss hierbleiben und sich um Papa kümmern « , sagte ihre Mutter, als wäre das eine Sache,

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