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Die Frauen von Savannah

Die Frauen von Savannah

Titel: Die Frauen von Savannah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beth Hoffman
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Farbe von den Bogenfenstern zu kratzen und sie zu sandstrahlen.
    »Wahnsinn«, sagte ich und stieg aus dem Auto. »Das sieht ja ganz anders aus.«
    »Wart’s ab, bis du es von innen siehst.«
    Wir gingen unter dem Gerüst hindurch und durch die offene Eingangstür. »Hi, Jake«, sagte Tante Tootie zu einem Mann oben auf einer Leiter, der eine Wand im Salon strich.
    »Tach, Miz Caldwell. Wie findense’s?«
    »Wunderschön. Sie machen das wirklich gut. War es schwer, die ganzen alten Tapeten abzukriegen?«
    Der Mann lachte. »Hat mich fast umgebracht.«
    »Ich wollte das Haus mal meiner Großnichte zeigen.«
    »Klar«, sagte er und kehrte an die Arbeit zurück. »Aber gehnse nicht die Treppe rauf, die is heut Morgen erst gebeizt worden.«
    Tante Tootie führte mich ins Esszimmer. »Guck mal, Cecelia. Weißt du noch, wie es hier aussah?«, sagte sie und drehte an einem Lichtschalter.
    Der Kronleuchter explodierte vor lauter Licht, und sämtliche Kristallprismen wurden lebendig. Es war so umwerfend, dass ich nur »Boah« sagen konnte.
    »Und guck mal hier!«, sagte sie und ging den Gang entlang. Ich folgte ihr über glatte, frisch abgeschliffene Holzböden, die unter einer frischen Lackschicht schimmerten.
    Vor eine Tür war ein Seil gespannt, und daran hing ein Pappschild: STOP ! DENKMALSCHUTZBEREICH . BETRETEN VERBOTEN !
    Tante Tootie und ich duckten uns unter dem Seil hindurch, und sie drehte das Deckenlicht an. »Sieh nur, Cecelia«, sagte sie staunend.
    So etwas wie das auf der gegenüberliegenden Wand hatte ich noch nie gesehen. Ein Gemälde füllte die gesamte Wand vom Boden bis zur Decke – und doch war es viel mehr als ein Gemälde, es war eher, als hätte man den Eingang in einen geheimen Garten entdeckt. Unter einem blauen Himmel mit rosa Wölkchen lag eine so realistische Szene, dass ich am liebsten gleich eingetreten wäre. Blumen wuchsen an einem Steinpfad entlang, der sich auf ein spiegelglattes, reflektierendes Becken zuschlängelte, dessen Wasser so kühl und frisch aussah, dass ich am liebsten die Finger hineingetaucht hätte. Einige Vögel schienen eben von der Wand aufgeflogen zu sein, und ein Marienkäfer kroch über einen Zweig, dessen Blätter so echt aussahen, dass man sie fast im Wind rascheln hörte.
    »Das haben die Arbeiter gefunden, als sie die ganzen ollen Tapeten runtergerissen haben. Die Technik heißt Trompe-l’ Œ il, das ist Französisch und heißt ›Augentäuschung‹. Es ist die höchste Form von künstlerischer optischer Illusion, die es gibt. Das hier ist ein Meisterwerk.«
    Wir standen nebeneinander da, den Mund vor Staunen offen, als würden wir die Decke der Sixtinischen Kapelle anstarren.
    »Es scheint nirgends signiert zu sein, aber wir werden schon herausfinden, wer das gemalt hat, und wann. Das Haus wurde 1859 erbaut, und ich nehme an, dass es kurz danach gemalt wurde. Oh Cecelia, dieses Haus wurde einmal sehr geliebt. Es ist wirklich eine Ehre, dass wir es vor der Zerstörung retten durften.«
    Ich betrachtete sie. Beobachtete sie. Sie war immer noch die Tante, die ich lieben gelernt hatte, und doch war da noch etwas anderes, etwas, das ich zum ersten Mal bemerkte. Ich sah es in ihren Augen, hörte es in ihrer Stimme, und ihr ganzer Körper verströmte es.
    Es war ihr Feuer.
    Und es war echt.
    Als ich ihr durch den Gang zur Tür zurück folgte, blieb ich einen Moment stehen und schaute auf meine Füße. Und so sicher wie mein Name Cecelia Rose Honeycutt ist, spürte ich das Leben dieses alten Hauses durch meine Schuhsohlen summen.

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Kapitel 26
    M ein neues Leben blühte inzwischen wie ein Pfirsichbaum. Und als ich schon dachte, noch toller könnte es gar nicht werden, kam Oletta in die Küche und legte einen Stapel Post auf den Tresen. »Du hast einen Brief von deiner Freundin in Ohio.«
    Ich hörte auf, Brownieteig zu rühren, und riss den Umschlag auf.
    »Nein, Moment mal«, sagte Oletta und stemmte die Hände in die Seiten. »Du kannst nicht einfach so aufhören, den Brownieteig zu rühren. Der muss wirklich gut durchgemischt werden.«
    Ich zog mir einen Küchenstuhl heraus und stellte ihn an den Tisch. »Hab ich schon.«
    Sie schüttelte den Kopf, rührte den Teig noch ein paar Mal um und warf mir einen Blick zu, der bedeutete: Nein, hast du nicht .
    Ich faltete den Brief auf und las:
    Liebste CeeCee,
    Du wirst nicht glauben, was passiert ist. Ich habe einen Makler angerufen, damit er mein Haus verkauft. Als er kam, um es sich erst mal anzusehen, hat er es

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